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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der vierzehende Discurs/
an. Als er einsmals trefflich hell geschienen; hat ihn der Erfinder in ein
Glas voll Spiritus nitri oder Salpeter-Geists/ gethan: darinn seinem
Schein das geringste nichts abgangen. Hernach zoch er ihn wieder her-
Unterschied-
liche Proben
deß Liecht-
ziehenden
Magnets.
aus/ trucknete/ und ließ ihn im Verborgenen bleiben/ bis das Liecht in
ihm wäre erloschen: folgends versperrete er ihn wiederum/ in ein Glas
voll kaltes Wassers; um zu spunhren/ ob er in demselben/ gleichfalls würde
Liecht ziehen/ aus der klaren Lufft. Welches denn alsofort geschehen[:] sintemal
er alsobald einen feurigen sehr hohen Glantz an sich genommen/ und damit
genugsam gezeuget/ das kalte Wasser könnte ihm weder sein einverleibtes
philosophisches Feuer/ noch den angezogenen Glantz und Schein ausle-
schen/ noch vertunckeln/ noch sonst verhindern.

Nachdem er/ ausser dem Wasser/ seinen Glantz wieder abgelegt;
hat mans/ im geheitzten Ofen/ mit ihm versucht: in welchem er eben so
wol angefangen zu leuchten/ wie vorhin; obgleich das Zimmer/ da man
ihn hingestellt/ kein Licht hatte. Diß hat den Erfinder deß Liecht-Steins
auf die Meynung gebracht/ daß der Mond-Magnet (denn also nennet
er diesen Liecht-Stein) nicht allein/ mit fremden Licht/ sondern auch/ mit
seinem eigenem/ leuchte; welches sein eigenes aber/ durch ein fremdes/ zu-
vor müste erweckt werden: fast auf gleiche Weise/ wie ein glühend Eisen/
von dem ihm eingepflantztem Liechte (wie der Author redet) scheint/ nach-
dem es gleichwol zuvorderst/ vom Feuer/ angezündet sey: gleichwie auch
die Erleuchtung deß Monds (seiner Meynung nach) nicht durch eine Re-
flexion/ oder Wiederschein/ sondern/ durch eine Entzündung/ geschehe.

Jch hätte dieses/ von dem Licht-Magneten Herrn Balduini/ so
umständlich unsrem Mond-Discurse nicht eingemischt/ wenn nicht hie-
durch die Mutmassung einen zimlichen Schein bekäme/ daß der Mond/
gleicher Gestalt/ den Glantz der Sonnen magnetisch einsauge/ und mit
seinem eigenem eingepflantzten Liechte/ welches dadurch erwecket wird/
vereinige/ alsdenn folgends deß eingetrunckenen Sonnen-Scheins die
Niderwelt wieder geniessen lasse.

Goldstern. Das magnetische Eintrincken oder Anziehen deß Son-
nen-Lichts/ so man/ an etlichen Steinen/ verspühret/ ist weit/ von der
Natur deß Monds/ unterschieden. Denn solche Steine erscheinen
nicht jetzt gantz/ jetzt halb/ jetzt zum vierdten Theil/ feurig; sondern alle-
zeit gantz durchaus/ oder gar nicht. Welches sich aber/ an dem Mond/
gantz anders eräugnet: wie seine Finsternissen solches weisen: darauf wir
vielleicht hiernechst bald kommen werden.

Adlerhaupt. Nicht allein Aristoteles/ Plinius/ und Ptolemaeus;
sondern auch Tycho Brahe/ Scaliger/ Fromondus/ und manche andre

Leute

Der vierzehende Discurs/
an. Als er einsmals trefflich hell geſchienen; hat ihn der Erfinder in ein
Glas voll Spiritus nitri oder Salpeter-Geiſts/ gethan: darinn ſeinem
Schein das geringſte nichts abgangen. Hernach zoch er ihn wieder her-
Unterſchied-
liche Proben
deß Liecht-
ziehenden
Magnets.
aus/ trucknete/ und ließ ihn im Verborgenen bleiben/ bis das Liecht in
ihm waͤre erloſchen: folgends verſperrete er ihn wiederum/ in ein Glas
voll kaltes Waſſers; um zu ſpūhren/ ob er in demſelben/ gleichfalls wuͤrde
Liecht ziehen/ aus der klaren Lufft. Welches deñ alſofort geſchehen[:] ſintemal
er alſobald einen feurigen ſehr hohen Glantz an ſich genommen/ und damit
genugſam gezeuget/ das kalte Waſſer koͤnnte ihm weder ſein einverleibtes
philoſophiſches Feuer/ noch den angezogenen Glantz und Schein ausle-
ſchen/ noch vertunckeln/ noch ſonſt verhindern.

Nachdem er/ auſſer dem Waſſer/ ſeinen Glantz wieder abgelegt;
hat mans/ im geheitzten Ofen/ mit ihm verſucht: in welchem er eben ſo
wol angefangen zu leuchten/ wie vorhin; obgleich das Zimmer/ da man
ihn hingeſtellt/ kein Licht hatte. Diß hat den Erfinder deß Liecht-Steins
auf die Meynung gebracht/ daß der Mond-Magnet (denn alſo nennet
er dieſen Liecht-Stein) nicht allein/ mit fremden Licht/ ſondern auch/ mit
ſeinem eigenem/ leuchte; welches ſein eigenes aber/ durch ein fremdes/ zu-
vor muͤſte erweckt werden: faſt auf gleiche Weiſe/ wie ein gluͤhend Eiſen/
von dem ihm eingepflantztem Liechte (wie der Author redet) ſcheint/ nach-
dem es gleichwol zuvorderſt/ vom Feuer/ angezuͤndet ſey: gleichwie auch
die Erleuchtung deß Monds (ſeiner Meynung nach) nicht durch eine Re-
flexion/ oder Wiederſchein/ ſondern/ durch eine Entzuͤndung/ geſchehe.

Jch haͤtte dieſes/ von dem Licht-Magneten Herꝛn Balduini/ ſo
umſtaͤndlich unſrem Mond-Discurſe nicht eingemiſcht/ wenn nicht hie-
durch die Mutmaſſung einen zimlichen Schein bekaͤme/ daß der Mond/
gleicher Geſtalt/ den Glantz der Sonnen magnetiſch einſauge/ und mit
ſeinem eigenem eingepflantzten Liechte/ welches dadurch erwecket wird/
vereinige/ alsdenn folgends deß eingetrunckenen Sonnen-Scheins die
Niderwelt wieder genieſſen laſſe.

Goldſtern. Das magnetiſche Eintrincken oder Anziehen deß Son-
nen-Lichts/ ſo man/ an etlichen Steinen/ verſpuͤhret/ iſt weit/ von der
Natur deß Monds/ unterſchieden. Denn ſolche Steine erſcheinen
nicht jetzt gantz/ jetzt halb/ jetzt zum vierdten Theil/ feurig; ſondern alle-
zeit gantz durchaus/ oder gar nicht. Welches ſich aber/ an dem Mond/
gantz anders eraͤugnet: wie ſeine Finſterniſſen ſolches weiſen: darauf wir
vielleicht hiernechſt bald kommen werden.

Adlerhaupt. Nicht allein Ariſtoteles/ Plinius/ und Ptolemæus;
ſondern auch Tycho Brahe/ Scaliger/ Fromondus/ und manche andre

Leute
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[476/0516] Der vierzehende Discurs/ an. Als er einsmals trefflich hell geſchienen; hat ihn der Erfinder in ein Glas voll Spiritus nitri oder Salpeter-Geiſts/ gethan: darinn ſeinem Schein das geringſte nichts abgangen. Hernach zoch er ihn wieder her- aus/ trucknete/ und ließ ihn im Verborgenen bleiben/ bis das Liecht in ihm waͤre erloſchen: folgends verſperrete er ihn wiederum/ in ein Glas voll kaltes Waſſers; um zu ſpūhren/ ob er in demſelben/ gleichfalls wuͤrde Liecht ziehen/ aus der klaren Lufft. Welches deñ alſofort geſchehen: ſintemal er alſobald einen feurigen ſehr hohen Glantz an ſich genommen/ und damit genugſam gezeuget/ das kalte Waſſer koͤnnte ihm weder ſein einverleibtes philoſophiſches Feuer/ noch den angezogenen Glantz und Schein ausle- ſchen/ noch vertunckeln/ noch ſonſt verhindern. Unterſchied- liche Proben deß Liecht- ziehenden Magnets. Nachdem er/ auſſer dem Waſſer/ ſeinen Glantz wieder abgelegt; hat mans/ im geheitzten Ofen/ mit ihm verſucht: in welchem er eben ſo wol angefangen zu leuchten/ wie vorhin; obgleich das Zimmer/ da man ihn hingeſtellt/ kein Licht hatte. Diß hat den Erfinder deß Liecht-Steins auf die Meynung gebracht/ daß der Mond-Magnet (denn alſo nennet er dieſen Liecht-Stein) nicht allein/ mit fremden Licht/ ſondern auch/ mit ſeinem eigenem/ leuchte; welches ſein eigenes aber/ durch ein fremdes/ zu- vor muͤſte erweckt werden: faſt auf gleiche Weiſe/ wie ein gluͤhend Eiſen/ von dem ihm eingepflantztem Liechte (wie der Author redet) ſcheint/ nach- dem es gleichwol zuvorderſt/ vom Feuer/ angezuͤndet ſey: gleichwie auch die Erleuchtung deß Monds (ſeiner Meynung nach) nicht durch eine Re- flexion/ oder Wiederſchein/ ſondern/ durch eine Entzuͤndung/ geſchehe. Jch haͤtte dieſes/ von dem Licht-Magneten Herꝛn Balduini/ ſo umſtaͤndlich unſrem Mond-Discurſe nicht eingemiſcht/ wenn nicht hie- durch die Mutmaſſung einen zimlichen Schein bekaͤme/ daß der Mond/ gleicher Geſtalt/ den Glantz der Sonnen magnetiſch einſauge/ und mit ſeinem eigenem eingepflantzten Liechte/ welches dadurch erwecket wird/ vereinige/ alsdenn folgends deß eingetrunckenen Sonnen-Scheins die Niderwelt wieder genieſſen laſſe. Goldſtern. Das magnetiſche Eintrincken oder Anziehen deß Son- nen-Lichts/ ſo man/ an etlichen Steinen/ verſpuͤhret/ iſt weit/ von der Natur deß Monds/ unterſchieden. Denn ſolche Steine erſcheinen nicht jetzt gantz/ jetzt halb/ jetzt zum vierdten Theil/ feurig; ſondern alle- zeit gantz durchaus/ oder gar nicht. Welches ſich aber/ an dem Mond/ gantz anders eraͤugnet: wie ſeine Finſterniſſen ſolches weiſen: darauf wir vielleicht hiernechſt bald kommen werden. Adlerhaupt. Nicht allein Ariſtoteles/ Plinius/ und Ptolemæus; ſondern auch Tycho Brahe/ Scaliger/ Fromondus/ und manche andre Leute

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/516>, abgerufen am 20.05.2024.