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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der zwölffte Discurs/

Forell. Jch finde noch einen Scrupel. Daß die Sterne so un-
begreifflich-schnelle und weite Tag-Reisen thun/ scheinet unvermutlich/
wenn man die Materi deß Himmels betrachtet: welche wie wir vor diesem
vernommen/ gantz lufftig ist; und derhalben/ von solchem/ mehr denn
Blitz-eiligem Lauffe/ immerdar ungestüm- und gewaltfamlich müste zer-
rissen/ oder durchbrochen werden Solcher ungestümmer Durchbruch deß
Himmel-Luffts stehet nicht zuvermuten; würde auch den Sternen keinen
so unglaublich-schnellen Lauff verstatten/ sondern einige Hinderniß
schaffen.

Warum
das Gestirn
so leicht/
durch den
Himmel/
[fl]iege.
Goldstern. Wenn der Herr/ in seinem Fisch-Behalter/ die ein-
gesetzte Fischlein spielen/ und bisweilen schnell sihet/ unter dem Wasser/
fortschiessen; verspühret er auch/ daß dem Wasser alsdenn einiger Gewalt
geschehe? Wenn eine Schwalbe/ oder Mucke/ mit ihren Flügeln/ einen
Schnitt durch die Lufft machet/ vernimt der Herr auch dabey einiges Ge-
räusch oder Sausen/ in der Lufft/ daraus zu schliessen wäre/ die Lufft liesse
sich ungern spalten und trennen? Fleugt die Fliege/ (oder Mucke) das
so zarte und schwache Vögelein/ nicht im Augenblick/ von einer Stelle
zur andren/ so daß man sie kaum/ mit einem geschwinden Streiche/ erwi-
schen kan? Wieviel williger wird jene himmlische Lufft Paß und Durch-
zug geben dem leuchtenden Gestirn: nachdemmal jene bey weitem so dick
nicht/ als unser Wasser/ oder gemeine Lufft. Denn Wasser und Lufft
bedörffen einiger Dicken; damit der Fisch drinnen schwimmen/ und der
Vogel fliegen können; der Himmel aber nicht: als welcher eine so subtile
und dünne Lufft ist/ die kaum zu glauben; derhalben dem Gestirn desto un-
aufgehaltener Raum gibt/ gantz leicht und willig weicht: auf daß die
Sterne viel tausendmal schneller/ denn Flügel-schnell/ ja! schier so ge-
schwind/ als ein Geist/ sich durchhin schwingen mögen. Die Schrifft
selbst zeugt/ von der dünnen Zartheit deß Himmels/ wenn Esaias (Cap.
40.) spricht/ Gott dehne den Himmel aus/ wie ein dünne Fell. Leidet dem-
nach die Himmel-Lufft hie durch gar keine Gewalt/ kan auch nicht dadurch
verdicket/ noch zusammengetrieben werden/ als etwan ein löcherichter Kör-
per: angemerckt sie gar im geringsten nicht porösisch ist/ sondern ein Theil
selbiger Lufft weicht/ und tritt alsofort in die Stelle deß andren Theils:
wie es die Natur dunnner Sachen mit sich bringt.

Winterschild. Der Lauff deß Gestirns/ welcher/ wie es scheinet/
auch unseren Sinnen und Gedancken schier die Wette abgewinnen dörff-
te/ kommt mir wunder-würdig für: und hält man sie billig für lauter aus-
gesteckte Laternen/ woran die/ im Finstern wandelnde/ menschliche Ver-
nunfft natürliche Wegzeiger zur Erkenntniß der öbersten Allmacht hat:

aber
Der zwoͤlffte Discurs/

Forell. Jch finde noch einen Scrupel. Daß die Sterne ſo un-
begreifflich-ſchnelle und weite Tag-Reiſen thun/ ſcheinet unvermutlich/
wenn man die Materi deß Himmels betrachtet: welche wie wir vor dieſem
vernommen/ gantz lufftig iſt; und derhalben/ von ſolchem/ mehr denn
Blitz-eiligem Lauffe/ immerdar ungeſtuͤm- und gewaltfamlich muͤſte zer-
riſſen/ oder durchbrochen werden Solcher ungeſtuͤmmer Durchbruch deß
Himmel-Luffts ſtehet nicht zuvermuten; wuͤrde auch den Sternen keinen
ſo unglaublich-ſchnellen Lauff verſtatten/ ſondern einige Hinderniß
ſchaffen.

Warum
das Geſtirn
ſo leicht/
durch den
Himmel/
[fl]iege.
Goldſtern. Wenn der Herꝛ/ in ſeinem Fiſch-Behalter/ die ein-
geſetzte Fiſchlein ſpielen/ und bisweilen ſchnell ſihet/ unter dem Waſſer/
fortſchieſſen; verſpuͤhret er auch/ daß dem Waſſer alsdenn einiger Gewalt
geſchehe? Wenn eine Schwalbe/ oder Mucke/ mit ihren Fluͤgeln/ einen
Schnitt durch die Lufft machet/ vernimt der Herꝛ auch dabey einiges Ge-
raͤuſch oder Sauſen/ in der Lufft/ daraus zu ſchlieſſen waͤre/ die Lufft lieſſe
ſich ungern ſpalten und trennen? Fleugt die Fliege/ (oder Mucke) das
ſo zarte und ſchwache Voͤgelein/ nicht im Augenblick/ von einer Stelle
zur andren/ ſo daß man ſie kaum/ mit einem geſchwinden Streiche/ erwi-
ſchen kan? Wieviel williger wird jene himmliſche Lufft Paß und Durch-
zug geben dem leuchtenden Geſtirn: nachdemmal jene bey weitem ſo dick
nicht/ als unſer Waſſer/ oder gemeine Lufft. Denn Waſſer und Lufft
bedoͤrffen einiger Dicken; damit der Fiſch drinnen ſchwimmen/ und der
Vogel fliegen koͤnnen; der Himmel aber nicht: als welcher eine ſo ſubtile
und duͤnne Lufft iſt/ die kaum zu glauben; derhalben dem Geſtirn deſto un-
aufgehaltener Raum gibt/ gantz leicht und willig weicht: auf daß die
Sterne viel tauſendmal ſchneller/ denn Fluͤgel-ſchnell/ ja! ſchier ſo ge-
ſchwind/ als ein Geiſt/ ſich durchhin ſchwingen moͤgen. Die Schrifft
ſelbſt zeugt/ von der duͤnnen Zartheit deß Himmels/ wenn Eſaias (Cap.
40.) ſpricht/ Gott dehne den Himmel aus/ wie ein duͤnne Fell. Leidet dem-
nach die Himmel-Lufft hie durch gar keine Gewalt/ kan auch nicht dadurch
verdicket/ noch zuſammengetrieben werden/ als etwan ein loͤcherichter Koͤr-
per: angemerckt ſie gar im geringſten nicht poroͤſiſch iſt/ ſondern ein Theil
ſelbiger Lufft weicht/ und tritt alſofort in die Stelle deß andren Theils:
wie es die Natur dũnner Sachen mit ſich bringt.

Winterſchild. Der Lauff deß Geſtirns/ welcher/ wie es ſcheinet/
auch unſeren Sinnen und Gedancken ſchier die Wette abgewinnen doͤrff-
te/ kommt mir wunder-wuͤrdig fuͤr: und haͤlt man ſie billig fuͤr lauter aus-
geſteckte Laternen/ woran die/ im Finſtern wandelnde/ menſchliche Ver-
nunfft natuͤrliche Wegzeiger zur Erkenntniß der oͤberſten Allmacht hat:

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[354/0388] Der zwoͤlffte Discurs/ Forell. Jch finde noch einen Scrupel. Daß die Sterne ſo un- begreifflich-ſchnelle und weite Tag-Reiſen thun/ ſcheinet unvermutlich/ wenn man die Materi deß Himmels betrachtet: welche wie wir vor dieſem vernommen/ gantz lufftig iſt; und derhalben/ von ſolchem/ mehr denn Blitz-eiligem Lauffe/ immerdar ungeſtuͤm- und gewaltfamlich muͤſte zer- riſſen/ oder durchbrochen werden Solcher ungeſtuͤmmer Durchbruch deß Himmel-Luffts ſtehet nicht zuvermuten; wuͤrde auch den Sternen keinen ſo unglaublich-ſchnellen Lauff verſtatten/ ſondern einige Hinderniß ſchaffen. Goldſtern. Wenn der Herꝛ/ in ſeinem Fiſch-Behalter/ die ein- geſetzte Fiſchlein ſpielen/ und bisweilen ſchnell ſihet/ unter dem Waſſer/ fortſchieſſen; verſpuͤhret er auch/ daß dem Waſſer alsdenn einiger Gewalt geſchehe? Wenn eine Schwalbe/ oder Mucke/ mit ihren Fluͤgeln/ einen Schnitt durch die Lufft machet/ vernimt der Herꝛ auch dabey einiges Ge- raͤuſch oder Sauſen/ in der Lufft/ daraus zu ſchlieſſen waͤre/ die Lufft lieſſe ſich ungern ſpalten und trennen? Fleugt die Fliege/ (oder Mucke) das ſo zarte und ſchwache Voͤgelein/ nicht im Augenblick/ von einer Stelle zur andren/ ſo daß man ſie kaum/ mit einem geſchwinden Streiche/ erwi- ſchen kan? Wieviel williger wird jene himmliſche Lufft Paß und Durch- zug geben dem leuchtenden Geſtirn: nachdemmal jene bey weitem ſo dick nicht/ als unſer Waſſer/ oder gemeine Lufft. Denn Waſſer und Lufft bedoͤrffen einiger Dicken; damit der Fiſch drinnen ſchwimmen/ und der Vogel fliegen koͤnnen; der Himmel aber nicht: als welcher eine ſo ſubtile und duͤnne Lufft iſt/ die kaum zu glauben; derhalben dem Geſtirn deſto un- aufgehaltener Raum gibt/ gantz leicht und willig weicht: auf daß die Sterne viel tauſendmal ſchneller/ denn Fluͤgel-ſchnell/ ja! ſchier ſo ge- ſchwind/ als ein Geiſt/ ſich durchhin ſchwingen moͤgen. Die Schrifft ſelbſt zeugt/ von der duͤnnen Zartheit deß Himmels/ wenn Eſaias (Cap. 40.) ſpricht/ Gott dehne den Himmel aus/ wie ein duͤnne Fell. Leidet dem- nach die Himmel-Lufft hie durch gar keine Gewalt/ kan auch nicht dadurch verdicket/ noch zuſammengetrieben werden/ als etwan ein loͤcherichter Koͤr- per: angemerckt ſie gar im geringſten nicht poroͤſiſch iſt/ ſondern ein Theil ſelbiger Lufft weicht/ und tritt alſofort in die Stelle deß andren Theils: wie es die Natur dũnner Sachen mit ſich bringt. Warum das Geſtirn ſo leicht/ durch den Himmel/ fliege. Winterſchild. Der Lauff deß Geſtirns/ welcher/ wie es ſcheinet/ auch unſeren Sinnen und Gedancken ſchier die Wette abgewinnen doͤrff- te/ kommt mir wunder-wuͤrdig fuͤr: und haͤlt man ſie billig fuͤr lauter aus- geſteckte Laternen/ woran die/ im Finſtern wandelnde/ menſchliche Ver- nunfft natuͤrliche Wegzeiger zur Erkenntniß der oͤberſten Allmacht hat: aber

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/388>, abgerufen am 22.12.2024.