Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der drey und zwantzigste Discurs/ nach seinem Willen erschaffen: also kan Er sie auch bloß nach seinem Wil-len/ oder andren Ursachen/ ändern/ wie und wenn Er will. Zudem seynd noch bey weitem nicht alle Sterne/ als deren unzehlich viele uns gantz un- sichtbar/ annoch bekandt/ noch die Kräffte derselben erkündiget: Können also die verborgene Kräffte der noch unbekandten wol verhindern/ was die bekandten anzeigen. Wenn ein Sternkündiger die Christliche Be- fcheidenheit nicht übertritt; sondern mutmaßlich aus dem Gestirn urthei- let/ auch nicht abergläubische Sachen mit einmenget; halte ich solches für eine erlaubte Gemüts-Ergetzung: aber unbetriegliche Gewißheiten dar- aus machen wollen; für eine grosse betriegliche Thorheit. Daß man auch die Religions-Verändrungen dem Gestirn auf- Mancher- ver-
Der drey und zwantzigſte Discurs/ nach ſeinem Willen erſchaffen: alſo kan Er ſie auch bloß nach ſeinem Wil-len/ oder andren Urſachen/ aͤndern/ wie und wenn Er will. Zudem ſeynd noch bey weitem nicht alle Sterne/ als deren unzehlich viele uns gantz un- ſichtbar/ annoch bekandt/ noch die Kraͤffte derſelben erkuͤndiget: Koͤnnen alſo die verborgene Kraͤffte der noch unbekandten wol verhindern/ was die bekandten anzeigen. Wenn ein Sternkuͤndiger die Chriſtliche Be- fcheidenheit nicht uͤbertritt; ſondern mutmaßlich aus dem Geſtirn urthei- let/ auch nicht aberglaͤubiſche Sachen mit einmenget; halte ich ſolches fuͤr eine erlaubte Gemuͤts-Ergetzung: aber unbetriegliche Gewißheiten dar- aus machen wollen; fuͤr eine groſſe betriegliche Thorheit. Daß man auch die Religions-Veraͤndrungen dem Geſtirn auf- Mancher- ver-
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Der drey und zwantzigſte Discurs/
nach ſeinem Willen erſchaffen: alſo kan Er ſie auch bloß nach ſeinem Wil-
len/ oder andren Urſachen/ aͤndern/ wie und wenn Er will. Zudem ſeynd
noch bey weitem nicht alle Sterne/ als deren unzehlich viele uns gantz un-
ſichtbar/ annoch bekandt/ noch die Kraͤffte derſelben erkuͤndiget: Koͤnnen
alſo die verborgene Kraͤffte der noch unbekandten wol verhindern/ was
die bekandten anzeigen. Wenn ein Sternkuͤndiger die Chriſtliche Be-
fcheidenheit nicht uͤbertritt; ſondern mutmaßlich aus dem Geſtirn urthei-
let/ auch nicht aberglaͤubiſche Sachen mit einmenget; halte ich ſolches fuͤr
eine erlaubte Gemuͤts-Ergetzung: aber unbetriegliche Gewißheiten dar-
aus machen wollen; fuͤr eine groſſe betriegliche Thorheit.
Daß man auch die Religions-Veraͤndrungen dem Geſtirn auf-
buͤrden will/ als einer wuͤrckenden Urſache/ oder alle und jede Handelun-
gen und Vorfaͤlle daraus erlernen; ſchaͤtze ich nicht allein fuͤr eine eitle
Thorheit/ ſondern theils auch fuͤr groſſe Suͤnde: gleichwie ich hingegen
zulaſſe/ daß manche großwigtige Veraͤndrungen/ durch das Geſtirn vor-
bedeutet/ und gleichſam fuͤrgebildet/ theils auch/ ſo viel den Zuſtand der
irdiſchen Koͤrper betrifft/ einiger maſſen mitbewuͤrcket und veranlaſſet
werden. Von Kranckheiten und Gefahr ſchlage ich ihre Mutmaſſun-
gen nicht allerdings in den Wind: achte es aber mit nichten fuͤr eine Un-
vermeidlichkeit.
Es gibt ſonſt noch viel andre Ungewißheiten/ darinn man den
Sterndeutern nicht glauben ſoll. Als; wenn ſie ſprechen/ die Zuſam-
menkunfft deß Saturns/ Martis/ und der Venus/ im ſechſten Hauſe ge-
be dem Menſchen/ ſo darunter geboren iſt/ eine Hure zur Ehe: und wenn
Venus/ den Merkur/ im vierdten Hauſe/ im Steinbock und Krebſe/ be-
ſucht/ bringe ſie demſelben eben ſolch ein ſaubre Dirne zuwegen: Derglei-
chen ſie auch der Conjunction Jovis/ Martis und Veneris/ im zehenden
Hauſe/ wollen Schuld geben. Da doch vors Erſte es eine groſſe Ver-
meſſenheit/ daß man/ aus eines Menſchen Geburts-Stirnung/ von deß
andren ſeinen Sitten zu urtheilen/ ſich unterſteht; vors Andre/ durch
ſolche unchriſtliche Stern-Wahrſagerey unter die Eheleute/ Argwohn/
Verdacht/ und Zwietracht/ ſtreuen. Gleiches Wehrts iſt der ſchoͤne
aſtrologiſche Schluß/ das Kind/ bey deſſen Geburt der Mond/ mit dem
Marte/ ſich im Scorpion conjungirt/ muͤſſe nicht in Ehren zur Welt ge-
tragen/ und die Mutter deßjenigen eine leichtfertige Et cætera ſeyn/ unter
deſſen Geburt der Mond/ oder Abendſtern/ von dem Eiſen-Stern/ uͤbel
angeblickt worden; Jtem/ wenn die Venus in der Jungfrauen/ und der
Mond ungluͤcklich diſponirt/ gebe es eine blutſchaͤnderiſche Empfaͤngniß
zu bedeuten. Solche/ und dergleichen Stern-Warſagung haſſe/ und
ver-
Mancher-
ley vermeſ-
ſene Weiſſa-
gungen der
Sterndeu-
ter.
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