Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.sie an goldner Kette im Busen trägt, es drückt mir das Herz entzwei! Ich neigte meinen Mund, so verwirrende Worte abwehrend, auf den ihrigen, aber sie rief fast schreiend: heißt ihr das Bild wegwerfen, es ist eines Mannes Bild, ich ertrage den Schmerz nicht länger! Dumpfes Murmeln rollte durch die Versammlung, plötzlich wiederholten viele Stimmen Antoniens Gebot. Der unruhige Strom wogte immer näher und näher heran, ich wollte die Angeklagte retten, und drängte mich zu ihr hin, sie flüchtete scheu an meine Brust, aber, als habe sie Gottes Blick getroffen, so riß der Himmel die Wahrheit an das Licht, bei der raschen Bewegung glitt das Bild aus den Schleiern hervor und sah ernst und finster von ihrem Herzen auf die erstaunte Menge hin. Die Unglückliche hatte alle Besinnung verloren, sie welkte von da in einem wahnsinnigem Traume hin, der ihr niemals gestattete, das Gelübde wahrhaft abzulegen. Antonie aber ward wie eine Heilige auf ihr Zimmer getragen. Ich hatte Mühe, dem Ueberlaufenden Zudringen zu wehren. Sie schlief indeß viele Stunden einen festen nätürlichen Schlaf, und hatte, wie immer, keine Erinnerung von dem ganzen Vorgange, ja ihre ersten Worte vielmehr waren: nun sie sagt ja nichts! als horche sie auf das abzulegende Gelübbde, von welchem sie sich sie an goldner Kette im Busen trägt, es drückt mir das Herz entzwei! Ich neigte meinen Mund, so verwirrende Worte abwehrend, auf den ihrigen, aber sie rief fast schreiend: heißt ihr das Bild wegwerfen, es ist eines Mannes Bild, ich ertrage den Schmerz nicht länger! Dumpfes Murmeln rollte durch die Versammlung, plötzlich wiederholten viele Stimmen Antoniens Gebot. Der unruhige Strom wogte immer näher und näher heran, ich wollte die Angeklagte retten, und drängte mich zu ihr hin, sie flüchtete scheu an meine Brust, aber, als habe sie Gottes Blick getroffen, so riß der Himmel die Wahrheit an das Licht, bei der raschen Bewegung glitt das Bild aus den Schleiern hervor und sah ernst und finster von ihrem Herzen auf die erstaunte Menge hin. Die Unglückliche hatte alle Besinnung verloren, sie welkte von da in einem wahnsinnigem Traume hin, der ihr niemals gestattete, das Gelübde wahrhaft abzulegen. Antonie aber ward wie eine Heilige auf ihr Zimmer getragen. Ich hatte Mühe, dem Ueberlaufenden Zudringen zu wehren. Sie schlief indeß viele Stunden einen festen nätürlichen Schlaf, und hatte, wie immer, keine Erinnerung von dem ganzen Vorgange, ja ihre ersten Worte vielmehr waren: nun sie sagt ja nichts! als horche sie auf das abzulegende Gelübbde, von welchem sie sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="41"/> sie an goldner Kette im Busen trägt, es drückt mir das Herz entzwei! Ich neigte meinen Mund, so verwirrende Worte abwehrend, auf den ihrigen, aber sie rief fast schreiend: heißt ihr das Bild wegwerfen, es ist eines Mannes Bild, ich ertrage den Schmerz nicht länger! Dumpfes Murmeln rollte durch die Versammlung, plötzlich wiederholten viele Stimmen Antoniens Gebot. Der unruhige Strom wogte immer näher und näher heran, ich wollte die Angeklagte retten, und drängte mich zu ihr hin, sie flüchtete scheu an meine Brust, aber, als habe sie Gottes Blick getroffen, so riß der Himmel die Wahrheit an das Licht, bei der raschen Bewegung glitt das Bild aus den Schleiern hervor und sah ernst und finster von ihrem Herzen auf die erstaunte Menge hin. Die Unglückliche hatte alle Besinnung verloren, sie welkte von da in einem wahnsinnigem Traume hin, der ihr niemals gestattete, das Gelübde wahrhaft abzulegen.</p> <p>Antonie aber ward wie eine Heilige auf ihr Zimmer getragen. Ich hatte Mühe, dem Ueberlaufenden Zudringen zu wehren. Sie schlief indeß viele Stunden einen festen nätürlichen Schlaf, und hatte, wie immer, keine Erinnerung von dem ganzen Vorgange, ja ihre ersten Worte vielmehr waren: nun sie sagt ja nichts! als horche sie auf das abzulegende Gelübbde, von welchem sie sich </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0048]
sie an goldner Kette im Busen trägt, es drückt mir das Herz entzwei! Ich neigte meinen Mund, so verwirrende Worte abwehrend, auf den ihrigen, aber sie rief fast schreiend: heißt ihr das Bild wegwerfen, es ist eines Mannes Bild, ich ertrage den Schmerz nicht länger! Dumpfes Murmeln rollte durch die Versammlung, plötzlich wiederholten viele Stimmen Antoniens Gebot. Der unruhige Strom wogte immer näher und näher heran, ich wollte die Angeklagte retten, und drängte mich zu ihr hin, sie flüchtete scheu an meine Brust, aber, als habe sie Gottes Blick getroffen, so riß der Himmel die Wahrheit an das Licht, bei der raschen Bewegung glitt das Bild aus den Schleiern hervor und sah ernst und finster von ihrem Herzen auf die erstaunte Menge hin. Die Unglückliche hatte alle Besinnung verloren, sie welkte von da in einem wahnsinnigem Traume hin, der ihr niemals gestattete, das Gelübde wahrhaft abzulegen.
Antonie aber ward wie eine Heilige auf ihr Zimmer getragen. Ich hatte Mühe, dem Ueberlaufenden Zudringen zu wehren. Sie schlief indeß viele Stunden einen festen nätürlichen Schlaf, und hatte, wie immer, keine Erinnerung von dem ganzen Vorgange, ja ihre ersten Worte vielmehr waren: nun sie sagt ja nichts! als horche sie auf das abzulegende Gelübbde, von welchem sie sich
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/48>, abgerufen am 27.07.2024. |