Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.sowohl durch Raum- als Zeitverhältnisse hedingt ist, und daß individuelle, wie allgemein geschichtliche, Entwickelungen hier das ihre thun. Wie oft, rief er, durch das Gewicht eigener Erfahrung unterstützt, wird dies innere Auge, um Ihr Gleichniß beizubehalten, von undurchdringlichen Nebeln umschleiert, die so nothwendig, wie unwillkührlich, aus dem Kampf des Lebens erwuchsen. Wo, ich bitte sie, bleibt da die Freiheit der Vernunft? In sich selbst, entgegnete der Arzt, in dem Vermögen, sich nach Innen zu dem höchsten Wesen zu flüchten, an ihm zu stärken, von ihm zu erfahren, was wir wollen und müßen! Der Chevalier schüttelte ungläubig den Kopf, als Antonie bleich und schwach, auf Marien gestützt, in das Zimmer trat. Man begegnete ihr sehr liebreich, ohne sie gleichwohl durch zudringliche Fragen oder ein unruhig beeiferndes Entgegenkommen zu quälen. Es gewann sogar das Ansehen, als lasse man der Unterhaltung den einmal begonnenen Lauf. Antonie schien wenig auf die Uebrigen zu merken, sie setzte sich neben Marien ins Fenster, und arbeitete ruhig an einem Haargeflecht, das sie mit großer Sauberkeit zu ordnen verstand. Zuweilen blickte sie auf, und hauchte einen flüchtigen Kuß auf Mariens Stirn; Viktorine ging mit der Präsidentin das Zimmer auf und ab, der Herzog stand sowohl durch Raum- als Zeitverhältnisse hedingt ist, und daß individuelle, wie allgemein geschichtliche, Entwickelungen hier das ihre thun. Wie oft, rief er, durch das Gewicht eigener Erfahrung unterstützt, wird dies innere Auge, um Ihr Gleichniß beizubehalten, von undurchdringlichen Nebeln umschleiert, die so nothwendig, wie unwillkührlich, aus dem Kampf des Lebens erwuchsen. Wo, ich bitte sie, bleibt da die Freiheit der Vernunft? In sich selbst, entgegnete der Arzt, in dem Vermögen, sich nach Innen zu dem höchsten Wesen zu flüchten, an ihm zu stärken, von ihm zu erfahren, was wir wollen und müßen! Der Chevalier schüttelte ungläubig den Kopf, als Antonie bleich und schwach, auf Marien gestützt, in das Zimmer trat. Man begegnete ihr sehr liebreich, ohne sie gleichwohl durch zudringliche Fragen oder ein unruhig beeiferndes Entgegenkommen zu quälen. Es gewann sogar das Ansehen, als lasse man der Unterhaltung den einmal begonnenen Lauf. Antonie schien wenig auf die Uebrigen zu merken, sie setzte sich neben Marien ins Fenster, und arbeitete ruhig an einem Haargeflecht, das sie mit großer Sauberkeit zu ordnen verstand. Zuweilen blickte sie auf, und hauchte einen flüchtigen Kuß auf Mariens Stirn; Viktorine ging mit der Präsidentin das Zimmer auf und ab, der Herzog stand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0172" n="165"/> sowohl durch Raum- als Zeitverhältnisse hedingt ist, und daß individuelle, wie allgemein geschichtliche, Entwickelungen hier das ihre thun. Wie oft, rief er, durch das Gewicht eigener Erfahrung unterstützt, wird dies innere Auge, um Ihr Gleichniß beizubehalten, von undurchdringlichen Nebeln umschleiert, die so nothwendig, wie unwillkührlich, aus dem Kampf des Lebens erwuchsen. Wo, ich bitte sie, bleibt da die Freiheit der Vernunft?</p> <p>In sich selbst, entgegnete der Arzt, in dem Vermögen, sich nach Innen zu dem höchsten Wesen zu flüchten, an ihm zu stärken, von ihm zu erfahren, was wir <hi rendition="#g">wollen</hi> und <hi rendition="#g">müßen</hi>!</p> <p>Der Chevalier schüttelte ungläubig den Kopf, als Antonie bleich und schwach, auf Marien gestützt, in das Zimmer trat. Man begegnete ihr sehr liebreich, ohne sie gleichwohl durch zudringliche Fragen oder ein unruhig beeiferndes Entgegenkommen zu quälen. Es gewann sogar das Ansehen, als lasse man der Unterhaltung den einmal begonnenen Lauf. Antonie schien wenig auf die Uebrigen zu merken, sie setzte sich neben Marien ins Fenster, und arbeitete ruhig an einem Haargeflecht, das sie mit großer Sauberkeit zu ordnen verstand. Zuweilen blickte sie auf, und hauchte einen flüchtigen Kuß auf Mariens Stirn; Viktorine ging mit der Präsidentin das Zimmer auf und ab, der Herzog stand </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [165/0172]
sowohl durch Raum- als Zeitverhältnisse hedingt ist, und daß individuelle, wie allgemein geschichtliche, Entwickelungen hier das ihre thun. Wie oft, rief er, durch das Gewicht eigener Erfahrung unterstützt, wird dies innere Auge, um Ihr Gleichniß beizubehalten, von undurchdringlichen Nebeln umschleiert, die so nothwendig, wie unwillkührlich, aus dem Kampf des Lebens erwuchsen. Wo, ich bitte sie, bleibt da die Freiheit der Vernunft?
In sich selbst, entgegnete der Arzt, in dem Vermögen, sich nach Innen zu dem höchsten Wesen zu flüchten, an ihm zu stärken, von ihm zu erfahren, was wir wollen und müßen!
Der Chevalier schüttelte ungläubig den Kopf, als Antonie bleich und schwach, auf Marien gestützt, in das Zimmer trat. Man begegnete ihr sehr liebreich, ohne sie gleichwohl durch zudringliche Fragen oder ein unruhig beeiferndes Entgegenkommen zu quälen. Es gewann sogar das Ansehen, als lasse man der Unterhaltung den einmal begonnenen Lauf. Antonie schien wenig auf die Uebrigen zu merken, sie setzte sich neben Marien ins Fenster, und arbeitete ruhig an einem Haargeflecht, das sie mit großer Sauberkeit zu ordnen verstand. Zuweilen blickte sie auf, und hauchte einen flüchtigen Kuß auf Mariens Stirn; Viktorine ging mit der Präsidentin das Zimmer auf und ab, der Herzog stand
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/172>, abgerufen am 16.02.2025. |