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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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nähert nan sich dem Jdeale, das der Mei-
nung vorschwebt, und von ihr festgestellt ist.

Mit einemmale, ehe es sich dieser oder
jener versieht, sprengen die Richtungen der
bisher gesetzlich verbundenen Familieneinheit
auseinander. Vater und Sohn wenden sich
dahin. Mutter und Tochter stürzen dem ge-
öffneten Thore der Welt zu. Nun ist es,
als solle alles Versäumte nachgeholt werden.
Jetzt gilt es, die Früchte der langen Entsa-
gung zu erndten. Unersättlich werden die
Mütter in solchen Vergnügen, bei denen
alle jene Talente sich entwickeln, die scrupuleus
gepflegte Gesundheit und Frische der Tochter
glänzen kann. Die Füße bewegen sich kunst-
gerecht und zierlich, die Lippen lächeln an-
genehm, die Wangen färbt ein helles Roth,
die Augen senken und heben sich, alles das
sieht die erfreute Mutter, auch, das Hal-
tung und Toilette ihrer Aufmerksamkeit Ehre
machen -- aber -- bis zu dem Geheimniß
der jungen Brust, was diese bewegt und
ängstet, waß die Einbildungskraft Tage und
Nächte beschäftigt, auf die Richtung der

naͤhert nan ſich dem Jdeale, das der Mei-
nung vorſchwebt, und von ihr feſtgeſtellt iſt.

Mit einemmale, ehe es ſich dieſer oder
jener verſieht, ſprengen die Richtungen der
bisher geſetzlich verbundenen Familieneinheit
auseinander. Vater und Sohn wenden ſich
dahin. Mutter und Tochter ſtuͤrzen dem ge-
oͤffneten Thore der Welt zu. Nun iſt es,
als ſolle alles Verſaͤumte nachgeholt werden.
Jetzt gilt es, die Fruͤchte der langen Entſa-
gung zu erndten. Unerſaͤttlich werden die
Muͤtter in ſolchen Vergnuͤgen, bei denen
alle jene Talente ſich entwickeln, die ſcrupuleus
gepflegte Geſundheit und Friſche der Tochter
glaͤnzen kann. Die Fuͤße bewegen ſich kunſt-
gerecht und zierlich, die Lippen laͤcheln an-
genehm, die Wangen faͤrbt ein helles Roth,
die Augen ſenken und heben ſich, alles das
ſieht die erfreute Mutter, auch, das Hal-
tung und Toilette ihrer Aufmerkſamkeit Ehre
machen — aber — bis zu dem Geheimniß
der jungen Bruſt, was dieſe bewegt und
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[236/0240] naͤhert nan ſich dem Jdeale, das der Mei- nung vorſchwebt, und von ihr feſtgeſtellt iſt. Mit einemmale, ehe es ſich dieſer oder jener verſieht, ſprengen die Richtungen der bisher geſetzlich verbundenen Familieneinheit auseinander. Vater und Sohn wenden ſich dahin. Mutter und Tochter ſtuͤrzen dem ge- oͤffneten Thore der Welt zu. Nun iſt es, als ſolle alles Verſaͤumte nachgeholt werden. Jetzt gilt es, die Fruͤchte der langen Entſa- gung zu erndten. Unerſaͤttlich werden die Muͤtter in ſolchen Vergnuͤgen, bei denen alle jene Talente ſich entwickeln, die ſcrupuleus gepflegte Geſundheit und Friſche der Tochter glaͤnzen kann. Die Fuͤße bewegen ſich kunſt- gerecht und zierlich, die Lippen laͤcheln an- genehm, die Wangen faͤrbt ein helles Roth, die Augen ſenken und heben ſich, alles das ſieht die erfreute Mutter, auch, das Hal- tung und Toilette ihrer Aufmerkſamkeit Ehre machen — aber — bis zu dem Geheimniß der jungen Bruſt, was dieſe bewegt und aͤngſtet, waß die Einbildungskraft Tage und Naͤchte beſchaͤftigt, auf die Richtung der

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/240>, abgerufen am 05.05.2024.