welcher zumeist verfehlt wird. Das Unbe- queme, bald hier, bald dort sein zu sollen, liegt am Tage. Deshalb neigt sich die Na- tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft am stärksten ist. Jn unsern Tagen ist es das stillere, bequemere Treiben des abgeschlos- senen Lebens, was die Neigung bestimmt. Die Gattin scheint nur für den Gatten, die Mutter für ihre Kinder zu leben, und wirk- lich spürt sich hier noch eine Wärme, die anderweitig in jeglichem Verhältnisse um- sonst gesucht wird.
Könnte das allseitig genügen, forderte das Bestehen der Gesellschaft nicht innere Strömungen des Mitempfindens, nicht das Jnteresse an einem Gemeinschaftlichen, was sich untereinander durch tausendfach getheilte und verzweigte Beziehungen be- dingt, müste nicht jeder leisten können, um genießen zu wollen, träfe nicht, ohne Aus- nahme, allen Gliedern der einen Kette, die gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben die Reibungen beweglich zu erhalten, die den elektrischen Jmpuls gleichzeitig von die-
welcher zumeiſt verfehlt wird. Das Unbe- queme, bald hier, bald dort ſein zu ſollen, liegt am Tage. Deshalb neigt ſich die Na- tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft am ſtaͤrkſten iſt. Jn unſern Tagen iſt es das ſtillere, bequemere Treiben des abgeſchloſ- ſenen Lebens, was die Neigung beſtimmt. Die Gattin ſcheint nur fuͤr den Gatten, die Mutter fuͤr ihre Kinder zu leben, und wirk- lich ſpuͤrt ſich hier noch eine Waͤrme, die anderweitig in jeglichem Verhaͤltniſſe um- ſonſt geſucht wird.
Koͤnnte das allſeitig genuͤgen, forderte das Beſtehen der Geſellſchaft nicht innere Stroͤmungen des Mitempfindens, nicht das Jntereſſe an einem Gemeinſchaftlichen, was ſich untereinander durch tauſendfach getheilte und verzweigte Beziehungen be- dingt, muͤſte nicht jeder leiſten koͤnnen, um genießen zu wollen, traͤfe nicht, ohne Aus- nahme, allen Gliedern der einen Kette, die gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben die Reibungen beweglich zu erhalten, die den elektriſchen Jmpuls gleichzeitig von die-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0234"n="230"/>
welcher zumeiſt verfehlt wird. Das Unbe-<lb/>
queme, bald hier, bald dort ſein zu ſollen,<lb/>
liegt am Tage. Deshalb neigt ſich die Na-<lb/>
tur nach <hirendition="#g">der</hi> Seite, wo die Anziehungskraft<lb/>
am ſtaͤrkſten iſt. Jn unſern Tagen iſt es<lb/>
das ſtillere, bequemere Treiben des abgeſchloſ-<lb/>ſenen Lebens, was die Neigung beſtimmt.<lb/>
Die Gattin ſcheint nur fuͤr den Gatten, die<lb/>
Mutter fuͤr ihre Kinder zu leben, und wirk-<lb/>
lich ſpuͤrt ſich hier noch eine Waͤrme, die<lb/>
anderweitig in jeglichem Verhaͤltniſſe um-<lb/>ſonſt geſucht wird.</p><lb/><p>Koͤnnte das allſeitig genuͤgen, forderte<lb/>
das Beſtehen der Geſellſchaft nicht innere<lb/>
Stroͤmungen des Mitempfindens, nicht das<lb/>
Jntereſſe an einem <hirendition="#g">Gemeinſchaftlichen</hi>,<lb/>
was ſich untereinander durch tauſendfach<lb/>
getheilte und verzweigte Beziehungen be-<lb/>
dingt, muͤſte nicht jeder leiſten <hirendition="#g">koͤnnen</hi>, um<lb/>
genießen zu <hirendition="#g">wollen</hi>, traͤfe nicht, ohne Aus-<lb/>
nahme, allen Gliedern der einen Kette, die<lb/>
gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben<lb/>
die Reibungen beweglich zu erhalten, die<lb/>
den elektriſchen Jmpuls gleichzeitig von die-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[230/0234]
welcher zumeiſt verfehlt wird. Das Unbe-
queme, bald hier, bald dort ſein zu ſollen,
liegt am Tage. Deshalb neigt ſich die Na-
tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft
am ſtaͤrkſten iſt. Jn unſern Tagen iſt es
das ſtillere, bequemere Treiben des abgeſchloſ-
ſenen Lebens, was die Neigung beſtimmt.
Die Gattin ſcheint nur fuͤr den Gatten, die
Mutter fuͤr ihre Kinder zu leben, und wirk-
lich ſpuͤrt ſich hier noch eine Waͤrme, die
anderweitig in jeglichem Verhaͤltniſſe um-
ſonſt geſucht wird.
Koͤnnte das allſeitig genuͤgen, forderte
das Beſtehen der Geſellſchaft nicht innere
Stroͤmungen des Mitempfindens, nicht das
Jntereſſe an einem Gemeinſchaftlichen,
was ſich untereinander durch tauſendfach
getheilte und verzweigte Beziehungen be-
dingt, muͤſte nicht jeder leiſten koͤnnen, um
genießen zu wollen, traͤfe nicht, ohne Aus-
nahme, allen Gliedern der einen Kette, die
gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben
die Reibungen beweglich zu erhalten, die
den elektriſchen Jmpuls gleichzeitig von die-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/234>, abgerufen am 06.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.