Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

welcher zumeist verfehlt wird. Das Unbe-
queme, bald hier, bald dort sein zu sollen,
liegt am Tage. Deshalb neigt sich die Na-
tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft
am stärksten ist. Jn unsern Tagen ist es
das stillere, bequemere Treiben des abgeschlos-
senen Lebens, was die Neigung bestimmt.
Die Gattin scheint nur für den Gatten, die
Mutter für ihre Kinder zu leben, und wirk-
lich spürt sich hier noch eine Wärme, die
anderweitig in jeglichem Verhältnisse um-
sonst gesucht wird.

Könnte das allseitig genügen, forderte
das Bestehen der Gesellschaft nicht innere
Strömungen des Mitempfindens, nicht das
Jnteresse an einem Gemeinschaftlichen,
was sich untereinander durch tausendfach
getheilte und verzweigte Beziehungen be-
dingt, müste nicht jeder leisten können, um
genießen zu wollen, träfe nicht, ohne Aus-
nahme, allen Gliedern der einen Kette, die
gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben
die Reibungen beweglich zu erhalten, die
den elektrischen Jmpuls gleichzeitig von die-

welcher zumeiſt verfehlt wird. Das Unbe-
queme, bald hier, bald dort ſein zu ſollen,
liegt am Tage. Deshalb neigt ſich die Na-
tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft
am ſtaͤrkſten iſt. Jn unſern Tagen iſt es
das ſtillere, bequemere Treiben des abgeſchloſ-
ſenen Lebens, was die Neigung beſtimmt.
Die Gattin ſcheint nur fuͤr den Gatten, die
Mutter fuͤr ihre Kinder zu leben, und wirk-
lich ſpuͤrt ſich hier noch eine Waͤrme, die
anderweitig in jeglichem Verhaͤltniſſe um-
ſonſt geſucht wird.

Koͤnnte das allſeitig genuͤgen, forderte
das Beſtehen der Geſellſchaft nicht innere
Stroͤmungen des Mitempfindens, nicht das
Jntereſſe an einem Gemeinſchaftlichen,
was ſich untereinander durch tauſendfach
getheilte und verzweigte Beziehungen be-
dingt, muͤſte nicht jeder leiſten koͤnnen, um
genießen zu wollen, traͤfe nicht, ohne Aus-
nahme, allen Gliedern der einen Kette, die
gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben
die Reibungen beweglich zu erhalten, die
den elektriſchen Jmpuls gleichzeitig von die-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0234" n="230"/>
welcher zumei&#x017F;t verfehlt wird. Das Unbe-<lb/>
queme, bald hier, bald dort &#x017F;ein zu &#x017F;ollen,<lb/>
liegt am Tage. Deshalb neigt &#x017F;ich die Na-<lb/>
tur nach <hi rendition="#g">der</hi> Seite, wo die Anziehungskraft<lb/>
am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten i&#x017F;t. Jn un&#x017F;ern Tagen i&#x017F;t es<lb/>
das &#x017F;tillere, bequemere Treiben des abge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Lebens, was die Neigung be&#x017F;timmt.<lb/>
Die Gattin &#x017F;cheint nur fu&#x0364;r den Gatten, die<lb/>
Mutter fu&#x0364;r ihre Kinder zu leben, und wirk-<lb/>
lich &#x017F;pu&#x0364;rt &#x017F;ich hier noch eine Wa&#x0364;rme, die<lb/>
anderweitig in jeglichem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e um-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;ucht wird.</p><lb/>
          <p>Ko&#x0364;nnte das all&#x017F;eitig genu&#x0364;gen, forderte<lb/>
das Be&#x017F;tehen der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft nicht innere<lb/>
Stro&#x0364;mungen des Mitempfindens, nicht das<lb/>
Jntere&#x017F;&#x017F;e an einem <hi rendition="#g">Gemein&#x017F;chaftlichen</hi>,<lb/>
was &#x017F;ich untereinander durch tau&#x017F;endfach<lb/>
getheilte und verzweigte Beziehungen be-<lb/>
dingt, mu&#x0364;&#x017F;te nicht jeder lei&#x017F;ten <hi rendition="#g">ko&#x0364;nnen</hi>, um<lb/>
genießen zu <hi rendition="#g">wollen</hi>, tra&#x0364;fe nicht, ohne Aus-<lb/>
nahme, allen Gliedern der einen Kette, die<lb/>
gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben<lb/>
die Reibungen beweglich zu erhalten, die<lb/>
den elektri&#x017F;chen Jmpuls gleichzeitig von die-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0234] welcher zumeiſt verfehlt wird. Das Unbe- queme, bald hier, bald dort ſein zu ſollen, liegt am Tage. Deshalb neigt ſich die Na- tur nach der Seite, wo die Anziehungskraft am ſtaͤrkſten iſt. Jn unſern Tagen iſt es das ſtillere, bequemere Treiben des abgeſchloſ- ſenen Lebens, was die Neigung beſtimmt. Die Gattin ſcheint nur fuͤr den Gatten, die Mutter fuͤr ihre Kinder zu leben, und wirk- lich ſpuͤrt ſich hier noch eine Waͤrme, die anderweitig in jeglichem Verhaͤltniſſe um- ſonſt geſucht wird. Koͤnnte das allſeitig genuͤgen, forderte das Beſtehen der Geſellſchaft nicht innere Stroͤmungen des Mitempfindens, nicht das Jntereſſe an einem Gemeinſchaftlichen, was ſich untereinander durch tauſendfach getheilte und verzweigte Beziehungen be- dingt, muͤſte nicht jeder leiſten koͤnnen, um genießen zu wollen, traͤfe nicht, ohne Aus- nahme, allen Gliedern der einen Kette, die gleiche Verpflichtung, durch inneres Leben die Reibungen beweglich zu erhalten, die den elektriſchen Jmpuls gleichzeitig von die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/234
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/234>, abgerufen am 29.11.2024.