Witz, Hohn, Lästerung, gemeine Klatscherei, immer fühlt sich der gehoben, welcher den Nebenbuhler herunterzieht und einen kurzen Moment den Fuß auf seinen Nacken stellt.
Jch frage: wo werden hierzu nicht Versuche gemacht? Man gehe von dem Mittelpunkt bis zu der äußersten Linie des Kreises durch alle gesellige Jnstitutionen hin- durch, eine gewisse List der Eitelkeit bezeich- net überall ihre Spur durch geheime Um- triebe.
Und ist dem so, entdecken wir dieselbe Triebfeder alles Unrechts im engern Vereine der Familien, ja selbst in der tiefsten Ein- samkeit heilig Verbündeter, mit welchem Recht werfen wir denn den Stein auf die sogenannten Weltkinder, bei denen sich das selbstische Treiben nur äußerlicher und flacher gestaltet?
Diese Fläche wäre vielleicht denn nun gerade der Vorwurf, den man mit Recht den ausgedehntern und größern Cirkeln zu machen gedächte; allein, ich sehe doch auch nicht, daß die Raisonnements am Kaffeetisch
2
Witz, Hohn, Laͤſterung, gemeine Klatſcherei, immer fuͤhlt ſich der gehoben, welcher den Nebenbuhler herunterzieht und einen kurzen Moment den Fuß auf ſeinen Nacken ſtellt.
Jch frage: wo werden hierzu nicht Verſuche gemacht? Man gehe von dem Mittelpunkt bis zu der aͤußerſten Linie des Kreiſes durch alle geſellige Jnſtitutionen hin- durch, eine gewiſſe Liſt der Eitelkeit bezeich- net uͤberall ihre Spur durch geheime Um- triebe.
Und iſt dem ſo, entdecken wir dieſelbe Triebfeder alles Unrechts im engern Vereine der Familien, ja ſelbſt in der tiefſten Ein- ſamkeit heilig Verbuͤndeter, mit welchem Recht werfen wir denn den Stein auf die ſogenannten Weltkinder, bei denen ſich das ſelbſtiſche Treiben nur aͤußerlicher und flacher geſtaltet?
Dieſe Flaͤche waͤre vielleicht denn nun gerade der Vorwurf, den man mit Recht den ausgedehntern und groͤßern Cirkeln zu machen gedaͤchte; allein, ich ſehe doch auch nicht, daß die Raiſonnements am Kaffeetiſch
2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0021"n="17"/>
Witz, Hohn, Laͤſterung, gemeine Klatſcherei,<lb/>
immer fuͤhlt ſich der gehoben, welcher den<lb/>
Nebenbuhler herunterzieht und einen kurzen<lb/>
Moment den Fuß auf ſeinen Nacken ſtellt.</p><lb/><p>Jch frage: <hirendition="#g">wo</hi> werden hierzu nicht<lb/>
Verſuche gemacht? Man gehe von dem<lb/>
Mittelpunkt bis zu der aͤußerſten Linie des<lb/>
Kreiſes durch alle geſellige Jnſtitutionen hin-<lb/>
durch, eine gewiſſe Liſt der Eitelkeit bezeich-<lb/>
net uͤberall ihre Spur durch geheime Um-<lb/>
triebe.</p><lb/><p>Und iſt dem ſo, entdecken wir dieſelbe<lb/>
Triebfeder alles Unrechts im engern Vereine<lb/>
der Familien, ja ſelbſt in der tiefſten Ein-<lb/>ſamkeit heilig Verbuͤndeter, mit welchem<lb/>
Recht werfen wir denn den Stein auf die<lb/>ſogenannten Weltkinder, bei denen ſich das<lb/>ſelbſtiſche Treiben nur <hirendition="#g">aͤußerlicher</hi> und<lb/><hirendition="#g">flacher</hi> geſtaltet?</p><lb/><p>Dieſe Flaͤche waͤre vielleicht denn nun<lb/>
gerade der Vorwurf, den man mit Recht<lb/>
den ausgedehntern und groͤßern Cirkeln zu<lb/>
machen gedaͤchte; allein, ich ſehe doch auch<lb/>
nicht, daß die Raiſonnements am Kaffeetiſch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[17/0021]
Witz, Hohn, Laͤſterung, gemeine Klatſcherei,
immer fuͤhlt ſich der gehoben, welcher den
Nebenbuhler herunterzieht und einen kurzen
Moment den Fuß auf ſeinen Nacken ſtellt.
Jch frage: wo werden hierzu nicht
Verſuche gemacht? Man gehe von dem
Mittelpunkt bis zu der aͤußerſten Linie des
Kreiſes durch alle geſellige Jnſtitutionen hin-
durch, eine gewiſſe Liſt der Eitelkeit bezeich-
net uͤberall ihre Spur durch geheime Um-
triebe.
Und iſt dem ſo, entdecken wir dieſelbe
Triebfeder alles Unrechts im engern Vereine
der Familien, ja ſelbſt in der tiefſten Ein-
ſamkeit heilig Verbuͤndeter, mit welchem
Recht werfen wir denn den Stein auf die
ſogenannten Weltkinder, bei denen ſich das
ſelbſtiſche Treiben nur aͤußerlicher und
flacher geſtaltet?
Dieſe Flaͤche waͤre vielleicht denn nun
gerade der Vorwurf, den man mit Recht
den ausgedehntern und groͤßern Cirkeln zu
machen gedaͤchte; allein, ich ſehe doch auch
nicht, daß die Raiſonnements am Kaffeetiſch
2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/21>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.