Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

wohl alles ein Blendwerk sein könne; und dennoch drang Fernandos Name, den sie doch bestimmt vernommen, immer wieder in ihr herauf und neckte und quälte sie, bis sie verzweifelnd die Augen schloß und die bange Seele dem dumpfen Schlafe hingab.

Nach wenigen Stunden ward es wieder lebendig um sie. Auguste trieb zum frühen Aufbruch an, da sie gern vor Abends das Ziel ihrer Reise erreichen wollte. Sie reisten ab, ohne das mindeste von dem Fremden gehört zu haben, der, nach der Wirthin Aussage, wohl noch tief schlafe. Erst in dem Thore der Residenz trafen sie mit dem Wagen des Unbekannten wieder zusammen, der an ihnen vorüber, in eine Seitengasse hineinfuhr. Luisens Herz klopfte gewaltsam. Die neue Welt schloß sich ihr in einem Augenblick auf, wo alle alte, mühsam niedergekämpfte, Anforderungen an Fernando wieder in ihr erwachten. Jede ungewohnte Erscheinung fiel so gewichtiger in ihr aufgeregtes Innre. Die bunte Menschenmasse wogte in vielfachem Treiben durch die Straßen hin, und zog sie mit in ihr verworrenes Gewühl hinein. Hohe Häuser, geschmückte Läden, weite Plätze, erhabne Kunstwerke, aller Prunk, wie jeder erhöhete Wille des Lebens, redete zu ihr, und überglänzte die bleiche Dürftigkeit und den frostigen Hunger, der langsam neben ihr hinschlich.

wohl alles ein Blendwerk sein könne; und dennoch drang Fernandos Name, den sie doch bestimmt vernommen, immer wieder in ihr herauf und neckte und quälte sie, bis sie verzweifelnd die Augen schloß und die bange Seele dem dumpfen Schlafe hingab.

Nach wenigen Stunden ward es wieder lebendig um sie. Auguste trieb zum frühen Aufbruch an, da sie gern vor Abends das Ziel ihrer Reise erreichen wollte. Sie reisten ab, ohne das mindeste von dem Fremden gehört zu haben, der, nach der Wirthin Aussage, wohl noch tief schlafe. Erst in dem Thore der Residenz trafen sie mit dem Wagen des Unbekannten wieder zusammen, der an ihnen vorüber, in eine Seitengasse hineinfuhr. Luisens Herz klopfte gewaltsam. Die neue Welt schloß sich ihr in einem Augenblick auf, wo alle alte, mühsam niedergekämpfte, Anforderungen an Fernando wieder in ihr erwachten. Jede ungewohnte Erscheinung fiel so gewichtiger in ihr aufgeregtes Innre. Die bunte Menschenmasse wogte in vielfachem Treiben durch die Straßen hin, und zog sie mit in ihr verworrenes Gewühl hinein. Hohe Häuser, geschmückte Läden, weite Plätze, erhabne Kunstwerke, aller Prunk, wie jeder erhöhete Wille des Lebens, redete zu ihr, und überglänzte die bleiche Dürftigkeit und den frostigen Hunger, der langsam neben ihr hinschlich.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0092" n="90"/>
wohl alles ein Blendwerk sein könne; und dennoch drang Fernandos Name, den sie doch bestimmt vernommen, immer wieder in ihr herauf und neckte und quälte sie, bis sie verzweifelnd die Augen schloß und die bange Seele dem dumpfen Schlafe hingab.</p>
        <p>Nach wenigen Stunden ward es wieder lebendig um sie. Auguste trieb zum frühen Aufbruch an, da sie gern vor Abends das Ziel ihrer Reise erreichen wollte. Sie reisten ab, ohne das mindeste von dem Fremden gehört zu haben, der, nach der Wirthin Aussage, wohl noch tief schlafe. Erst in dem Thore der Residenz trafen sie mit dem Wagen des Unbekannten wieder zusammen, der an ihnen vorüber, in eine Seitengasse hineinfuhr. Luisens Herz klopfte gewaltsam. Die neue Welt schloß sich ihr in einem Augenblick auf, wo alle alte, mühsam niedergekämpfte, Anforderungen an Fernando wieder in ihr erwachten. Jede ungewohnte Erscheinung fiel so gewichtiger in ihr aufgeregtes Innre. Die bunte Menschenmasse wogte in vielfachem Treiben durch die Straßen hin, und zog sie mit in ihr verworrenes Gewühl hinein. Hohe Häuser, geschmückte Läden, weite Plätze, erhabne Kunstwerke, aller Prunk, wie jeder erhöhete Wille des Lebens, redete zu ihr, und überglänzte die bleiche Dürftigkeit und den frostigen Hunger, der langsam neben ihr hinschlich.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0092] wohl alles ein Blendwerk sein könne; und dennoch drang Fernandos Name, den sie doch bestimmt vernommen, immer wieder in ihr herauf und neckte und quälte sie, bis sie verzweifelnd die Augen schloß und die bange Seele dem dumpfen Schlafe hingab. Nach wenigen Stunden ward es wieder lebendig um sie. Auguste trieb zum frühen Aufbruch an, da sie gern vor Abends das Ziel ihrer Reise erreichen wollte. Sie reisten ab, ohne das mindeste von dem Fremden gehört zu haben, der, nach der Wirthin Aussage, wohl noch tief schlafe. Erst in dem Thore der Residenz trafen sie mit dem Wagen des Unbekannten wieder zusammen, der an ihnen vorüber, in eine Seitengasse hineinfuhr. Luisens Herz klopfte gewaltsam. Die neue Welt schloß sich ihr in einem Augenblick auf, wo alle alte, mühsam niedergekämpfte, Anforderungen an Fernando wieder in ihr erwachten. Jede ungewohnte Erscheinung fiel so gewichtiger in ihr aufgeregtes Innre. Die bunte Menschenmasse wogte in vielfachem Treiben durch die Straßen hin, und zog sie mit in ihr verworrenes Gewühl hinein. Hohe Häuser, geschmückte Läden, weite Plätze, erhabne Kunstwerke, aller Prunk, wie jeder erhöhete Wille des Lebens, redete zu ihr, und überglänzte die bleiche Dürftigkeit und den frostigen Hunger, der langsam neben ihr hinschlich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/92
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/92>, abgerufen am 03.05.2024.