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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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eignen Geschick ergriffen, welches ihn unwillkürlich zu dem trieb, was er vermeiden wollte, blieb er eine Zeit lang unbeweglich vor ihr stehen, dennoch aber, sich bald darauf fassend, sagte er mit unsichrer Stimme, welche die innre Bewegung seines Gemüthes verrieth: Sie sehn, schöne Luise, wir können einander nicht entfliehn. Da sei Gott vor! rief sie heftig, indem sie eine Bewegung machte, als wolle sie den frechen Ausspruch Lügen strafen. Wo wollen Sie hin? fragte Fernando schmeichelnd. In der Dunkelheit können Sie unmöglich weiter reisen. Luise erinnerte sich, daß sie den Postillon fortgeschickt, und sich, unbewußt, die schmerzlichste Verlegenheit bereitet hatte. Wie gebannt stand sie nun in dem engen Stübchen, von der erwachenden Liebe und allen Schrecknissen ihrer Lage hin und her geworfen. Vor ihr Fernando mit der süßen, lockenden Gestalt, daneben der wahnsinnige Alte, der, mit geschloßnen Augen, wie im Traume, seltsame Töne auf der Cither anschlug. Ihre Sinne schwankten verworren umher. Lassen Sie mich! lassen Sie mich! rief sie wiederholt, als solle Fernando sie frei geben. Luise, sagte dieser sehr ernst, ich fühle was Sie sich, was Sie der Welt schuldig sind, sein Sie versichert, ich fühle das. An mir ist es zu gehn. Ich zögre auch nicht, so bald Sie's wollen. Nur hören Sie mich zuvor einen Augenblick.

eignen Geschick ergriffen, welches ihn unwillkürlich zu dem trieb, was er vermeiden wollte, blieb er eine Zeit lang unbeweglich vor ihr stehen, dennoch aber, sich bald darauf fassend, sagte er mit unsichrer Stimme, welche die innre Bewegung seines Gemüthes verrieth: Sie sehn, schöne Luise, wir können einander nicht entfliehn. Da sei Gott vor! rief sie heftig, indem sie eine Bewegung machte, als wolle sie den frechen Ausspruch Lügen strafen. Wo wollen Sie hin? fragte Fernando schmeichelnd. In der Dunkelheit können Sie unmöglich weiter reisen. Luise erinnerte sich, daß sie den Postillon fortgeschickt, und sich, unbewußt, die schmerzlichste Verlegenheit bereitet hatte. Wie gebannt stand sie nun in dem engen Stübchen, von der erwachenden Liebe und allen Schrecknissen ihrer Lage hin und her geworfen. Vor ihr Fernando mit der süßen, lockenden Gestalt, daneben der wahnsinnige Alte, der, mit geschloßnen Augen, wie im Traume, seltsame Töne auf der Cither anschlug. Ihre Sinne schwankten verworren umher. Lassen Sie mich! lassen Sie mich! rief sie wiederholt, als solle Fernando sie frei geben. Luise, sagte dieser sehr ernst, ich fühle was Sie sich, was Sie der Welt schuldig sind, sein Sie versichert, ich fühle das. An mir ist es zu gehn. Ich zögre auch nicht, so bald Sie’s wollen. Nur hören Sie mich zuvor einen Augenblick.

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eignen Geschick ergriffen, welches ihn unwillkürlich zu dem trieb, was er vermeiden wollte, blieb er eine Zeit lang unbeweglich vor ihr stehen, dennoch aber, sich bald darauf fassend, sagte er mit unsichrer Stimme, welche die innre Bewegung seines Gemüthes verrieth: Sie sehn, schöne Luise, wir können einander nicht entfliehn. Da sei Gott vor! rief sie heftig, indem sie eine Bewegung machte, als wolle sie den frechen Ausspruch Lügen strafen. Wo wollen Sie hin? fragte Fernando schmeichelnd. In der Dunkelheit können Sie unmöglich weiter reisen. Luise erinnerte sich, daß sie den Postillon fortgeschickt, und sich, unbewußt, die schmerzlichste Verlegenheit bereitet hatte. Wie gebannt stand sie nun in dem engen Stübchen, von der erwachenden Liebe und allen Schrecknissen ihrer Lage hin und her geworfen. Vor ihr Fernando mit der süßen, lockenden Gestalt, daneben der wahnsinnige Alte, der, mit geschloßnen Augen, wie im Traume, seltsame Töne auf der Cither anschlug. Ihre Sinne schwankten verworren umher. Lassen Sie mich! lassen Sie mich! rief sie wiederholt, als solle Fernando sie frei geben. Luise, sagte dieser sehr ernst, ich fühle was Sie sich, was Sie der Welt schuldig sind, sein Sie versichert, ich fühle das. An mir ist es zu gehn. Ich zögre auch nicht, so bald Sie&#x2019;s wollen. Nur hören Sie mich zuvor einen Augenblick.
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[47/0049] eignen Geschick ergriffen, welches ihn unwillkürlich zu dem trieb, was er vermeiden wollte, blieb er eine Zeit lang unbeweglich vor ihr stehen, dennoch aber, sich bald darauf fassend, sagte er mit unsichrer Stimme, welche die innre Bewegung seines Gemüthes verrieth: Sie sehn, schöne Luise, wir können einander nicht entfliehn. Da sei Gott vor! rief sie heftig, indem sie eine Bewegung machte, als wolle sie den frechen Ausspruch Lügen strafen. Wo wollen Sie hin? fragte Fernando schmeichelnd. In der Dunkelheit können Sie unmöglich weiter reisen. Luise erinnerte sich, daß sie den Postillon fortgeschickt, und sich, unbewußt, die schmerzlichste Verlegenheit bereitet hatte. Wie gebannt stand sie nun in dem engen Stübchen, von der erwachenden Liebe und allen Schrecknissen ihrer Lage hin und her geworfen. Vor ihr Fernando mit der süßen, lockenden Gestalt, daneben der wahnsinnige Alte, der, mit geschloßnen Augen, wie im Traume, seltsame Töne auf der Cither anschlug. Ihre Sinne schwankten verworren umher. Lassen Sie mich! lassen Sie mich! rief sie wiederholt, als solle Fernando sie frei geben. Luise, sagte dieser sehr ernst, ich fühle was Sie sich, was Sie der Welt schuldig sind, sein Sie versichert, ich fühle das. An mir ist es zu gehn. Ich zögre auch nicht, so bald Sie’s wollen. Nur hören Sie mich zuvor einen Augenblick.

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/49>, abgerufen am 29.03.2024.