Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.mit voller Wahrheit an meine Brust drücken mögen! Kann der Himmel auch die Hölle bergen? Um ein paar vorüberfliegende Sonnenblicke zu erhaschen, gab ich Ruhe und Glück, ja das Leben selbst hin. Denn ist das ein Leben zu nennen, was unaufhörlich das Leben zerreißt? Wie Grabesnacht sehen mich meine Umgebungen an, und drüber hinaus zieht es wie ein buntes Spiel, das nicht zu mir gehört. O Erinnrungen, könnte ich euch ersticken, daß ihr nicht mit euren Zauberklängen die Sinne wach erhieltet! Aber immer, immer werde ich die Stimme hören, die bald schmeichelnd, bald drohend mein Ohr berührte. Sie riß mich fort; ich mußte folgen! Ich muß auch jetzt - O Julius, Julius! das herbste Gift ward Dir durch mich bereitet. Jetzt mußt Du alles wissen, das ist das härteste von allem, ich darf Dich nicht mehr schonen. Ach schonungslos zerriß ich ja Dich wie mich! -" Luise legte das Blatt still vor sich hin. Das also, dachte sie, hat Julius gelesen; so unverstellt lag die Wahrheit da, daß ihm kein Zweifel, ach nicht eine arme Hoffnung übrig blieb. Was kann ich ihm jetzt noch sagen, als daß wir Beide untergehn und einer wie der Andre das Leben beweinen müssen! Sie blieb lange Zeit nachdenkend, als Carl mit voller Wahrheit an meine Brust drücken mögen! Kann der Himmel auch die Hölle bergen? Um ein paar vorüberfliegende Sonnenblicke zu erhaschen, gab ich Ruhe und Glück, ja das Leben selbst hin. Denn ist das ein Leben zu nennen, was unaufhörlich das Leben zerreißt? Wie Grabesnacht sehen mich meine Umgebungen an, und drüber hinaus zieht es wie ein buntes Spiel, das nicht zu mir gehört. O Erinnrungen, könnte ich euch ersticken, daß ihr nicht mit euren Zauberklängen die Sinne wach erhieltet! Aber immer, immer werde ich die Stimme hören, die bald schmeichelnd, bald drohend mein Ohr berührte. Sie riß mich fort; ich mußte folgen! Ich muß auch jetzt – O Julius, Julius! das herbste Gift ward Dir durch mich bereitet. Jetzt mußt Du alles wissen, das ist das härteste von allem, ich darf Dich nicht mehr schonen. Ach schonungslos zerriß ich ja Dich wie mich! –« Luise legte das Blatt still vor sich hin. Das also, dachte sie, hat Julius gelesen; so unverstellt lag die Wahrheit da, daß ihm kein Zweifel, ach nicht eine arme Hoffnung übrig blieb. Was kann ich ihm jetzt noch sagen, als daß wir Beide untergehn und einer wie der Andre das Leben beweinen müssen! Sie blieb lange Zeit nachdenkend, als Carl <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="31"/> mit voller Wahrheit an meine Brust drücken mögen! Kann der Himmel auch die Hölle bergen? Um ein paar vorüberfliegende Sonnenblicke zu erhaschen, gab ich Ruhe und Glück, ja das Leben selbst hin. Denn ist das ein Leben zu nennen, was unaufhörlich das Leben zerreißt? Wie Grabesnacht sehen mich meine Umgebungen an, und drüber hinaus zieht es wie ein buntes Spiel, das nicht zu mir gehört. O Erinnrungen, könnte ich euch ersticken, daß ihr nicht mit euren Zauberklängen die Sinne wach erhieltet! Aber immer, immer werde ich die Stimme hören, die bald schmeichelnd, bald drohend mein Ohr berührte. Sie riß mich fort; ich mußte folgen! Ich muß auch jetzt – O Julius, Julius! das herbste Gift ward Dir durch mich bereitet. Jetzt mußt Du alles wissen, das ist das härteste von allem, ich darf Dich nicht mehr schonen. Ach schonungslos zerriß ich ja Dich wie mich! –«</p> <p>Luise legte das Blatt still vor sich hin. Das also, dachte sie, hat Julius gelesen; so unverstellt lag die Wahrheit da, daß ihm kein Zweifel, ach nicht eine arme Hoffnung übrig blieb. Was kann ich ihm jetzt noch sagen, als daß wir Beide untergehn und einer wie der Andre das Leben beweinen müssen!</p> <p>Sie blieb lange Zeit nachdenkend, als Carl </p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0033]
mit voller Wahrheit an meine Brust drücken mögen! Kann der Himmel auch die Hölle bergen? Um ein paar vorüberfliegende Sonnenblicke zu erhaschen, gab ich Ruhe und Glück, ja das Leben selbst hin. Denn ist das ein Leben zu nennen, was unaufhörlich das Leben zerreißt? Wie Grabesnacht sehen mich meine Umgebungen an, und drüber hinaus zieht es wie ein buntes Spiel, das nicht zu mir gehört. O Erinnrungen, könnte ich euch ersticken, daß ihr nicht mit euren Zauberklängen die Sinne wach erhieltet! Aber immer, immer werde ich die Stimme hören, die bald schmeichelnd, bald drohend mein Ohr berührte. Sie riß mich fort; ich mußte folgen! Ich muß auch jetzt – O Julius, Julius! das herbste Gift ward Dir durch mich bereitet. Jetzt mußt Du alles wissen, das ist das härteste von allem, ich darf Dich nicht mehr schonen. Ach schonungslos zerriß ich ja Dich wie mich! –«
Luise legte das Blatt still vor sich hin. Das also, dachte sie, hat Julius gelesen; so unverstellt lag die Wahrheit da, daß ihm kein Zweifel, ach nicht eine arme Hoffnung übrig blieb. Was kann ich ihm jetzt noch sagen, als daß wir Beide untergehn und einer wie der Andre das Leben beweinen müssen!
Sie blieb lange Zeit nachdenkend, als Carl
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/33>, abgerufen am 16.07.2024. |