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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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"Was bedeutet die Angst, die mich bei des Fremden Anblick, ja bei seinem Nahmen, befällt! Alte Sagen sprechen viel vom Basilisken, dessen Blick vergiftend die fremde Brust berührt. Ich spüre etwas Aehnliches. Der seine zieht mein Herz zusammen. Und warum? Julius liebt ihn, er ist sein Freund. Was geht mich alles andre an! Und dennoch! Mir ist so bang, so wehmüthig! Ich möchte weinen über die schöne stille Zeit, die so rasch verflossen und so widrig gestört ist!

Kann die Natur auch lügen, oder sich in sich selbst widersprechen? Wozu all die Schönheit und Fülle und Herrlichkeit des Geistes, wenn alles ein Gaukelspiel ist und die Sünde und Arglist im Hinterhalt lauern! Ich war auch wohl nur eine Thörin! Das Fremde berührte mich vielleicht nur fremd. Ich werde mich versöhnen lernen.

Nein, nein, es ist vergebens! Ich finde nirgend Ruhe. Es peinigt mich die innre Unsicherheit und die wechselnden Eindrücke, die mich hin und her werfen zwischen Haß und Wohlwollen. Zuweilen besänftigt mich die leise, schmeichelnde Stimme, es wird still in mir, ich vergesse mich selbst und höre aufmerksam auf die Begebenheiten eines reichen Lebens. Dann fährt das Lächeln, das höhnende Lächeln, schneidend durch

»Was bedeutet die Angst, die mich bei des Fremden Anblick, ja bei seinem Nahmen, befällt! Alte Sagen sprechen viel vom Basilisken, dessen Blick vergiftend die fremde Brust berührt. Ich spüre etwas Aehnliches. Der seine zieht mein Herz zusammen. Und warum? Julius liebt ihn, er ist sein Freund. Was geht mich alles andre an! Und dennoch! Mir ist so bang, so wehmüthig! Ich möchte weinen über die schöne stille Zeit, die so rasch verflossen und so widrig gestört ist!

Kann die Natur auch lügen, oder sich in sich selbst widersprechen? Wozu all die Schönheit und Fülle und Herrlichkeit des Geistes, wenn alles ein Gaukelspiel ist und die Sünde und Arglist im Hinterhalt lauern! Ich war auch wohl nur eine Thörin! Das Fremde berührte mich vielleicht nur fremd. Ich werde mich versöhnen lernen.

Nein, nein, es ist vergebens! Ich finde nirgend Ruhe. Es peinigt mich die innre Unsicherheit und die wechselnden Eindrücke, die mich hin und her werfen zwischen Haß und Wohlwollen. Zuweilen besänftigt mich die leise, schmeichelnde Stimme, es wird still in mir, ich vergesse mich selbst und höre aufmerksam auf die Begebenheiten eines reichen Lebens. Dann fährt das Lächeln, das höhnende Lächeln, schneidend durch

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[28/0030] »Was bedeutet die Angst, die mich bei des Fremden Anblick, ja bei seinem Nahmen, befällt! Alte Sagen sprechen viel vom Basilisken, dessen Blick vergiftend die fremde Brust berührt. Ich spüre etwas Aehnliches. Der seine zieht mein Herz zusammen. Und warum? Julius liebt ihn, er ist sein Freund. Was geht mich alles andre an! Und dennoch! Mir ist so bang, so wehmüthig! Ich möchte weinen über die schöne stille Zeit, die so rasch verflossen und so widrig gestört ist! Kann die Natur auch lügen, oder sich in sich selbst widersprechen? Wozu all die Schönheit und Fülle und Herrlichkeit des Geistes, wenn alles ein Gaukelspiel ist und die Sünde und Arglist im Hinterhalt lauern! Ich war auch wohl nur eine Thörin! Das Fremde berührte mich vielleicht nur fremd. Ich werde mich versöhnen lernen. Nein, nein, es ist vergebens! Ich finde nirgend Ruhe. Es peinigt mich die innre Unsicherheit und die wechselnden Eindrücke, die mich hin und her werfen zwischen Haß und Wohlwollen. Zuweilen besänftigt mich die leise, schmeichelnde Stimme, es wird still in mir, ich vergesse mich selbst und höre aufmerksam auf die Begebenheiten eines reichen Lebens. Dann fährt das Lächeln, das höhnende Lächeln, schneidend durch

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/30>, abgerufen am 19.04.2024.