Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.dessen Selbstständigkeit sie nie anerkennen, dessen höhere Natur sie sich gern verbergen, um der gewöhnlichsten und natürlichsten Rücksichten überhoben zu sein. Da es denn nun überall auf die Aufopferung unsrer selbst angesehen ist, was zaudern wir, dies Opfer da zu bringen, wo wir in der Bewahrung und dem Heilighalten der Liebe uns vor uns selbst bewahren? Ich wenigstens bin resignirt, und kann mich in dieser Resignation nur mit mir und meinem Vergehn aussöhnen. Du bringst Dich also der Liebe und nicht dem Geliebten zum Opfer? fragte Luise. Sage mir, erwiederte jene, wie soll ich die eine ohne den andren denken, ohne auf immer mit meinem Gewissen zu zerfallen? Soll ich um ein Geringeres, als die höchste Bedingung meines Lebens, Schwur und Pflicht verletzt haben? Und wenn ich mich täuschte, war es nicht die Liebe, welche den Zauber hervorrief? Aber es ist falsch, daß die Liebe uns täusche. Sie, das einzig, ewig Wahre, zeigt uns die Menschen allein wie sie sind. Von ihr durchdrungen, haben sie für Momente wirklich erreicht, wonach sie, früher und später, durch den ganzen Kreislauf eines langen, beschwerlichen Lebens ringen. Nur wie die Außenwelt wieder nach ihnen greift und ihre Täuschungen auf sie zurückwirft, sinkt die Liebe in die stille Nacht dessen Selbstständigkeit sie nie anerkennen, dessen höhere Natur sie sich gern verbergen, um der gewöhnlichsten und natürlichsten Rücksichten überhoben zu sein. Da es denn nun überall auf die Aufopferung unsrer selbst angesehen ist, was zaudern wir, dies Opfer da zu bringen, wo wir in der Bewahrung und dem Heilighalten der Liebe uns vor uns selbst bewahren? Ich wenigstens bin resignirt, und kann mich in dieser Resignation nur mit mir und meinem Vergehn aussöhnen. Du bringst Dich also der Liebe und nicht dem Geliebten zum Opfer? fragte Luise. Sage mir, erwiederte jene, wie soll ich die eine ohne den andren denken, ohne auf immer mit meinem Gewissen zu zerfallen? Soll ich um ein Geringeres, als die höchste Bedingung meines Lebens, Schwur und Pflicht verletzt haben? Und wenn ich mich täuschte, war es nicht die Liebe, welche den Zauber hervorrief? Aber es ist falsch, daß die Liebe uns täusche. Sie, das einzig, ewig Wahre, zeigt uns die Menschen allein wie sie sind. Von ihr durchdrungen, haben sie für Momente wirklich erreicht, wonach sie, früher und später, durch den ganzen Kreislauf eines langen, beschwerlichen Lebens ringen. Nur wie die Außenwelt wieder nach ihnen greift und ihre Täuschungen auf sie zurückwirft, sinkt die Liebe in die stille Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="130"/> dessen Selbstständigkeit sie nie anerkennen, dessen höhere Natur sie sich gern verbergen, um der gewöhnlichsten und natürlichsten Rücksichten überhoben zu sein. Da es denn nun überall auf die Aufopferung unsrer selbst angesehen ist, was zaudern wir, dies Opfer da zu bringen, wo wir in der Bewahrung und dem Heilighalten der Liebe uns vor uns selbst bewahren? Ich wenigstens bin resignirt, und kann mich in dieser Resignation nur mit mir und meinem Vergehn aussöhnen.</p> <p>Du bringst Dich also der Liebe und nicht dem Geliebten zum Opfer? fragte Luise.</p> <p>Sage mir, erwiederte jene, wie soll ich die eine ohne den andren denken, ohne auf immer mit meinem Gewissen zu zerfallen? Soll ich um ein Geringeres, als die höchste Bedingung meines Lebens, Schwur und Pflicht verletzt haben? Und wenn ich mich täuschte, war es nicht die Liebe, welche den Zauber hervorrief? Aber es ist falsch, daß die Liebe uns täusche. Sie, das einzig, ewig Wahre, zeigt uns die Menschen allein wie sie sind. Von ihr durchdrungen, haben sie für Momente wirklich erreicht, wonach sie, früher und später, durch den ganzen Kreislauf eines langen, beschwerlichen Lebens ringen. Nur wie die Außenwelt wieder nach ihnen greift und ihre Täuschungen auf sie zurückwirft, sinkt die Liebe in die stille Nacht </p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0132]
dessen Selbstständigkeit sie nie anerkennen, dessen höhere Natur sie sich gern verbergen, um der gewöhnlichsten und natürlichsten Rücksichten überhoben zu sein. Da es denn nun überall auf die Aufopferung unsrer selbst angesehen ist, was zaudern wir, dies Opfer da zu bringen, wo wir in der Bewahrung und dem Heilighalten der Liebe uns vor uns selbst bewahren? Ich wenigstens bin resignirt, und kann mich in dieser Resignation nur mit mir und meinem Vergehn aussöhnen.
Du bringst Dich also der Liebe und nicht dem Geliebten zum Opfer? fragte Luise.
Sage mir, erwiederte jene, wie soll ich die eine ohne den andren denken, ohne auf immer mit meinem Gewissen zu zerfallen? Soll ich um ein Geringeres, als die höchste Bedingung meines Lebens, Schwur und Pflicht verletzt haben? Und wenn ich mich täuschte, war es nicht die Liebe, welche den Zauber hervorrief? Aber es ist falsch, daß die Liebe uns täusche. Sie, das einzig, ewig Wahre, zeigt uns die Menschen allein wie sie sind. Von ihr durchdrungen, haben sie für Momente wirklich erreicht, wonach sie, früher und später, durch den ganzen Kreislauf eines langen, beschwerlichen Lebens ringen. Nur wie die Außenwelt wieder nach ihnen greift und ihre Täuschungen auf sie zurückwirft, sinkt die Liebe in die stille Nacht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid
(2013-03-15T15:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-15T15:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |