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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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an, die mit tausend Händen nach uns greift und uns ohne Leben und Bewegung in ihren Banden gefesselt hält. Viele schmachten, sich selbst unbewußt, in diesem Zustande, indeß Andre den innren Funken im eignen Dunstkreis ersticken und sich überreden, Eines sei wie das Andre und das Nächste das Beste. Eines ist wie das Andre, sagte Werner kalt; der Rangstreit, dächte ich, wäre lange abgemacht. Freilich, erwiederte der Professor, durch diesen Widerspruch schnell aufgeregt, freilich alles ist schön und herrlich, wie es der wache Sinn erkannt und geprüft in sich trägt, aber das innre Licht soll in tausend Blitzen durch den festen Kern glühen und ihn überstralen, daß man es inne werde, welch ein Geist hier waltet. In der Liebe, sagte Reinhold, Emiliens Hand, die er noch immer in der seinigen hielt, sanft drückend, wird das jedem anschaulich. Alles ist ihr Zeichen, Hindeutung überschwenglicher Fülle; unter ihrer Berührung erweitert sich das beschränkteste Dasein und ruft Kräfte hervor, die sonst wohl ewig schliefen. Bei den Mehrsten, fiel der Engländer ein, währt dieser Zustand des innern Wachens nur nicht lange. Sie sinken sogleich in den vorigen Traum von Leben und Thätigkeit zurück und blicken höchst vornehm auf die wenigen lichten Punkte ihrer dunklen Wirksamkeit. Wer es nicht scheut, fuhr er fort, in sich

an, die mit tausend Händen nach uns greift und uns ohne Leben und Bewegung in ihren Banden gefesselt hält. Viele schmachten, sich selbst unbewußt, in diesem Zustande, indeß Andre den innren Funken im eignen Dunstkreis ersticken und sich überreden, Eines sei wie das Andre und das Nächste das Beste. Eines ist wie das Andre, sagte Werner kalt; der Rangstreit, dächte ich, wäre lange abgemacht. Freilich, erwiederte der Professor, durch diesen Widerspruch schnell aufgeregt, freilich alles ist schön und herrlich, wie es der wache Sinn erkannt und geprüft in sich trägt, aber das innre Licht soll in tausend Blitzen durch den festen Kern glühen und ihn überstralen, daß man es inne werde, welch ein Geist hier waltet. In der Liebe, sagte Reinhold, Emiliens Hand, die er noch immer in der seinigen hielt, sanft drückend, wird das jedem anschaulich. Alles ist ihr Zeichen, Hindeutung überschwenglicher Fülle; unter ihrer Berührung erweitert sich das beschränkteste Dasein und ruft Kräfte hervor, die sonst wohl ewig schliefen. Bei den Mehrsten, fiel der Engländer ein, währt dieser Zustand des innern Wachens nur nicht lange. Sie sinken sogleich in den vorigen Traum von Leben und Thätigkeit zurück und blicken höchst vornehm auf die wenigen lichten Punkte ihrer dunklen Wirksamkeit. Wer es nicht scheut, fuhr er fort, in sich

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[78/0086] an, die mit tausend Händen nach uns greift und uns ohne Leben und Bewegung in ihren Banden gefesselt hält. Viele schmachten, sich selbst unbewußt, in diesem Zustande, indeß Andre den innren Funken im eignen Dunstkreis ersticken und sich überreden, Eines sei wie das Andre und das Nächste das Beste. Eines ist wie das Andre, sagte Werner kalt; der Rangstreit, dächte ich, wäre lange abgemacht. Freilich, erwiederte der Professor, durch diesen Widerspruch schnell aufgeregt, freilich alles ist schön und herrlich, wie es der wache Sinn erkannt und geprüft in sich trägt, aber das innre Licht soll in tausend Blitzen durch den festen Kern glühen und ihn überstralen, daß man es inne werde, welch ein Geist hier waltet. In der Liebe, sagte Reinhold, Emiliens Hand, die er noch immer in der seinigen hielt, sanft drückend, wird das jedem anschaulich. Alles ist ihr Zeichen, Hindeutung überschwenglicher Fülle; unter ihrer Berührung erweitert sich das beschränkteste Dasein und ruft Kräfte hervor, die sonst wohl ewig schliefen. Bei den Mehrsten, fiel der Engländer ein, währt dieser Zustand des innern Wachens nur nicht lange. Sie sinken sogleich in den vorigen Traum von Leben und Thätigkeit zurück und blicken höchst vornehm auf die wenigen lichten Punkte ihrer dunklen Wirksamkeit. Wer es nicht scheut, fuhr er fort, in sich

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/86>, abgerufen am 04.05.2024.