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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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meiner Kindheit tritt vertraulich kosend auf mich zu; ich zürne über meinen Hochmuth, über meinen Spott, und lösche mit linden Thränen Rodrichs und meine Fehler zugleich aus. Gottlob! rief Auguste, das ist doch etwas Andres, als der bloße Verstand, das empfind' und begreife ich zugleich! Luise blickte zufrieden auf das edle Gesicht des jungen Mannes, das eine fromme, fast demüthige, Rührung überzog. Lieber Reinhold, hub Werner an, Sie sagten mit Unrecht, daß Ihre poetische Ergießungen wie ein Friedensbote durch jene Urtheile hingingen; sie gehen darüber hin und schwemmen die einfache Wahrheit derselben in ein unsichres Rauschen der Gefühle weg. O! nichts weiter, sagte Auguste ungeduldig, wir wollen uns lieber auf dem warmen Strom seiner Gefühle hin und her schwingen, als mühsam an Ihre Weisheit hinanklimmen! Die Baronin, der das Gespräch schon lange nicht angenehm war, weil es durch seinen Gegenstand kein allgemeines Interesse gewinnen konnte, schlug der Gesellschaft einen Spaziergang vor, und man machte sich bereits auf den Weg, als Herr Aaron, wie vor sich selbst redend, bemerkte, daß man dem Buch zu viel gethan habe, da es doch wirklich mehrere glückliche Momente und eine große Pracht und Reichthum der Phantasie enthalte. Ich lasse mich hängen, flüsterte

meiner Kindheit tritt vertraulich kosend auf mich zu; ich zürne über meinen Hochmuth, über meinen Spott, und lösche mit linden Thränen Rodrichs und meine Fehler zugleich aus. Gottlob! rief Auguste, das ist doch etwas Andres, als der bloße Verstand, das empfind’ und begreife ich zugleich! Luise blickte zufrieden auf das edle Gesicht des jungen Mannes, das eine fromme, fast demüthige, Rührung überzog. Lieber Reinhold, hub Werner an, Sie sagten mit Unrecht, daß Ihre poetische Ergießungen wie ein Friedensbote durch jene Urtheile hingingen; sie gehen darüber hin und schwemmen die einfache Wahrheit derselben in ein unsichres Rauschen der Gefühle weg. O! nichts weiter, sagte Auguste ungeduldig, wir wollen uns lieber auf dem warmen Strom seiner Gefühle hin und her schwingen, als mühsam an Ihre Weisheit hinanklimmen! Die Baronin, der das Gespräch schon lange nicht angenehm war, weil es durch seinen Gegenstand kein allgemeines Interesse gewinnen konnte, schlug der Gesellschaft einen Spaziergang vor, und man machte sich bereits auf den Weg, als Herr Aaron, wie vor sich selbst redend, bemerkte, daß man dem Buch zu viel gethan habe, da es doch wirklich mehrere glückliche Momente und eine große Pracht und Reichthum der Phantasie enthalte. Ich lasse mich hängen, flüsterte

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[72/0080] meiner Kindheit tritt vertraulich kosend auf mich zu; ich zürne über meinen Hochmuth, über meinen Spott, und lösche mit linden Thränen Rodrichs und meine Fehler zugleich aus. Gottlob! rief Auguste, das ist doch etwas Andres, als der bloße Verstand, das empfind’ und begreife ich zugleich! Luise blickte zufrieden auf das edle Gesicht des jungen Mannes, das eine fromme, fast demüthige, Rührung überzog. Lieber Reinhold, hub Werner an, Sie sagten mit Unrecht, daß Ihre poetische Ergießungen wie ein Friedensbote durch jene Urtheile hingingen; sie gehen darüber hin und schwemmen die einfache Wahrheit derselben in ein unsichres Rauschen der Gefühle weg. O! nichts weiter, sagte Auguste ungeduldig, wir wollen uns lieber auf dem warmen Strom seiner Gefühle hin und her schwingen, als mühsam an Ihre Weisheit hinanklimmen! Die Baronin, der das Gespräch schon lange nicht angenehm war, weil es durch seinen Gegenstand kein allgemeines Interesse gewinnen konnte, schlug der Gesellschaft einen Spaziergang vor, und man machte sich bereits auf den Weg, als Herr Aaron, wie vor sich selbst redend, bemerkte, daß man dem Buch zu viel gethan habe, da es doch wirklich mehrere glückliche Momente und eine große Pracht und Reichthum der Phantasie enthalte. Ich lasse mich hängen, flüsterte

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/80>, abgerufen am 04.05.2024.