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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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Genüsse der Menschen, und ist bemüht uns durch die Früchte seines Witzes die Augen zu öffnen. Ich wiederhole nur, erwiederte jener, gleichgültig mit seinen Lünetten spielend, die er eben abgenommen hatte, um Emiliens Stickerei genauer zu betrachten, ich wiederhole nur, was die öffentlichen Blätter sagen. Ein von der gnädigen Frau beschütztes Buch, Rodrich, ist darin wie ein Rezept zu einer Torte zerlegt, so und so viel Orangenblüthen, Citronen nach Belieben, mehrere poetische Süßigkeiten, einige ergreifende Scenen als pikante Gewürze, und zuletzt zur Dekoration die Gruppe des Laokoon. Was meinen Sie dazu, Herr Professor, unterbrach ihn die Dame heftig, sich zu demjenigen wendend, welchen sie zuvor anredete, ich bitte Sie, was heißt das? -- So viel als nichts, erwiederte dieser, das könnte man so ziemlich von den mehrsten Romanen sagen, die im Süden spielen; das bezeichnet äußre Zufälligkeiten, die keinesweges die Idee des Ganzen darstellen. Allein wer diese richtig auffaßt und sie angreift, ist meiner Meinung. -- Werner lachte in sich. Ihrer Meinung? wiederholte die hübsche kleine Frau ganz betroffen, und stand von ihrem Stuhl auf, als wolle sie jenes nachtheilige Urtheil fliehn. Räume ihnen nicht das Feld, liebe Auguste! rief Emilie, vertheidige den armen Rodrich, Du weißt wohl -- Gnädige Frau, hub der Professor

Genüsse der Menschen, und ist bemüht uns durch die Früchte seines Witzes die Augen zu öffnen. Ich wiederhole nur, erwiederte jener, gleichgültig mit seinen Lünetten spielend, die er eben abgenommen hatte, um Emiliens Stickerei genauer zu betrachten, ich wiederhole nur, was die öffentlichen Blätter sagen. Ein von der gnädigen Frau beschütztes Buch, Rodrich, ist darin wie ein Rezept zu einer Torte zerlegt, so und so viel Orangenblüthen, Citronen nach Belieben, mehrere poetische Süßigkeiten, einige ergreifende Scenen als pikante Gewürze, und zuletzt zur Dekoration die Gruppe des Laokoon. Was meinen Sie dazu, Herr Professor, unterbrach ihn die Dame heftig, sich zu demjenigen wendend, welchen sie zuvor anredete, ich bitte Sie, was heißt das? — So viel als nichts, erwiederte dieser, das könnte man so ziemlich von den mehrsten Romanen sagen, die im Süden spielen; das bezeichnet äußre Zufälligkeiten, die keinesweges die Idee des Ganzen darstellen. Allein wer diese richtig auffaßt und sie angreift, ist meiner Meinung. — Werner lachte in sich. Ihrer Meinung? wiederholte die hübsche kleine Frau ganz betroffen, und stand von ihrem Stuhl auf, als wolle sie jenes nachtheilige Urtheil fliehn. Räume ihnen nicht das Feld, liebe Auguste! rief Emilie, vertheidige den armen Rodrich, Du weißt wohl — Gnädige Frau, hub der Professor

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Genüsse der Menschen, und ist bemüht uns durch die Früchte seines Witzes die Augen zu öffnen. Ich wiederhole nur, erwiederte jener, gleichgültig mit seinen Lünetten spielend, die er eben abgenommen hatte, um Emiliens Stickerei genauer zu betrachten, ich wiederhole nur, was die öffentlichen Blätter sagen. Ein von der gnädigen Frau beschütztes Buch, <hi rendition="#g">Rodrich</hi>, ist darin wie ein Rezept zu einer Torte zerlegt, so und so viel Orangenblüthen, Citronen nach Belieben, mehrere poetische Süßigkeiten, einige ergreifende Scenen als pikante Gewürze, und zuletzt zur Dekoration die Gruppe des Laokoon. Was meinen Sie dazu, Herr Professor, unterbrach ihn die Dame heftig, sich zu demjenigen wendend, welchen sie zuvor anredete, ich bitte Sie, was heißt das? &#x2014; So viel als nichts, erwiederte dieser, das könnte man so ziemlich von den mehrsten Romanen sagen, die im Süden spielen; das bezeichnet äußre Zufälligkeiten, die keinesweges die Idee des Ganzen darstellen. Allein wer diese richtig auffaßt und sie angreift, ist meiner Meinung. &#x2014; Werner lachte in sich. Ihrer Meinung? wiederholte die hübsche kleine Frau ganz betroffen, und stand von ihrem Stuhl auf, als wolle sie jenes nachtheilige Urtheil fliehn. Räume ihnen nicht das Feld, liebe Auguste! rief Emilie, vertheidige den armen Rodrich, Du weißt wohl &#x2014; Gnädige Frau, hub der Professor
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[69/0077] Genüsse der Menschen, und ist bemüht uns durch die Früchte seines Witzes die Augen zu öffnen. Ich wiederhole nur, erwiederte jener, gleichgültig mit seinen Lünetten spielend, die er eben abgenommen hatte, um Emiliens Stickerei genauer zu betrachten, ich wiederhole nur, was die öffentlichen Blätter sagen. Ein von der gnädigen Frau beschütztes Buch, Rodrich, ist darin wie ein Rezept zu einer Torte zerlegt, so und so viel Orangenblüthen, Citronen nach Belieben, mehrere poetische Süßigkeiten, einige ergreifende Scenen als pikante Gewürze, und zuletzt zur Dekoration die Gruppe des Laokoon. Was meinen Sie dazu, Herr Professor, unterbrach ihn die Dame heftig, sich zu demjenigen wendend, welchen sie zuvor anredete, ich bitte Sie, was heißt das? — So viel als nichts, erwiederte dieser, das könnte man so ziemlich von den mehrsten Romanen sagen, die im Süden spielen; das bezeichnet äußre Zufälligkeiten, die keinesweges die Idee des Ganzen darstellen. Allein wer diese richtig auffaßt und sie angreift, ist meiner Meinung. — Werner lachte in sich. Ihrer Meinung? wiederholte die hübsche kleine Frau ganz betroffen, und stand von ihrem Stuhl auf, als wolle sie jenes nachtheilige Urtheil fliehn. Räume ihnen nicht das Feld, liebe Auguste! rief Emilie, vertheidige den armen Rodrich, Du weißt wohl — Gnädige Frau, hub der Professor

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/77>, abgerufen am 27.11.2024.