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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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Vorurtheile hält man doch in dem Hause gewaltig auf den alten Erbadel, als ein Ueberbleibsel des Ritterthums, das jetzt wieder bei den Gelehrten in Ansehn kommt.

Sie hatten indeß mehrere Meilen zurückgelegt, und sahen nun von fern das Ziel ihrer Reise, ein schönes, im modernen Styl erbautes Landhaus, von hohen italienischen Pappeln und Schwarztannen beschattet. Unmittelbar daran schloß sich ein englischer Garten, an welchem sie jetzt vorüberfuhren, und die Gesellschaft auf einem frischen Rasenplatz, zwischen verschiednen Gruppen ausländischer Bäume, beim Thee versammelt fanden. Luise bemerkte zuerst eine junge Blondine, die mit gefälligem Wesen zu mehrern jungen Männern redete und sie fast allein zu beschäftigen schien, während sie nachlässig mit ihnen unter den Bäumen hin und her ging. Ihr Haar war vorzüglich schön geordnet und schmiegte sich lockig an die weichen Umrisse des Gesichtes. Das ist Emilie, rief Carl, der werden die Poeten auch noch den Kopf verrücken! Der hübsche, junge Mann an ihrer Seite ist jener Offizier, von welchem ich ihnen zuvor sprach, ein Herr von Stein, in der Gelehrtenwelt Reinhold genannt; ihm zunächst geht ein Engländer mit einem Juden, der ihm die deutsche Dichtkunst um ein Billiges abläßt. -- Hier trat ihnen die Baronin, von ihrer

Vorurtheile hält man doch in dem Hause gewaltig auf den alten Erbadel, als ein Ueberbleibsel des Ritterthums, das jetzt wieder bei den Gelehrten in Ansehn kommt.

Sie hatten indeß mehrere Meilen zurückgelegt, und sahen nun von fern das Ziel ihrer Reise, ein schönes, im modernen Styl erbautes Landhaus, von hohen italienischen Pappeln und Schwarztannen beschattet. Unmittelbar daran schloß sich ein englischer Garten, an welchem sie jetzt vorüberfuhren, und die Gesellschaft auf einem frischen Rasenplatz, zwischen verschiednen Gruppen ausländischer Bäume, beim Thee versammelt fanden. Luise bemerkte zuerst eine junge Blondine, die mit gefälligem Wesen zu mehrern jungen Männern redete und sie fast allein zu beschäftigen schien, während sie nachlässig mit ihnen unter den Bäumen hin und her ging. Ihr Haar war vorzüglich schön geordnet und schmiegte sich lockig an die weichen Umrisse des Gesichtes. Das ist Emilie, rief Carl, der werden die Poeten auch noch den Kopf verrücken! Der hübsche, junge Mann an ihrer Seite ist jener Offizier, von welchem ich ihnen zuvor sprach, ein Herr von Stein, in der Gelehrtenwelt Reinhold genannt; ihm zunächst geht ein Engländer mit einem Juden, der ihm die deutsche Dichtkunst um ein Billiges abläßt. — Hier trat ihnen die Baronin, von ihrer

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[67/0075] Vorurtheile hält man doch in dem Hause gewaltig auf den alten Erbadel, als ein Ueberbleibsel des Ritterthums, das jetzt wieder bei den Gelehrten in Ansehn kommt. Sie hatten indeß mehrere Meilen zurückgelegt, und sahen nun von fern das Ziel ihrer Reise, ein schönes, im modernen Styl erbautes Landhaus, von hohen italienischen Pappeln und Schwarztannen beschattet. Unmittelbar daran schloß sich ein englischer Garten, an welchem sie jetzt vorüberfuhren, und die Gesellschaft auf einem frischen Rasenplatz, zwischen verschiednen Gruppen ausländischer Bäume, beim Thee versammelt fanden. Luise bemerkte zuerst eine junge Blondine, die mit gefälligem Wesen zu mehrern jungen Männern redete und sie fast allein zu beschäftigen schien, während sie nachlässig mit ihnen unter den Bäumen hin und her ging. Ihr Haar war vorzüglich schön geordnet und schmiegte sich lockig an die weichen Umrisse des Gesichtes. Das ist Emilie, rief Carl, der werden die Poeten auch noch den Kopf verrücken! Der hübsche, junge Mann an ihrer Seite ist jener Offizier, von welchem ich ihnen zuvor sprach, ein Herr von Stein, in der Gelehrtenwelt Reinhold genannt; ihm zunächst geht ein Engländer mit einem Juden, der ihm die deutsche Dichtkunst um ein Billiges abläßt. — Hier trat ihnen die Baronin, von ihrer

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/75>, abgerufen am 04.05.2024.