Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Warum nicht? fragte eine etwas rauhe Stimme. Es war Anton, den ich zum erstenmal in meinem Leben sah. Ich schämte mich, vor einem fremden Menschen zu klagen, und schwieg. Er mochte wohl was Arges denken, denn er wandte sich ab, als wolle er gehn, da sagte ich ihm, daß ich zu arm sei, um mir anständige Kleider zu kaufen, und so abgerissen nicht neben Andren sitzen wolle. Er schüttelte den Kopf, drückte mir aber doch ein blankes Stück Geld in die Hand und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich begegnete ihm nach der Zeit oft. Er grüßte jedesmal und sah mir lange nach, wenn ich die Straßen entlang schwere Lasten für geringen Lohn tragen mußte. Einmal bot er mir die Hand, erzählte mir, daß er einen kleinen Posten, ein Häuschen unb eine Strecke Landes zu einem Garten bekommen habe, hier draußen ganz allein wohne, und mich, da er höre, daß ich fromm und ehrlich sei, frage, ob ich mit ihm hinausziehn und als seine Frau bei ihm leben wolle? Ich fiel wie aus den Wolken, besah mich selbst verwundert, und wußte nicht, was ich denken sollte. Er merkte wohl, daß ich nicht nein sagen würde, und redete nun weitläuftiger über alles. Wir wurden bald einig; ich hatte von da an keinen Willen als den seinen, und hörte und sah auch überdem nichts, da mir das Häuschen und der Garten immer vor Augen Warum nicht? fragte eine etwas rauhe Stimme. Es war Anton, den ich zum erstenmal in meinem Leben sah. Ich schämte mich, vor einem fremden Menschen zu klagen, und schwieg. Er mochte wohl was Arges denken, denn er wandte sich ab, als wolle er gehn, da sagte ich ihm, daß ich zu arm sei, um mir anständige Kleider zu kaufen, und so abgerissen nicht neben Andren sitzen wolle. Er schüttelte den Kopf, drückte mir aber doch ein blankes Stück Geld in die Hand und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich begegnete ihm nach der Zeit oft. Er grüßte jedesmal und sah mir lange nach, wenn ich die Straßen entlang schwere Lasten für geringen Lohn tragen mußte. Einmal bot er mir die Hand, erzählte mir, daß er einen kleinen Posten, ein Häuschen unb eine Strecke Landes zu einem Garten bekommen habe, hier draußen ganz allein wohne, und mich, da er höre, daß ich fromm und ehrlich sei, frage, ob ich mit ihm hinausziehn und als seine Frau bei ihm leben wolle? Ich fiel wie aus den Wolken, besah mich selbst verwundert, und wußte nicht, was ich denken sollte. Er merkte wohl, daß ich nicht nein sagen würde, und redete nun weitläuftiger über alles. Wir wurden bald einig; ich hatte von da an keinen Willen als den seinen, und hörte und sah auch überdem nichts, da mir das Häuschen und der Garten immer vor Augen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="57"/> Warum nicht? fragte eine etwas rauhe Stimme. Es war Anton, den ich zum erstenmal in meinem Leben sah. Ich schämte mich, vor einem fremden Menschen zu klagen, und schwieg. Er mochte wohl was Arges denken, denn er wandte sich ab, als wolle er gehn, da sagte ich ihm, daß ich zu arm sei, um mir anständige Kleider zu kaufen, und so abgerissen nicht neben Andren sitzen wolle. Er schüttelte den Kopf, drückte mir aber doch ein blankes Stück Geld in die Hand und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich begegnete ihm nach der Zeit oft. Er grüßte jedesmal und sah mir lange nach, wenn ich die Straßen entlang schwere Lasten für geringen Lohn tragen mußte. Einmal bot er mir die Hand, erzählte mir, daß er einen kleinen Posten, ein Häuschen unb eine Strecke Landes zu einem Garten bekommen habe, hier draußen ganz allein wohne, und mich, da er höre, daß ich fromm und ehrlich sei, frage, ob ich mit ihm hinausziehn und als seine Frau bei ihm leben wolle? Ich fiel wie aus den Wolken, besah mich selbst verwundert, und wußte nicht, was ich denken sollte. Er merkte wohl, daß ich nicht nein sagen würde, und redete nun weitläuftiger über alles. Wir wurden bald einig; ich hatte von da an keinen Willen als den seinen, und hörte und sah auch überdem nichts, da mir das Häuschen und der Garten immer vor Augen </p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
Warum nicht? fragte eine etwas rauhe Stimme. Es war Anton, den ich zum erstenmal in meinem Leben sah. Ich schämte mich, vor einem fremden Menschen zu klagen, und schwieg. Er mochte wohl was Arges denken, denn er wandte sich ab, als wolle er gehn, da sagte ich ihm, daß ich zu arm sei, um mir anständige Kleider zu kaufen, und so abgerissen nicht neben Andren sitzen wolle. Er schüttelte den Kopf, drückte mir aber doch ein blankes Stück Geld in die Hand und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich begegnete ihm nach der Zeit oft. Er grüßte jedesmal und sah mir lange nach, wenn ich die Straßen entlang schwere Lasten für geringen Lohn tragen mußte. Einmal bot er mir die Hand, erzählte mir, daß er einen kleinen Posten, ein Häuschen unb eine Strecke Landes zu einem Garten bekommen habe, hier draußen ganz allein wohne, und mich, da er höre, daß ich fromm und ehrlich sei, frage, ob ich mit ihm hinausziehn und als seine Frau bei ihm leben wolle? Ich fiel wie aus den Wolken, besah mich selbst verwundert, und wußte nicht, was ich denken sollte. Er merkte wohl, daß ich nicht nein sagen würde, und redete nun weitläuftiger über alles. Wir wurden bald einig; ich hatte von da an keinen Willen als den seinen, und hörte und sah auch überdem nichts, da mir das Häuschen und der Garten immer vor Augen
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/65>, abgerufen am 16.07.2024. |