Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.erwiederte Luise; allein schon der bloße Gedanke daran hat so etwas Peinliches für mich, daß ich ihn nicht lange festhalten mag. Mathilde bemerkte, daß es kühl werde, und ließ sich nach Hause führen. Hier begrüßte sie der alte Georg mit der herzlichen Theilnahme, die er für alles empfand, was seinem Herrn theuer war. Luise freuete sich, jemand zu sehen, der Viola gekannt und lange Zeit auf dem Falkenstein gelebt hatte, da ihre Phantasie kein andres Bild festhalten konnte und unaufhörlich in jenen Kreisen umherschweifte. Allein Georg blieb hierüber sehr einsilbig. Die Gräfin hatte nie in seine einfache Art und Weise gepaßt und er fand an manchem Aergerniß, was den Sitten seines Landes fremd war. Luise schalt den guten Alten herzlos, und rief sich selbst jeden interessanten Moment aus Mathildens Erzählung herauf. Sie starb also, sagte sie am Abend zu ihrer Mutter, ohne Eduard wiederzusehn? Erfüllte er denn nicht noch in den letzten Augenblicken ihre ganze Seele? Ich habe Dir gesagt, erwiederte Mathilde, daß die Gräfin zuletzt nur einen Gedanken festhielt, der alle Erinnerungen erstickte. Mein Bruder war längst für sie, wie für mich, verloren, da wir wohl Beide nicht länger an seinen Tod zweifeln konnten, seit der Graf einst unaufgefordert erwiederte Luise; allein schon der bloße Gedanke daran hat so etwas Peinliches für mich, daß ich ihn nicht lange festhalten mag. Mathilde bemerkte, daß es kühl werde, und ließ sich nach Hause führen. Hier begrüßte sie der alte Georg mit der herzlichen Theilnahme, die er für alles empfand, was seinem Herrn theuer war. Luise freuete sich, jemand zu sehen, der Viola gekannt und lange Zeit auf dem Falkenstein gelebt hatte, da ihre Phantasie kein andres Bild festhalten konnte und unaufhörlich in jenen Kreisen umherschweifte. Allein Georg blieb hierüber sehr einsilbig. Die Gräfin hatte nie in seine einfache Art und Weise gepaßt und er fand an manchem Aergerniß, was den Sitten seines Landes fremd war. Luise schalt den guten Alten herzlos, und rief sich selbst jeden interessanten Moment aus Mathildens Erzählung herauf. Sie starb also, sagte sie am Abend zu ihrer Mutter, ohne Eduard wiederzusehn? Erfüllte er denn nicht noch in den letzten Augenblicken ihre ganze Seele? Ich habe Dir gesagt, erwiederte Mathilde, daß die Gräfin zuletzt nur einen Gedanken festhielt, der alle Erinnerungen erstickte. Mein Bruder war längst für sie, wie für mich, verloren, da wir wohl Beide nicht länger an seinen Tod zweifeln konnten, seit der Graf einst unaufgefordert <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="26"/> erwiederte Luise; allein schon der bloße Gedanke daran hat so etwas Peinliches für mich, daß ich ihn nicht lange festhalten mag.</p> <p>Mathilde bemerkte, daß es kühl werde, und ließ sich nach Hause führen. Hier begrüßte sie der alte Georg mit der herzlichen Theilnahme, die er für alles empfand, was seinem Herrn theuer war. Luise freuete sich, jemand zu sehen, der Viola gekannt und lange Zeit auf dem Falkenstein gelebt hatte, da ihre Phantasie kein andres Bild festhalten konnte und unaufhörlich in jenen Kreisen umherschweifte. Allein Georg blieb hierüber sehr einsilbig. Die Gräfin hatte nie in seine einfache Art und Weise gepaßt und er fand an manchem Aergerniß, was den Sitten seines Landes fremd war. Luise schalt den guten Alten herzlos, und rief sich selbst jeden interessanten Moment aus Mathildens Erzählung herauf.</p> <p>Sie starb also, sagte sie am Abend zu ihrer Mutter, ohne Eduard wiederzusehn? Erfüllte er denn nicht noch in den letzten Augenblicken ihre ganze Seele? Ich habe Dir gesagt, erwiederte Mathilde, daß die Gräfin zuletzt nur einen Gedanken festhielt, der alle Erinnerungen erstickte. Mein Bruder war längst für sie, wie für mich, verloren, da wir wohl Beide nicht länger an seinen Tod zweifeln konnten, seit der Graf einst unaufgefordert </p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0034]
erwiederte Luise; allein schon der bloße Gedanke daran hat so etwas Peinliches für mich, daß ich ihn nicht lange festhalten mag.
Mathilde bemerkte, daß es kühl werde, und ließ sich nach Hause führen. Hier begrüßte sie der alte Georg mit der herzlichen Theilnahme, die er für alles empfand, was seinem Herrn theuer war. Luise freuete sich, jemand zu sehen, der Viola gekannt und lange Zeit auf dem Falkenstein gelebt hatte, da ihre Phantasie kein andres Bild festhalten konnte und unaufhörlich in jenen Kreisen umherschweifte. Allein Georg blieb hierüber sehr einsilbig. Die Gräfin hatte nie in seine einfache Art und Weise gepaßt und er fand an manchem Aergerniß, was den Sitten seines Landes fremd war. Luise schalt den guten Alten herzlos, und rief sich selbst jeden interessanten Moment aus Mathildens Erzählung herauf.
Sie starb also, sagte sie am Abend zu ihrer Mutter, ohne Eduard wiederzusehn? Erfüllte er denn nicht noch in den letzten Augenblicken ihre ganze Seele? Ich habe Dir gesagt, erwiederte Mathilde, daß die Gräfin zuletzt nur einen Gedanken festhielt, der alle Erinnerungen erstickte. Mein Bruder war längst für sie, wie für mich, verloren, da wir wohl Beide nicht länger an seinen Tod zweifeln konnten, seit der Graf einst unaufgefordert
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/34>, abgerufen am 16.07.2024. |