Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Sie warf einen scheuen Blick auf Julius Fenster. Das Licht brannte hell dahinter. O Gott, dachte sie, wenn er ahndete -- Sie lief, ohne sich umzusehen, mit klopfender Brust, bis sie plötzlich vor dem Mönch zurückprallte, der ihr wie ein Geist aus dem Gebüsch entgegentrat. So spät, sagte er verwundert, in dem kalten Nebel! -- Ich muß, guter Vater, erwiederte sie, ohne zu wissen was sie sagte; ich muß, ich kann nicht schlafen -- Armes Kind! rief er ihr wehmüthig nach. Armes Kind, wiederholte sie; ja wohl, armes, armes Kind! Sie weinte heftig, als ihr plötzlich der Anblick des nahen Klosters ein unbeschreibliches Grausen einflößte. Hier! rief sie, ohne zu wissen was sie mit diesem Hier ausdrückte. Fernando trat ihr entgegen. Sie sank schweigend an seine Brust. Täusche Dich nicht, meine Luise, sagte er sanft, Dir ist dieser Augenblick so erwünscht als mir; du hast ihn durch schwere, unnütze, Kämpfe erkauft. Die kleine Unruhe wird sich legen. Es war Luisen, als zupfe sie etwas am Kleide. Sie sah sich um; der Hund ihrer Mutter sprang spielend um sie her. Wie vor einem menschlichen Auge schreckte sie bei dem Anblick des kleinen Thieres zusammen. Ihr war, als müsse er Zeugniß der dunklen, verbotnen That ablegen. Ach Fernando! rief sie angstvoll, verbirg mich vor mir Sie warf einen scheuen Blick auf Julius Fenster. Das Licht brannte hell dahinter. O Gott, dachte sie, wenn er ahndete — Sie lief, ohne sich umzusehen, mit klopfender Brust, bis sie plötzlich vor dem Mönch zurückprallte, der ihr wie ein Geist aus dem Gebüsch entgegentrat. So spät, sagte er verwundert, in dem kalten Nebel! — Ich muß, guter Vater, erwiederte sie, ohne zu wissen was sie sagte; ich muß, ich kann nicht schlafen — Armes Kind! rief er ihr wehmüthig nach. Armes Kind, wiederholte sie; ja wohl, armes, armes Kind! Sie weinte heftig, als ihr plötzlich der Anblick des nahen Klosters ein unbeschreibliches Grausen einflößte. Hier! rief sie, ohne zu wissen was sie mit diesem Hier ausdrückte. Fernando trat ihr entgegen. Sie sank schweigend an seine Brust. Täusche Dich nicht, meine Luise, sagte er sanft, Dir ist dieser Augenblick so erwünscht als mir; du hast ihn durch schwere, unnütze, Kämpfe erkauft. Die kleine Unruhe wird sich legen. Es war Luisen, als zupfe sie etwas am Kleide. Sie sah sich um; der Hund ihrer Mutter sprang spielend um sie her. Wie vor einem menschlichen Auge schreckte sie bei dem Anblick des kleinen Thieres zusammen. Ihr war, als müsse er Zeugniß der dunklen, verbotnen That ablegen. Ach Fernando! rief sie angstvoll, verbirg mich vor mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="166"/> Sie warf einen scheuen Blick auf Julius Fenster. Das Licht brannte hell dahinter. O Gott, dachte sie, wenn er ahndete — Sie lief, ohne sich umzusehen, mit klopfender Brust, bis sie plötzlich vor dem Mönch zurückprallte, der ihr wie ein Geist aus dem Gebüsch entgegentrat. So spät, sagte er verwundert, in dem kalten Nebel! — Ich muß, guter Vater, erwiederte sie, ohne zu wissen was sie sagte; ich muß, ich kann nicht schlafen — Armes Kind! rief er ihr wehmüthig nach. Armes Kind, wiederholte sie; ja wohl, armes, armes Kind! Sie weinte heftig, als ihr plötzlich der Anblick des nahen Klosters ein unbeschreibliches Grausen einflößte. Hier! rief sie, ohne zu wissen was sie mit diesem Hier ausdrückte. Fernando trat ihr entgegen. Sie sank schweigend an seine Brust. Täusche Dich nicht, meine Luise, sagte er sanft, Dir ist dieser Augenblick so erwünscht als mir; du hast ihn durch schwere, unnütze, Kämpfe <choice><sic>gekauft</sic><corr>erkauft</corr></choice>. Die kleine Unruhe wird sich legen. Es war Luisen, als zupfe sie etwas am Kleide. Sie sah sich um; der Hund ihrer Mutter sprang spielend um sie her. Wie vor einem menschlichen Auge schreckte sie bei dem Anblick des kleinen Thieres zusammen. Ihr war, als müsse er Zeugniß der dunklen, verbotnen That ablegen. Ach Fernando! rief sie angstvoll, verbirg mich vor mir </p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0174]
Sie warf einen scheuen Blick auf Julius Fenster. Das Licht brannte hell dahinter. O Gott, dachte sie, wenn er ahndete — Sie lief, ohne sich umzusehen, mit klopfender Brust, bis sie plötzlich vor dem Mönch zurückprallte, der ihr wie ein Geist aus dem Gebüsch entgegentrat. So spät, sagte er verwundert, in dem kalten Nebel! — Ich muß, guter Vater, erwiederte sie, ohne zu wissen was sie sagte; ich muß, ich kann nicht schlafen — Armes Kind! rief er ihr wehmüthig nach. Armes Kind, wiederholte sie; ja wohl, armes, armes Kind! Sie weinte heftig, als ihr plötzlich der Anblick des nahen Klosters ein unbeschreibliches Grausen einflößte. Hier! rief sie, ohne zu wissen was sie mit diesem Hier ausdrückte. Fernando trat ihr entgegen. Sie sank schweigend an seine Brust. Täusche Dich nicht, meine Luise, sagte er sanft, Dir ist dieser Augenblick so erwünscht als mir; du hast ihn durch schwere, unnütze, Kämpfe erkauft. Die kleine Unruhe wird sich legen. Es war Luisen, als zupfe sie etwas am Kleide. Sie sah sich um; der Hund ihrer Mutter sprang spielend um sie her. Wie vor einem menschlichen Auge schreckte sie bei dem Anblick des kleinen Thieres zusammen. Ihr war, als müsse er Zeugniß der dunklen, verbotnen That ablegen. Ach Fernando! rief sie angstvoll, verbirg mich vor mir
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/174>, abgerufen am 16.02.2025. |