Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Ihr ödes, freudloses Leben, hoffte sie, solle so nicht lange währen. Sie machte im Geheim alle Anstalten zu ihrer Reise, und als ihre Gäste sie nun endlich gegen Abend verließen, suchte sie Julius auf, und sagte ihm so ruhig als sie konnte, daß sie schon längst den Wunsch gehegt habe, das Grab ihrer Mutter zu besuchen, und daher gesonnen sei, auf ein paar Tage nach ihrem kleinen Dörfchen zurückzukehren. Julius drückte ihr gerührt die Hand und sagte: geh' nur, meine Luise, wohin Dein guter Geist Dich ruft. Der Maler und Fernando kamen darauf, sie zu einem Spatziergang abzuholen, und alle Viere bestiegen die nahen Berge. Luise, sagte Fernando, als sich Julius, eben mit dem jungen Künstler in einem Gespräch verwickelt, abwärts wandte, ich erinnre Sie an Ihr Versprechen. Hoffen Sie nicht, mir zu entgehn. Bei allem was heilig ist, ich muß Sie sprechen. Sie zögern -- Bei dem ew'gen Gott, Sie wissen nicht was Sie thun! Ich zerreiße alle Bande, ich ehre kein Gesetz, nichts mehr. Auf diesen Armen trage ich Sie weit, weit weg von hier, wo keine Pflicht Sie bindet, wo Sie nichts hindert, mein zu sein -- jetzt -- Luise -- jetzt in diesem Augenblick! -- Er trat mit einer Heftigkeit auf sie zu, daß sie zusammenfuhr und ihre Hände flehend gegen ihn aufhob. -- Um Gotteswillen, eine Entscheidung! Ihr ödes, freudloses Leben, hoffte sie, solle so nicht lange währen. Sie machte im Geheim alle Anstalten zu ihrer Reise, und als ihre Gäste sie nun endlich gegen Abend verließen, suchte sie Julius auf, und sagte ihm so ruhig als sie konnte, daß sie schon längst den Wunsch gehegt habe, das Grab ihrer Mutter zu besuchen, und daher gesonnen sei, auf ein paar Tage nach ihrem kleinen Dörfchen zurückzukehren. Julius drückte ihr gerührt die Hand und sagte: geh’ nur, meine Luise, wohin Dein guter Geist Dich ruft. Der Maler und Fernando kamen darauf, sie zu einem Spatziergang abzuholen, und alle Viere bestiegen die nahen Berge. Luise, sagte Fernando, als sich Julius, eben mit dem jungen Künstler in einem Gespräch verwickelt, abwärts wandte, ich erinnre Sie an Ihr Versprechen. Hoffen Sie nicht, mir zu entgehn. Bei allem was heilig ist, ich muß Sie sprechen. Sie zögern — Bei dem ew’gen Gott, Sie wissen nicht was Sie thun! Ich zerreiße alle Bande, ich ehre kein Gesetz, nichts mehr. Auf diesen Armen trage ich Sie weit, weit weg von hier, wo keine Pflicht Sie bindet, wo Sie nichts hindert, mein zu sein — jetzt — Luise — jetzt in diesem Augenblick! — Er trat mit einer Heftigkeit auf sie zu, daß sie zusammenfuhr und ihre Hände flehend gegen ihn aufhob. — Um Gotteswillen, eine Entscheidung! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0172" n="164"/> Ihr ödes, freudloses Leben, hoffte sie, solle so nicht lange währen. Sie machte im Geheim alle Anstalten zu ihrer Reise, und als ihre Gäste sie nun endlich gegen Abend verließen, suchte sie Julius auf, und sagte ihm so ruhig als sie konnte, daß sie schon längst den Wunsch gehegt habe, das Grab ihrer Mutter zu besuchen, und daher gesonnen sei, auf ein paar Tage nach ihrem kleinen Dörfchen zurückzukehren. Julius drückte ihr gerührt die Hand und sagte: geh’ nur, meine Luise, wohin Dein guter Geist Dich ruft. Der Maler und Fernando kamen darauf, sie zu einem Spatziergang abzuholen, und alle Viere bestiegen die nahen Berge. Luise, sagte Fernando, als sich Julius, eben mit dem jungen Künstler in einem Gespräch verwickelt, abwärts wandte, ich erinnre Sie an Ihr Versprechen. Hoffen Sie nicht, mir zu entgehn. Bei allem was heilig ist, ich muß Sie sprechen. Sie zögern — Bei dem ew’gen Gott, Sie wissen nicht was Sie thun! Ich zerreiße alle Bande, ich ehre kein Gesetz, nichts mehr. Auf diesen Armen trage ich Sie weit, weit weg von hier, wo keine Pflicht Sie bindet, wo Sie nichts hindert, mein zu sein — jetzt — Luise — jetzt in diesem Augenblick! — Er trat mit einer Heftigkeit auf sie zu, daß sie zusammenfuhr und ihre Hände flehend gegen ihn aufhob. — Um Gotteswillen, eine Entscheidung! </p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0172]
Ihr ödes, freudloses Leben, hoffte sie, solle so nicht lange währen. Sie machte im Geheim alle Anstalten zu ihrer Reise, und als ihre Gäste sie nun endlich gegen Abend verließen, suchte sie Julius auf, und sagte ihm so ruhig als sie konnte, daß sie schon längst den Wunsch gehegt habe, das Grab ihrer Mutter zu besuchen, und daher gesonnen sei, auf ein paar Tage nach ihrem kleinen Dörfchen zurückzukehren. Julius drückte ihr gerührt die Hand und sagte: geh’ nur, meine Luise, wohin Dein guter Geist Dich ruft. Der Maler und Fernando kamen darauf, sie zu einem Spatziergang abzuholen, und alle Viere bestiegen die nahen Berge. Luise, sagte Fernando, als sich Julius, eben mit dem jungen Künstler in einem Gespräch verwickelt, abwärts wandte, ich erinnre Sie an Ihr Versprechen. Hoffen Sie nicht, mir zu entgehn. Bei allem was heilig ist, ich muß Sie sprechen. Sie zögern — Bei dem ew’gen Gott, Sie wissen nicht was Sie thun! Ich zerreiße alle Bande, ich ehre kein Gesetz, nichts mehr. Auf diesen Armen trage ich Sie weit, weit weg von hier, wo keine Pflicht Sie bindet, wo Sie nichts hindert, mein zu sein — jetzt — Luise — jetzt in diesem Augenblick! — Er trat mit einer Heftigkeit auf sie zu, daß sie zusammenfuhr und ihre Hände flehend gegen ihn aufhob. — Um Gotteswillen, eine Entscheidung!
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/172>, abgerufen am 16.02.2025. |