Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Komm, ich bitte Dich, rief Mathilde, indem sie ein verhülltes Körbchen in die Höhe hielt. Wüßtest Du -- Luise flog den Lindengang hinunter, in dessen Schatten die geliebte Mutter, durch kränkelndes Unvermögen gehalten, sie unruhig erwartete. Der Wind strich spielend durch die Zweige und hob das Tuch, ehe noch Luise jenes geheimnißreiche Körbchen ergreifen konnte. Ein reiches Stirnband blitzte ihr wie tausend Liebesblicke daraus entgegen. Geschenke von Julius, rief sie, und sank überrascht zu den Füßen der Mutter, die behaglich die hellen Steine zwischen den braunen Locken der Tochter spielen ließ. Luise küßte gerührt die schönen Hände, die so oft in lieber Ungeduld ihre Lippen streiften. Das schwindende Leben in Mathildens Zügen, ihr naher Tod und der bräutliche Schmuck, der so sichtlich auf die kommende Feier hindeutete, alle Freuden ihres jungen Lebens und der ernste Wechsel desselben, das ganze wunderbare Gewebe der Zukunft schien sich in den Steinen zu spiegeln, die sie Komm, ich bitte Dich, rief Mathilde, indem sie ein verhülltes Körbchen in die Höhe hielt. Wüßtest Du — Luise flog den Lindengang hinunter, in dessen Schatten die geliebte Mutter, durch kränkelndes Unvermögen gehalten, sie unruhig erwartete. Der Wind strich spielend durch die Zweige und hob das Tuch, ehe noch Luise jenes geheimnißreiche Körbchen ergreifen konnte. Ein reiches Stirnband blitzte ihr wie tausend Liebesblicke daraus entgegen. Geschenke von Julius, rief sie, und sank überrascht zu den Füßen der Mutter, die behaglich die hellen Steine zwischen den braunen Locken der Tochter spielen ließ. Luise küßte gerührt die schönen Hände, die so oft in lieber Ungeduld ihre Lippen streiften. Das schwindende Leben in Mathildens Zügen, ihr naher Tod und der bräutliche Schmuck, der so sichtlich auf die kommende Feier hindeutete, alle Freuden ihres jungen Lebens und der ernste Wechsel desselben, das ganze wunderbare Gewebe der Zukunft schien sich in den Steinen zu spiegeln, die sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0011" n="[3]"/> <p><hi rendition="#in">K</hi>omm, ich bitte Dich, rief Mathilde, indem sie ein verhülltes Körbchen in die Höhe hielt. Wüßtest Du — Luise flog den Lindengang hinunter, in dessen Schatten die geliebte Mutter, durch kränkelndes Unvermögen gehalten, sie unruhig erwartete. Der Wind strich spielend durch die Zweige und hob das Tuch, ehe noch Luise jenes geheimnißreiche Körbchen ergreifen konnte. Ein reiches Stirnband blitzte ihr wie tausend Liebesblicke daraus entgegen. Geschenke von Julius, rief sie, und sank überrascht zu den Füßen der Mutter, die behaglich die hellen Steine zwischen den braunen Locken der Tochter spielen ließ. Luise küßte gerührt die schönen Hände, die so oft in lieber Ungeduld ihre Lippen streiften. Das schwindende Leben in Mathildens Zügen, ihr naher Tod und der bräutliche Schmuck, der so sichtlich auf die kommende Feier hindeutete, alle Freuden ihres jungen Lebens und der ernste Wechsel desselben, das ganze wunderbare Gewebe der Zukunft schien sich in den Steinen zu spiegeln, die sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0011]
Komm, ich bitte Dich, rief Mathilde, indem sie ein verhülltes Körbchen in die Höhe hielt. Wüßtest Du — Luise flog den Lindengang hinunter, in dessen Schatten die geliebte Mutter, durch kränkelndes Unvermögen gehalten, sie unruhig erwartete. Der Wind strich spielend durch die Zweige und hob das Tuch, ehe noch Luise jenes geheimnißreiche Körbchen ergreifen konnte. Ein reiches Stirnband blitzte ihr wie tausend Liebesblicke daraus entgegen. Geschenke von Julius, rief sie, und sank überrascht zu den Füßen der Mutter, die behaglich die hellen Steine zwischen den braunen Locken der Tochter spielen ließ. Luise küßte gerührt die schönen Hände, die so oft in lieber Ungeduld ihre Lippen streiften. Das schwindende Leben in Mathildens Zügen, ihr naher Tod und der bräutliche Schmuck, der so sichtlich auf die kommende Feier hindeutete, alle Freuden ihres jungen Lebens und der ernste Wechsel desselben, das ganze wunderbare Gewebe der Zukunft schien sich in den Steinen zu spiegeln, die sie
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/11>, abgerufen am 16.02.2025. |