Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
Ganzen hatte die Pflanzung gleichwohl nur ein schlechtes Ansehen, und schien bey1774.
Septem-
ber.

weitem nicht zureichend, die Einwohner das ganze Jahr über zu ernähren. An
eine solche Mannigfaltigkeit von Früchten, als wir bisher auf den Eilanden des
heißen Erdstrichs angetroffen hatten, war hier gar nicht zu denken; vielmehr er-
innerte uns alles an die Armuth der elenden Bewohner von Oster-Eiland, vor
welchen die hiesigen wenig voraus zu haben schienen. So viel wir merken konn-
ten, war ein Mann Namens Hibai, der Vornehmste oder Vorgesetzte unter
den hier versammelten Familien. Diesem machten wir einige Geschenke, und
spatzierten darauf am Ufer des Flußes bis an die Mangle-Bäume, woselbst uns
eine neue Pflanze aufstieß. Gegen die Berge zu, deren erste Anhöhen ungefähr
zwo Meilen weit von hier entfernt seyn mochten, hatte das Land eine äußerst
öde Gestalt. Hin und wieder erblickte man zwar etliche Bäume und kleine
angebaute Felder; doch giengen sie in dem darum herliegenden, ungleich größe-
ren, unfruchtbarem und wüstem Raume verlohren, der unsern Haiden gewissermas-
sen ähnlich sahe. Vor einer Hütte fanden wir einen irrdenen Topf, der vier
bis fünf Maas halten mogte, auf einem Aschenhaufen. Dies Geschirr hatte
einen dicken Bauch und war, aus einer röthlichen Erdart, ziemlich grob gearbei-
tet, auch inn- und auswendig mit Ruß gleichsam überzogen. Aus der Asche
ragten drey spitzige Steine hervor, an welche der Topf seitwärts angelehnt wurde,
so daß das Feuer unter selbigem brennen konnte (*). Nach einigem Verweilen bey
diesen guten Leuten, kehrten wir in unsern Böten zurück, und waren vollig über-
zeugt, daß der Mangel an Nahrungsmitteln die einzige Ursach sey, warum man
uns keine mitgetheilt hatte.

Am folgenden Morgen kamen die Indianer in ihren Booten ziemlich früh
ans Schif. Auf jedem dieser Fahrzeuge brannte ein Feuer und zwar, um Scha-
den zu verhüten, auf einem Haufen von Steinen und Asche. Es waren auch
einige Weiber unter dieser Gesellschaft, von welchen jedoch keine an Bord woll-
te, die Männern hingegen kamen gröstentheils ohne Einladung herauf, und fingen
an ihre Waffen gegen Stücken Tahitischen Zeugs zu vertauschen. Um einen
näher gelegenen Ort zum Anfüllen der Wasserfässer ausfündig zu machen, schickte

(*) Cook's Vogage towards the S. Pole & round the World. Vol. II. p. 22.
Q q 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
Ganzen hatte die Pflanzung gleichwohl nur ein ſchlechtes Anſehen, und ſchien bey1774.
Septem-
ber.

weitem nicht zureichend, die Einwohner das ganze Jahr uͤber zu ernaͤhren. An
eine ſolche Mannigfaltigkeit von Fruͤchten, als wir bisher auf den Eilanden des
heißen Erdſtrichs angetroffen hatten, war hier gar nicht zu denken; vielmehr er-
innerte uns alles an die Armuth der elenden Bewohner von Oſter-Eiland, vor
welchen die hieſigen wenig voraus zu haben ſchienen. So viel wir merken konn-
ten, war ein Mann Namens Hibai, der Vornehmſte oder Vorgeſetzte unter
den hier verſammelten Familien. Dieſem machten wir einige Geſchenke, und
ſpatzierten darauf am Ufer des Flußes bis an die Mangle-Baͤume, woſelbſt uns
eine neue Pflanze aufſtieß. Gegen die Berge zu, deren erſte Anhoͤhen ungefaͤhr
zwo Meilen weit von hier entfernt ſeyn mochten, hatte das Land eine aͤußerſt
oͤde Geſtalt. Hin und wieder erblickte man zwar etliche Baͤume und kleine
angebaute Felder; doch giengen ſie in dem darum herliegenden, ungleich groͤße-
ren, unfruchtbarem und wuͤſtem Raume verlohren, der unſern Haiden gewiſſermaſ-
ſen aͤhnlich ſahe. Vor einer Huͤtte fanden wir einen irrdenen Topf, der vier
bis fuͤnf Maas halten mogte, auf einem Aſchenhaufen. Dies Geſchirr hatte
einen dicken Bauch und war, aus einer roͤthlichen Erdart, ziemlich grob gearbei-
tet, auch inn- und auswendig mit Ruß gleichſam uͤberzogen. Aus der Aſche
ragten drey ſpitzige Steine hervor, an welche der Topf ſeitwaͤrts angelehnt wurde,
ſo daß das Feuer unter ſelbigem brennen konnte (*). Nach einigem Verweilen bey
dieſen guten Leuten, kehrten wir in unſern Boͤten zuruͤck, und waren vollig uͤber-
zeugt, daß der Mangel an Nahrungsmitteln die einzige Urſach ſey, warum man
uns keine mitgetheilt hatte.

Am folgenden Morgen kamen die Indianer in ihren Booten ziemlich fruͤh
ans Schif. Auf jedem dieſer Fahrzeuge brannte ein Feuer und zwar, um Scha-
den zu verhuͤten, auf einem Haufen von Steinen und Aſche. Es waren auch
einige Weiber unter dieſer Geſellſchaft, von welchen jedoch keine an Bord woll-
te, die Maͤnnern hingegen kamen groͤſtentheils ohne Einladung herauf, und fingen
an ihre Waffen gegen Stuͤcken Tahitiſchen Zeugs zu vertauſchen. Um einen
naͤher gelegenen Ort zum Anfuͤllen der Waſſerfaͤſſer ausfuͤndig zu machen, ſchickte

(*) Cook’s Vogage towards the S. Pole & round the World. Vol. II. p. 22.
Q q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0323" n="307"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
Ganzen hatte die Pflanzung gleichwohl nur ein &#x017F;chlechtes An&#x017F;ehen, und &#x017F;chien bey<note place="right">1774.<lb/>
Septem-<lb/>
ber.</note><lb/>
weitem nicht zureichend, die Einwohner das ganze Jahr u&#x0364;ber zu erna&#x0364;hren. An<lb/>
eine &#x017F;olche Mannigfaltigkeit von Fru&#x0364;chten, als wir bisher auf den Eilanden des<lb/>
heißen Erd&#x017F;trichs angetroffen hatten, war hier gar nicht zu denken; vielmehr er-<lb/>
innerte uns alles an die Armuth der elenden Bewohner von <hi rendition="#fr"><placeName>O&#x017F;ter-Eiland</placeName></hi>, vor<lb/>
welchen die hie&#x017F;igen wenig voraus zu haben &#x017F;chienen. So viel wir merken konn-<lb/>
ten, war ein Mann Namens <hi rendition="#fr"><persName>Hibai</persName></hi>, der Vornehm&#x017F;te oder Vorge&#x017F;etzte unter<lb/>
den hier ver&#x017F;ammelten Familien. Die&#x017F;em machten wir einige Ge&#x017F;chenke, und<lb/>
&#x017F;patzierten darauf am Ufer des Flußes bis an die Mangle-Ba&#x0364;ume, wo&#x017F;elb&#x017F;t uns<lb/>
eine neue Pflanze auf&#x017F;tieß. Gegen die Berge zu, deren er&#x017F;te Anho&#x0364;hen ungefa&#x0364;hr<lb/>
zwo Meilen weit von hier entfernt &#x017F;eyn mochten, hatte das Land eine a&#x0364;ußer&#x017F;t<lb/>
o&#x0364;de Ge&#x017F;talt. Hin und wieder erblickte man zwar etliche Ba&#x0364;ume und kleine<lb/>
angebaute Felder; doch giengen &#x017F;ie in dem darum herliegenden, ungleich gro&#x0364;ße-<lb/>
ren, unfruchtbarem und wu&#x0364;&#x017F;tem Raume verlohren, der un&#x017F;ern Haiden gewi&#x017F;&#x017F;erma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en a&#x0364;hnlich &#x017F;ahe. Vor einer Hu&#x0364;tte fanden wir einen irrdenen Topf, der vier<lb/>
bis fu&#x0364;nf Maas halten mogte, auf einem A&#x017F;chenhaufen. Dies Ge&#x017F;chirr hatte<lb/>
einen dicken Bauch und war, aus einer ro&#x0364;thlichen Erdart, ziemlich grob gearbei-<lb/>
tet, auch inn- und auswendig mit Ruß gleich&#x017F;am u&#x0364;berzogen. Aus der A&#x017F;che<lb/>
ragten drey &#x017F;pitzige Steine hervor, an welche der Topf &#x017F;eitwa&#x0364;rts angelehnt wurde,<lb/>
&#x017F;o daß das Feuer unter &#x017F;elbigem brennen konnte <note place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq"><persName>Cook&#x2019;s</persName> Vogage towards the <placeName>S. Pole</placeName> &amp; round the World. Vol. II. p. 22.</hi></note>. Nach einigem Verweilen bey<lb/>
die&#x017F;en guten Leuten, kehrten wir in un&#x017F;ern Bo&#x0364;ten zuru&#x0364;ck, und waren vollig u&#x0364;ber-<lb/>
zeugt, daß der Mangel an Nahrungsmitteln die einzige Ur&#x017F;ach &#x017F;ey, warum man<lb/>
uns keine mitgetheilt hatte.</p><lb/>
        <p>Am folgenden Morgen kamen die Indianer in ihren Booten ziemlich fru&#x0364;h<lb/>
ans Schif. Auf jedem die&#x017F;er Fahrzeuge brannte ein Feuer und zwar, um Scha-<lb/>
den zu verhu&#x0364;ten, auf einem Haufen von Steinen und A&#x017F;che. Es waren auch<lb/>
einige Weiber unter die&#x017F;er Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, von welchen jedoch keine an Bord woll-<lb/>
te, die Ma&#x0364;nnern hingegen kamen gro&#x0364;&#x017F;tentheils ohne Einladung herauf, und fingen<lb/>
an ihre Waffen gegen Stu&#x0364;cken Tahiti&#x017F;chen Zeugs zu vertau&#x017F;chen. Um einen<lb/>
na&#x0364;her gelegenen Ort zum Anfu&#x0364;llen der Wa&#x017F;&#x017F;erfa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er ausfu&#x0364;ndig zu machen, &#x017F;chickte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0323] in den Jahren 1772 bis 1775. Ganzen hatte die Pflanzung gleichwohl nur ein ſchlechtes Anſehen, und ſchien bey weitem nicht zureichend, die Einwohner das ganze Jahr uͤber zu ernaͤhren. An eine ſolche Mannigfaltigkeit von Fruͤchten, als wir bisher auf den Eilanden des heißen Erdſtrichs angetroffen hatten, war hier gar nicht zu denken; vielmehr er- innerte uns alles an die Armuth der elenden Bewohner von Oſter-Eiland, vor welchen die hieſigen wenig voraus zu haben ſchienen. So viel wir merken konn- ten, war ein Mann Namens Hibai, der Vornehmſte oder Vorgeſetzte unter den hier verſammelten Familien. Dieſem machten wir einige Geſchenke, und ſpatzierten darauf am Ufer des Flußes bis an die Mangle-Baͤume, woſelbſt uns eine neue Pflanze aufſtieß. Gegen die Berge zu, deren erſte Anhoͤhen ungefaͤhr zwo Meilen weit von hier entfernt ſeyn mochten, hatte das Land eine aͤußerſt oͤde Geſtalt. Hin und wieder erblickte man zwar etliche Baͤume und kleine angebaute Felder; doch giengen ſie in dem darum herliegenden, ungleich groͤße- ren, unfruchtbarem und wuͤſtem Raume verlohren, der unſern Haiden gewiſſermaſ- ſen aͤhnlich ſahe. Vor einer Huͤtte fanden wir einen irrdenen Topf, der vier bis fuͤnf Maas halten mogte, auf einem Aſchenhaufen. Dies Geſchirr hatte einen dicken Bauch und war, aus einer roͤthlichen Erdart, ziemlich grob gearbei- tet, auch inn- und auswendig mit Ruß gleichſam uͤberzogen. Aus der Aſche ragten drey ſpitzige Steine hervor, an welche der Topf ſeitwaͤrts angelehnt wurde, ſo daß das Feuer unter ſelbigem brennen konnte (*). Nach einigem Verweilen bey dieſen guten Leuten, kehrten wir in unſern Boͤten zuruͤck, und waren vollig uͤber- zeugt, daß der Mangel an Nahrungsmitteln die einzige Urſach ſey, warum man uns keine mitgetheilt hatte. 1774. Septem- ber. Am folgenden Morgen kamen die Indianer in ihren Booten ziemlich fruͤh ans Schif. Auf jedem dieſer Fahrzeuge brannte ein Feuer und zwar, um Scha- den zu verhuͤten, auf einem Haufen von Steinen und Aſche. Es waren auch einige Weiber unter dieſer Geſellſchaft, von welchen jedoch keine an Bord woll- te, die Maͤnnern hingegen kamen groͤſtentheils ohne Einladung herauf, und fingen an ihre Waffen gegen Stuͤcken Tahitiſchen Zeugs zu vertauſchen. Um einen naͤher gelegenen Ort zum Anfuͤllen der Waſſerfaͤſſer ausfuͤndig zu machen, ſchickte (*) Cook’s Vogage towards the S. Pole & round the World. Vol. II. p. 22. Q q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/323
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/323>, abgerufen am 20.05.2024.