Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. allen Feindseligkeiten so sicher zu seyn, daß wir uns oft auf ziemliche Strecken1774.August weit von einander trennten. Dies geschah auch heut und zwar ohne den ge- ringsten Unfall, jedoch auch ohne weiteren Erfolg. Wir kamen nemlich aller- feits mit leeren Händen an den Strand zurück. Das letzte Boot war eben im Begriff, der Mittags-Zeit wegen, nach dem Schiffe überzufahren; wir setz- ten uns also hinein, und fanden den alten Eriki, oder König, Jogai, (*) sei- nen Sohn Jatta imgleichen einen wohlgebildeten Knaben von ohngefehr vier- zehen Jahren an Bord, der Narrep hieß, und ein naher Verwandter der beyden Befehlshaber zu seyn schien. Sie hatten sich in der Cajütte auf den Fußboden niedergesetzt, und der Capitain war eben beschäftigt, allerhand Klei- nigkeiten unter sie auszutheilen. Jogai nahm seinen Antheil mit der seinem Alter eigenen Gleichgültigkeit in Empfang, sein Sohn hingegen und der junge Narrep bezeugten große Freude über das was ihnen gegeben ward. Mittler- weile war das Essen aufgetragen worden, und wir liessen sie mit uns zu Tische sitzen. Die Yams schmeckten ihnen, so wie unserm vorigen Gast, Fanokko (siehe weiter oben pag. 228.) ganz gut, von andern Speisen wollten sie aber nichts anrühren. Nach der Mahlzeit brachten wir sie an den Strand zurück. Dort geriethen sie mit ihren Landsleuten sogleich ins Gespräch und erzählten ihnen ohne Zweifel, wie gut sie von uns aufgenommen worden, welches die ganze Versammlung, dem Anschein nach, mit Vergnügen anhörte. Es kamen jetzt selten mehr als hundert Einwohner, Weiber und Kinder mitgerechnet, an den Strand herab, und diese pflegten sich, mehrentheils truppweise, im Schat- [t]en der nächsten Bäume niederzusetzen. Dann und wann brachte einer eine Yam-Wurzel oder Pisang-Frucht und vertauschte sie gegen Tahitisches Zeug. Die Weiber führten ganze Körbe voll Jambos-Aepfel (Eugenia) bey sich, und verkauften uns solche für eine Kleinigkeit; z. E. für schwarze Glaskorallen, kleine Stückgen grünen Nephritischen Steins, u. s. w. als geschähe es (*) Cap. Cook bemerkt in seiner Reisebeschreibung Vol. II. pag. 71.) daß diese Befehls- haber nicht Gewalt genug hatten sich eine Cocosnuß von den andern bringen zu las- sen. Einer von ihnen mußte selbst den Palmbaum hinanklettern, und da er einmal oben war, so ließ er auch nicht eine einzige Nuß sitzen, theilte aber, was er selbst nicht brauchte, unsern Leuten aus. L l 3
in den Jahren 1772 bis 1775. allen Feindſeligkeiten ſo ſicher zu ſeyn, daß wir uns oft auf ziemliche Strecken1774.Auguſt weit von einander trennten. Dies geſchah auch heut und zwar ohne den ge- ringſten Unfall, jedoch auch ohne weiteren Erfolg. Wir kamen nemlich aller- feits mit leeren Haͤnden an den Strand zuruͤck. Das letzte Boot war eben im Begriff, der Mittags-Zeit wegen, nach dem Schiffe uͤberzufahren; wir ſetz- ten uns alſo hinein, und fanden den alten Eriki, oder Koͤnig, Jogaï, (*) ſei- nen Sohn Jatta imgleichen einen wohlgebildeten Knaben von ohngefehr vier- zehen Jahren an Bord, der Narrep hieß, und ein naher Verwandter der beyden Befehlshaber zu ſeyn ſchien. Sie hatten ſich in der Cajuͤtte auf den Fußboden niedergeſetzt, und der Capitain war eben beſchaͤftigt, allerhand Klei- nigkeiten unter ſie auszutheilen. Jogaï nahm ſeinen Antheil mit der ſeinem Alter eigenen Gleichguͤltigkeit in Empfang, ſein Sohn hingegen und der junge Narrep bezeugten große Freude uͤber das was ihnen gegeben ward. Mittler- weile war das Eſſen aufgetragen worden, und wir lieſſen ſie mit uns zu Tiſche ſitzen. Die Yams ſchmeckten ihnen, ſo wie unſerm vorigen Gaſt, Fanokko (ſiehe weiter oben pag. 228.) ganz gut, von andern Speiſen wollten ſie aber nichts anruͤhren. Nach der Mahlzeit brachten wir ſie an den Strand zuruͤck. Dort geriethen ſie mit ihren Landsleuten ſogleich ins Geſpraͤch und erzaͤhlten ihnen ohne Zweifel, wie gut ſie von uns aufgenommen worden, welches die ganze Verſammlung, dem Anſchein nach, mit Vergnuͤgen anhoͤrte. Es kamen jetzt ſelten mehr als hundert Einwohner, Weiber und Kinder mitgerechnet, an den Strand herab, und dieſe pflegten ſich, mehrentheils truppweiſe, im Schat- [t]en der naͤchſten Baͤume niederzuſetzen. Dann und wann brachte einer eine Yam-Wurzel oder Piſang-Frucht und vertauſchte ſie gegen Tahitiſches Zeug. Die Weiber fuͤhrten ganze Koͤrbe voll Jambos-Aepfel (Eugenia) bey ſich, und verkauften uns ſolche fuͤr eine Kleinigkeit; z. E. fuͤr ſchwarze Glaskorallen, kleine Stuͤckgen gruͤnen Nephritiſchen Steins, u. ſ. w. als geſchaͤhe es (*) Cap. Cook bemerkt in ſeiner Reiſebeſchreibung Vol. II. pag. 71.) daß dieſe Befehls- haber nicht Gewalt genug hatten ſich eine Cocosnuß von den andern bringen zu laſ- ſen. Einer von ihnen mußte ſelbſt den Palmbaum hinanklettern, und da er einmal oben war, ſo ließ er auch nicht eine einzige Nuß ſitzen, theilte aber, was er ſelbſt nicht brauchte, unſern Leuten aus. L l 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
allen Feindſeligkeiten ſo ſicher zu ſeyn, daß wir uns oft auf ziemliche Strecken
weit von einander trennten. Dies geſchah auch heut und zwar ohne den ge-
ringſten Unfall, jedoch auch ohne weiteren Erfolg. Wir kamen nemlich aller-
feits mit leeren Haͤnden an den Strand zuruͤck. Das letzte Boot war eben
im Begriff, der Mittags-Zeit wegen, nach dem Schiffe uͤberzufahren; wir ſetz-
ten uns alſo hinein, und fanden den alten Eriki, oder Koͤnig, Jogaï, (*) ſei-
nen Sohn Jatta imgleichen einen wohlgebildeten Knaben von ohngefehr vier-
zehen Jahren an Bord, der Narrep hieß, und ein naher Verwandter der
beyden Befehlshaber zu ſeyn ſchien. Sie hatten ſich in der Cajuͤtte auf den
Fußboden niedergeſetzt, und der Capitain war eben beſchaͤftigt, allerhand Klei-
nigkeiten unter ſie auszutheilen. Jogaï nahm ſeinen Antheil mit der ſeinem
Alter eigenen Gleichguͤltigkeit in Empfang, ſein Sohn hingegen und der junge
Narrep bezeugten große Freude uͤber das was ihnen gegeben ward. Mittler-
weile war das Eſſen aufgetragen worden, und wir lieſſen ſie mit uns zu Tiſche
ſitzen. Die Yams ſchmeckten ihnen, ſo wie unſerm vorigen Gaſt, Fanokko
(ſiehe weiter oben pag. 228.) ganz gut, von andern Speiſen wollten ſie aber
nichts anruͤhren. Nach der Mahlzeit brachten wir ſie an den Strand zuruͤck.
Dort geriethen ſie mit ihren Landsleuten ſogleich ins Geſpraͤch und erzaͤhlten
ihnen ohne Zweifel, wie gut ſie von uns aufgenommen worden, welches die
ganze Verſammlung, dem Anſchein nach, mit Vergnuͤgen anhoͤrte. Es kamen
jetzt ſelten mehr als hundert Einwohner, Weiber und Kinder mitgerechnet, an
den Strand herab, und dieſe pflegten ſich, mehrentheils truppweiſe, im Schat-
ten der naͤchſten Baͤume niederzuſetzen. Dann und wann brachte einer eine
Yam-Wurzel oder Piſang-Frucht und vertauſchte ſie gegen Tahitiſches Zeug.
Die Weiber fuͤhrten ganze Koͤrbe voll Jambos-Aepfel (Eugenia) bey ſich,
und verkauften uns ſolche fuͤr eine Kleinigkeit; z. E. fuͤr ſchwarze Glaskorallen,
kleine Stuͤckgen gruͤnen Nephritiſchen Steins, u. ſ. w. als geſchaͤhe es
1774.
Auguſt
(*) Cap. Cook bemerkt in ſeiner Reiſebeſchreibung Vol. II. pag. 71.) daß dieſe Befehls-
haber nicht Gewalt genug hatten ſich eine Cocosnuß von den andern bringen zu laſ-
ſen. Einer von ihnen mußte ſelbſt den Palmbaum hinanklettern, und da er einmal
oben war, ſo ließ er auch nicht eine einzige Nuß ſitzen, theilte aber, was er ſelbſt nicht
brauchte, unſern Leuten aus.
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