1774. Junius.vierzehn, woraus sich abnehmen läßt, daß dieses Volk sich eben nicht sonder- lich mit dem Fischfang abgeben mag.
Der Capitain und mein Vater kamen noch vor Untergang dee Sonne an Bord zurück. Die Einwohner hatten ihnen den Ankerwächter ruhig wieder an Bord nehmen lassen. Einige dazu gehörende Stücke waren zwar verloren gegangen; konnten aber leicht ersetzt werden. Die Indianer hatten sich in der dortigen Gegend des Havens mit den unsrigen alsbald in Handel eingelassen, aber nichts als Waffen und Zierrathen verkaufen wollen, doch bekamen sie auch nur lauter unbedeutende Kleinigkeiten dagegen. Ein altes Weib überließ ih- nen den Zierrath, den man hier zu Lande in dem Knotpel der Nase zu tragen pflegt. Er bestand aus zwey halbdurchsichtigen, keilförmig geschnittenen und an beyden spitzigen Enden, mit zähen Grashalmen zusammengebundenen Stü- cken Selenit-Stein. Das dickere Ende derselben hatte ohngefähr einen halben Zoll im Durchmesser und jedes dreyviertel Zoll in der Länge. Sie beraubte sich dieses kost- baren Stücks, ohnerachtet es bis dahin ihrer Nase zum Schmuck gedient hatte, die, an und für sich, breit und mit einer schwarzen Farbe beschmiert, mithin in aller Absicht häßlich zu nennen war. Unsre Leute ließen sich angelegen seyn, Lebensmittel und Erfrischungen zu erhalten; aber aller angewandten Bemühungen ohner- achtet, wollten die Indianer nichts von der Art zu Markte bringen. Unsre Waaren mogten ihnen nicht annehmlich genug dünken, um Lebensmittel dafür wegzuge- ben, die im Grunde überall den wahren Reichthum eines Volkes ausmachen. Dafür ließen auch alle Nationen der Südsee sie bey ihrem Tauschhandel gelten, und man konnte den Reichthum einer Nation, imgleichen die Fruchtbarkeit ihres Landes, aus dem größern oder geringern Maas von Lebensmitteln, womit sie unsere Waaren, nach Verhältniß ihrer Brauchbarkeit bezahlten, fast durch- gehends ziemlich genau beurtheilen. Bey dieser Gelegenheit giengen unsre Leute nach der Landspitze des Havens hinauf, woselbst sie eine verzäunte Pflanzung von Pisangs-Brodfruchtbäumen, Cocos-Palmen, nebst andern Pflan- zen, und nicht weit davon, ein Paar elende kleine Hütten antrafen. Es wa- ren bloße Strohdächer von Palmblättern, die auf etlichen Pfosten ruheten, aber so niedrig, daß man nicht aufrecht darunter stehen konnte. In der Nachbarschaft derselben liefen Schweine und etwas zahmes Federvieh im Grase herum. Die
Ein-
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Junius.vierzehn, woraus ſich abnehmen laͤßt, daß dieſes Volk ſich eben nicht ſonder- lich mit dem Fiſchfang abgeben mag.
Der Capitain und mein Vater kamen noch vor Untergang dee Sonne an Bord zuruͤck. Die Einwohner hatten ihnen den Ankerwaͤchter ruhig wieder an Bord nehmen laſſen. Einige dazu gehoͤrende Stuͤcke waren zwar verloren gegangen; konnten aber leicht erſetzt werden. Die Indianer hatten ſich in der dortigen Gegend des Havens mit den unſrigen alsbald in Handel eingelaſſen, aber nichts als Waffen und Zierrathen verkaufen wollen, doch bekamen ſie auch nur lauter unbedeutende Kleinigkeiten dagegen. Ein altes Weib uͤberließ ih- nen den Zierrath, den man hier zu Lande in dem Knotpel der Naſe zu tragen pflegt. Er beſtand aus zwey halbdurchſichtigen, keilfoͤrmig geſchnittenen und an beyden ſpitzigen Enden, mit zaͤhen Grashalmen zuſammengebundenen Stuͤ- cken Selenit-Stein. Das dickere Ende derſelben hatte ohngefaͤhr einen halben Zoll im Durchmeſſer und jedes dreyviertel Zoll in der Laͤnge. Sie beraubte ſich dieſes koſt- baren Stuͤcks, ohnerachtet es bis dahin ihrer Naſe zum Schmuck gedient hatte, die, an und fuͤr ſich, breit und mit einer ſchwarzen Farbe beſchmiert, mithin in aller Abſicht haͤßlich zu nennen war. Unſre Leute ließen ſich angelegen ſeyn, Lebensmittel und Erfriſchungen zu erhalten; aber aller angewandten Bemuͤhungen ohner- achtet, wollten die Indianer nichts von der Art zu Markte bringen. Unſre Waaren mogten ihnen nicht annehmlich genug duͤnken, um Lebensmittel dafuͤr wegzuge- ben, die im Grunde uͤberall den wahren Reichthum eines Volkes ausmachen. Dafuͤr ließen auch alle Nationen der Suͤdſee ſie bey ihrem Tauſchhandel gelten, und man konnte den Reichthum einer Nation, imgleichen die Fruchtbarkeit ihres Landes, aus dem groͤßern oder geringern Maas von Lebensmitteln, womit ſie unſere Waaren, nach Verhaͤltniß ihrer Brauchbarkeit bezahlten, faſt durch- gehends ziemlich genau beurtheilen. Bey dieſer Gelegenheit giengen unſre Leute nach der Landſpitze des Havens hinauf, woſelbſt ſie eine verzaͤunte Pflanzung von Piſangs-Brodfruchtbaͤumen, Cocos-Palmen, nebſt andern Pflan- zen, und nicht weit davon, ein Paar elende kleine Huͤtten antrafen. Es wa- ren bloße Strohdaͤcher von Palmblaͤttern, die auf etlichen Pfoſten ruheten, aber ſo niedrig, daß man nicht aufrecht darunter ſtehen konnte. In der Nachbarſchaft derſelben liefen Schweine und etwas zahmes Federvieh im Graſe herum. Die
Ein-
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[176/0190]
Forſter’s Reiſe um die Welt
vierzehn, woraus ſich abnehmen laͤßt, daß dieſes Volk ſich eben nicht ſonder-
lich mit dem Fiſchfang abgeben mag.
1774.
Junius.
Der Capitain und mein Vater kamen noch vor Untergang dee Sonne
an Bord zuruͤck. Die Einwohner hatten ihnen den Ankerwaͤchter ruhig wieder
an Bord nehmen laſſen. Einige dazu gehoͤrende Stuͤcke waren zwar verloren
gegangen; konnten aber leicht erſetzt werden. Die Indianer hatten ſich in der
dortigen Gegend des Havens mit den unſrigen alsbald in Handel eingelaſſen, aber
nichts als Waffen und Zierrathen verkaufen wollen, doch bekamen ſie auch nur
lauter unbedeutende Kleinigkeiten dagegen. Ein altes Weib uͤberließ ih-
nen den Zierrath, den man hier zu Lande in dem Knotpel der Naſe zu tragen
pflegt. Er beſtand aus zwey halbdurchſichtigen, keilfoͤrmig geſchnittenen und
an beyden ſpitzigen Enden, mit zaͤhen Grashalmen zuſammengebundenen Stuͤ-
cken Selenit-Stein. Das dickere Ende derſelben hatte ohngefaͤhr einen halben Zoll
im Durchmeſſer und jedes dreyviertel Zoll in der Laͤnge. Sie beraubte ſich dieſes koſt-
baren Stuͤcks, ohnerachtet es bis dahin ihrer Naſe zum Schmuck gedient hatte,
die, an und fuͤr ſich, breit und mit einer ſchwarzen Farbe beſchmiert, mithin in aller
Abſicht haͤßlich zu nennen war. Unſre Leute ließen ſich angelegen ſeyn, Lebensmittel
und Erfriſchungen zu erhalten; aber aller angewandten Bemuͤhungen ohner-
achtet, wollten die Indianer nichts von der Art zu Markte bringen. Unſre Waaren
mogten ihnen nicht annehmlich genug duͤnken, um Lebensmittel dafuͤr wegzuge-
ben, die im Grunde uͤberall den wahren Reichthum eines Volkes ausmachen.
Dafuͤr ließen auch alle Nationen der Suͤdſee ſie bey ihrem Tauſchhandel gelten,
und man konnte den Reichthum einer Nation, imgleichen die Fruchtbarkeit
ihres Landes, aus dem groͤßern oder geringern Maas von Lebensmitteln, womit
ſie unſere Waaren, nach Verhaͤltniß ihrer Brauchbarkeit bezahlten, faſt durch-
gehends ziemlich genau beurtheilen. Bey dieſer Gelegenheit giengen unſre Leute
nach der Landſpitze des Havens hinauf, woſelbſt ſie eine verzaͤunte Pflanzung
von Piſangs-Brodfruchtbaͤumen, Cocos-Palmen, nebſt andern Pflan-
zen, und nicht weit davon, ein Paar elende kleine Huͤtten antrafen. Es wa-
ren bloße Strohdaͤcher von Palmblaͤttern, die auf etlichen Pfoſten ruheten, aber ſo
niedrig, daß man nicht aufrecht darunter ſtehen konnte. In der Nachbarſchaft
derſelben liefen Schweine und etwas zahmes Federvieh im Graſe herum. Die
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/190>, abgerufen am 27.11.2024.
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