Am nächsten Morgen war das Wetter wiederum gelind und hell, daher wir des Herrn von Bougainville südlichste Insel sehr deutlich sehen konnten. Zwischen dieser und dem südlichen Ende von Pfingst-Eyland ist eine Durch- fahrt, ohngefähr sechs Meilen breit, vorhanden. Von der südlichen Insel läuft eine lange, flache Landspitze gegen Osten in die See hinaus; die nördliche Küste hingegen ist unmittelbar am Meere sehr steil, doch dehnt sie sich obenher ganz sanft und allmählig gegen die Landeinwärts gelegenen Berge hin. Unter den Wolken, womit die Gipfel derselben eingehüllet waren, bemerkten wir einige dickere Massen, die aus Rauch zu bestehen, und von einem brennenden Berge herzukommen schie- nen. Diese Insel ist ohngefähr sieben See-Meilen lang; die Mitte derselben liegt in 16°. 15'. Süder-Breite, und in 168°. 20'. Oestlicher Länge.
Noch desselben Tages entdeckten wir, auch gegen Westen hin, Land, wel- ches der Lage nach, die südwestlichste derer vom Herrn von Bougainville all- hier aufgefundenen Inseln zu seyn schien. Der Anblick so vieler und mannigfal- tiger neuen Eylande war uns sehr erfreulich, und wir steuerten mit der größten Begierde darnach hin. Als wir das nordwestliche Ende jener Insel, auf der wir einen Volcan vermutheten, erreicht hatten, blieb uns über die Richtigkeit dieser Meynung gar kein Zweifel übrig, denn nunmehro konnte man von dem Gipfel eines tief im Lande gelegenen Berges, ganz deutlich, weiße Dampfsäulen mit Ungestüm in die Höhe steigen sehen. Die südwestliche Küste dieser In- sel bestand aus einer großen flachen Ebne, auf welcher zwischen den Bäumen, die wir seit unsrer Abreise von Tahiti nirgends so schön gefunden hatten, unzäh- lige Hütten-Feuer hervorblinkten. Das war ein doppelter Beweis von der Fruchtbarkeit und der ansehnlichen Bevölkerung dieses Landes. Nachdem wir das West-Ende desselben paßirt hatten, kamen gegen Süd-Osten wiederum zwo andre Inseln zum Vorschein. Die eine davon bestand aus einem sehr ho- hen Berge, der ebenfalls einem Volcane gleich sahe; und weit gegen Süden hin, zeigte sich noch eine andre Insel mit drey hohen Bergen. Das westliche Land, auf welches wir zuseegelten, war eben so schön, als dasjenige, welches wir jetzt hinter uns liessen. Die Wälder prangten mit dem vortreflichsten Grün, und Cocos-Palmen zeigten sich überall in großer Menge. Die Berge lagen ziemlich tief im Lande, daher es zwischen denselben und dem Ufer flache Eb-
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Julius.
Am naͤchſten Morgen war das Wetter wiederum gelind und hell, daher wir des Herrn von Bougainville ſuͤdlichſte Inſel ſehr deutlich ſehen konnten. Zwiſchen dieſer und dem ſuͤdlichen Ende von Pfingſt-Eyland iſt eine Durch- fahrt, ohngefaͤhr ſechs Meilen breit, vorhanden. Von der ſuͤdlichen Inſel laͤuft eine lange, flache Landſpitze gegen Oſten in die See hinaus; die noͤrdliche Kuͤſte hingegen iſt unmittelbar am Meere ſehr ſteil, doch dehnt ſie ſich obenher ganz ſanft und allmaͤhlig gegen die Landeinwaͤrts gelegenen Berge hin. Unter den Wolken, womit die Gipfel derſelben eingehuͤllet waren, bemerkten wir einige dickere Maſſen, die aus Rauch zu beſtehen, und von einem brennenden Berge herzukommen ſchie- nen. Dieſe Inſel iſt ohngefaͤhr ſieben See-Meilen lang; die Mitte derſelben liegt in 16°. 15'. Suͤder-Breite, und in 168°. 20'. Oeſtlicher Laͤnge.
Noch deſſelben Tages entdeckten wir, auch gegen Weſten hin, Land, wel- ches der Lage nach, die ſuͤdweſtlichſte derer vom Herrn von Bougainville all- hier aufgefundenen Inſeln zu ſeyn ſchien. Der Anblick ſo vieler und mannigfal- tiger neuen Eylande war uns ſehr erfreulich, und wir ſteuerten mit der groͤßten Begierde darnach hin. Als wir das nordweſtliche Ende jener Inſel, auf der wir einen Volcan vermutheten, erreicht hatten, blieb uns uͤber die Richtigkeit dieſer Meynung gar kein Zweifel uͤbrig, denn nunmehro konnte man von dem Gipfel eines tief im Lande gelegenen Berges, ganz deutlich, weiße Dampfſaͤulen mit Ungeſtuͤm in die Hoͤhe ſteigen ſehen. Die ſuͤdweſtliche Kuͤſte dieſer In- ſel beſtand aus einer großen flachen Ebne, auf welcher zwiſchen den Baͤumen, die wir ſeit unſrer Abreiſe von Tahiti nirgends ſo ſchoͤn gefunden hatten, unzaͤh- lige Huͤtten-Feuer hervorblinkten. Das war ein doppelter Beweis von der Fruchtbarkeit und der anſehnlichen Bevoͤlkerung dieſes Landes. Nachdem wir das Weſt-Ende deſſelben paßirt hatten, kamen gegen Suͤd-Oſten wiederum zwo andre Inſeln zum Vorſchein. Die eine davon beſtand aus einem ſehr ho- hen Berge, der ebenfalls einem Volcane gleich ſahe; und weit gegen Suͤden hin, zeigte ſich noch eine andre Inſel mit drey hohen Bergen. Das weſtliche Land, auf welches wir zuſeegelten, war eben ſo ſchoͤn, als dasjenige, welches wir jetzt hinter uns lieſſen. Die Waͤlder prangten mit dem vortreflichſten Gruͤn, und Cocos-Palmen zeigten ſich uͤberall in großer Menge. Die Berge lagen ziemlich tief im Lande, daher es zwiſchen denſelben und dem Ufer flache Eb-
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Am naͤchſten Morgen war das Wetter wiederum gelind und hell, daher
wir des Herrn von Bougainville ſuͤdlichſte Inſel ſehr deutlich ſehen konnten.
Zwiſchen dieſer und dem ſuͤdlichen Ende von Pfingſt-Eyland iſt eine Durch-
fahrt, ohngefaͤhr ſechs Meilen breit, vorhanden. Von der ſuͤdlichen Inſel laͤuft
eine lange, flache Landſpitze gegen Oſten in die See hinaus; die noͤrdliche Kuͤſte
hingegen iſt unmittelbar am Meere ſehr ſteil, doch dehnt ſie ſich obenher ganz ſanft
und allmaͤhlig gegen die Landeinwaͤrts gelegenen Berge hin. Unter den Wolken,
womit die Gipfel derſelben eingehuͤllet waren, bemerkten wir einige dickere Maſſen,
die aus Rauch zu beſtehen, und von einem brennenden Berge herzukommen ſchie-
nen. Dieſe Inſel iſt ohngefaͤhr ſieben See-Meilen lang; die Mitte derſelben
liegt in 16°. 15'. Suͤder-Breite, und in 168°. 20'. Oeſtlicher Laͤnge.
Noch deſſelben Tages entdeckten wir, auch gegen Weſten hin, Land, wel-
ches der Lage nach, die ſuͤdweſtlichſte derer vom Herrn von Bougainville all-
hier aufgefundenen Inſeln zu ſeyn ſchien. Der Anblick ſo vieler und mannigfal-
tiger neuen Eylande war uns ſehr erfreulich, und wir ſteuerten mit der groͤßten
Begierde darnach hin. Als wir das nordweſtliche Ende jener Inſel, auf der
wir einen Volcan vermutheten, erreicht hatten, blieb uns uͤber die Richtigkeit
dieſer Meynung gar kein Zweifel uͤbrig, denn nunmehro konnte man von dem
Gipfel eines tief im Lande gelegenen Berges, ganz deutlich, weiße Dampfſaͤulen
mit Ungeſtuͤm in die Hoͤhe ſteigen ſehen. Die ſuͤdweſtliche Kuͤſte dieſer In-
ſel beſtand aus einer großen flachen Ebne, auf welcher zwiſchen den Baͤumen,
die wir ſeit unſrer Abreiſe von Tahiti nirgends ſo ſchoͤn gefunden hatten, unzaͤh-
lige Huͤtten-Feuer hervorblinkten. Das war ein doppelter Beweis von der
Fruchtbarkeit und der anſehnlichen Bevoͤlkerung dieſes Landes. Nachdem wir
das Weſt-Ende deſſelben paßirt hatten, kamen gegen Suͤd-Oſten wiederum
zwo andre Inſeln zum Vorſchein. Die eine davon beſtand aus einem ſehr ho-
hen Berge, der ebenfalls einem Volcane gleich ſahe; und weit gegen Suͤden hin,
zeigte ſich noch eine andre Inſel mit drey hohen Bergen. Das weſtliche Land,
auf welches wir zuſeegelten, war eben ſo ſchoͤn, als dasjenige, welches wir jetzt
hinter uns lieſſen. Die Waͤlder prangten mit dem vortreflichſten Gruͤn, und
Cocos-Palmen zeigten ſich uͤberall in großer Menge. Die Berge lagen
ziemlich tief im Lande, daher es zwiſchen denſelben und dem Ufer flache Eb-
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/174>, abgerufen am 23.11.2024.
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