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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Junius.
Schusses, vor Schmerz zu Boden stürzte. Damit noch nicht zufrieden, ward
Befehl gegeben, daß vom Schiffe aus drey Canonen, eine nach der andern,
gegen die höchste Spitze der Insel hin, abgefeuert werden sollten. Nun,
dachte man, würden die Indianer sich eiligst entfernen; allein, in vollem
Vertrauen auf ihre Unschuld blieben sie zum Theil noch immer am Stran-
de, ja einige Canots ruderten, nach wie vor, um das Schiff herum. Einer von
den Indianern betrug sich bey dieser Gelegenheit, vor allen seinen übrigen Lan-
desleuten, ganz besonders stoisch. Er hatte ein kleines Canot, in welchem er
den andern Canots, die vom Lande her kamen, immer entgegen fuhr, um aus
denselben, für Corallen und Nägel die er von uns gelöset hatte, das, was
ihm am besten anstand, aufzukaufen, und dergleichen ausgesuchte neue Ladun-
gen mit desto größerm Vortheil bey uns anzubringen Da er nicht leicht ein
Canot an das Schiff heran ließ, bevor ers nicht durchsucht hatte, so nannten
ihn die Matrosen nur den Zollhaus-Visitator. Dieser Kerl lag eben dicht an
der Seite unseres Schiffes und schöpfte das eingedrungene Wasser aus seinem
Canot, als die Kanonen, kaum 6 Fuß hoch über seinem Kopfe, abgefeuert
wurden. Man hätte also wohl vermuthen können, daß das plötzliche Krachen
des Geschützes ihn gewaltig erschreckt, ja gleichsam betäubt haben würde.
Allein von alle dem erfolgte nicht das geringste; er sahe nicht einmal darnach
in die Höhe, sondern blieb, nach wie vor, bey seinem Wasserschöpfen, und
trieb unmittelbar darauf seinen Handel wiederum fort gleichsam als ob gar
nichts vorgefallen wäre.

Wir waren noch nicht lange zu dem Capitain und seinem Commando ge-
stoßen, als die unglückliche Veranlassung alles Unheils, das Böttcher-Beil,
wieder abgeliefert wurde. Eine Frauensperson von mittlerm Alter, die einiges
Ansehen zu haben schien, hatte etliche ihrer Leute darnach ausgeschickt, und diese
schafften nicht nur dies eine Stück, sondern auch eine Patrontasche und Herrn
Pattons Vogelflinte wieder herbey, welche, dem Anschein nach, im Wasser ver-
steckt gewesen seyn mußte. Es währete nicht lange, so brachten ein paar In-
dianer ihren verwundeten Landsmann, der fast keine Besinnung mehr zu haben
schien, auf einem Brette zu uns hergetragen. Man schickte deshalb gleich
nach dem Wundarzt Herrn Patton, und ließ den armen Schelm unterdessen

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Junius.
Schuſſes, vor Schmerz zu Boden ſtuͤrzte. Damit noch nicht zufrieden, ward
Befehl gegeben, daß vom Schiffe aus drey Canonen, eine nach der andern,
gegen die hoͤchſte Spitze der Inſel hin, abgefeuert werden ſollten. Nun,
dachte man, wuͤrden die Indianer ſich eiligſt entfernen; allein, in vollem
Vertrauen auf ihre Unſchuld blieben ſie zum Theil noch immer am Stran-
de, ja einige Canots ruderten, nach wie vor, um das Schiff herum. Einer von
den Indianern betrug ſich bey dieſer Gelegenheit, vor allen ſeinen uͤbrigen Lan-
desleuten, ganz beſonders ſtoiſch. Er hatte ein kleines Canot, in welchem er
den andern Canots, die vom Lande her kamen, immer entgegen fuhr, um aus
denſelben, fuͤr Corallen und Naͤgel die er von uns geloͤſet hatte, das, was
ihm am beſten anſtand, aufzukaufen, und dergleichen ausgeſuchte neue Ladun-
gen mit deſto groͤßerm Vortheil bey uns anzubringen Da er nicht leicht ein
Canot an das Schiff heran ließ, bevor ers nicht durchſucht hatte, ſo nannten
ihn die Matroſen nur den Zollhaus-Viſitator. Dieſer Kerl lag eben dicht an
der Seite unſeres Schiffes und ſchoͤpfte das eingedrungene Waſſer aus ſeinem
Canot, als die Kanonen, kaum 6 Fuß hoch uͤber ſeinem Kopfe, abgefeuert
wurden. Man haͤtte alſo wohl vermuthen koͤnnen, daß das ploͤtzliche Krachen
des Geſchuͤtzes ihn gewaltig erſchreckt, ja gleichſam betaͤubt haben wuͤrde.
Allein von alle dem erfolgte nicht das geringſte; er ſahe nicht einmal darnach
in die Hoͤhe, ſondern blieb, nach wie vor, bey ſeinem Waſſerſchoͤpfen, und
trieb unmittelbar darauf ſeinen Handel wiederum fort gleichſam als ob gar
nichts vorgefallen waͤre.

Wir waren noch nicht lange zu dem Capitain und ſeinem Commando ge-
ſtoßen, als die ungluͤckliche Veranlaſſung alles Unheils, das Boͤttcher-Beil,
wieder abgeliefert wurde. Eine Frauensperſon von mittlerm Alter, die einiges
Anſehen zu haben ſchien, hatte etliche ihrer Leute darnach ausgeſchickt, und dieſe
ſchafften nicht nur dies eine Stuͤck, ſondern auch eine Patrontaſche und Herrn
Pattons Vogelflinte wieder herbey, welche, dem Anſchein nach, im Waſſer ver-
ſteckt geweſen ſeyn mußte. Es waͤhrete nicht lange, ſo brachten ein paar In-
dianer ihren verwundeten Landsmann, der faſt keine Beſinnung mehr zu haben
ſchien, auf einem Brette zu uns hergetragen. Man ſchickte deshalb gleich
nach dem Wundarzt Herrn Patton, und ließ den armen Schelm unterdeſſen

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[146/0158] Forſter’s Reiſe um die Welt Schuſſes, vor Schmerz zu Boden ſtuͤrzte. Damit noch nicht zufrieden, ward Befehl gegeben, daß vom Schiffe aus drey Canonen, eine nach der andern, gegen die hoͤchſte Spitze der Inſel hin, abgefeuert werden ſollten. Nun, dachte man, wuͤrden die Indianer ſich eiligſt entfernen; allein, in vollem Vertrauen auf ihre Unſchuld blieben ſie zum Theil noch immer am Stran- de, ja einige Canots ruderten, nach wie vor, um das Schiff herum. Einer von den Indianern betrug ſich bey dieſer Gelegenheit, vor allen ſeinen uͤbrigen Lan- desleuten, ganz beſonders ſtoiſch. Er hatte ein kleines Canot, in welchem er den andern Canots, die vom Lande her kamen, immer entgegen fuhr, um aus denſelben, fuͤr Corallen und Naͤgel die er von uns geloͤſet hatte, das, was ihm am beſten anſtand, aufzukaufen, und dergleichen ausgeſuchte neue Ladun- gen mit deſto groͤßerm Vortheil bey uns anzubringen Da er nicht leicht ein Canot an das Schiff heran ließ, bevor ers nicht durchſucht hatte, ſo nannten ihn die Matroſen nur den Zollhaus-Viſitator. Dieſer Kerl lag eben dicht an der Seite unſeres Schiffes und ſchoͤpfte das eingedrungene Waſſer aus ſeinem Canot, als die Kanonen, kaum 6 Fuß hoch uͤber ſeinem Kopfe, abgefeuert wurden. Man haͤtte alſo wohl vermuthen koͤnnen, daß das ploͤtzliche Krachen des Geſchuͤtzes ihn gewaltig erſchreckt, ja gleichſam betaͤubt haben wuͤrde. Allein von alle dem erfolgte nicht das geringſte; er ſahe nicht einmal darnach in die Hoͤhe, ſondern blieb, nach wie vor, bey ſeinem Waſſerſchoͤpfen, und trieb unmittelbar darauf ſeinen Handel wiederum fort gleichſam als ob gar nichts vorgefallen waͤre. 1774. Junius. Wir waren noch nicht lange zu dem Capitain und ſeinem Commando ge- ſtoßen, als die ungluͤckliche Veranlaſſung alles Unheils, das Boͤttcher-Beil, wieder abgeliefert wurde. Eine Frauensperſon von mittlerm Alter, die einiges Anſehen zu haben ſchien, hatte etliche ihrer Leute darnach ausgeſchickt, und dieſe ſchafften nicht nur dies eine Stuͤck, ſondern auch eine Patrontaſche und Herrn Pattons Vogelflinte wieder herbey, welche, dem Anſchein nach, im Waſſer ver- ſteckt geweſen ſeyn mußte. Es waͤhrete nicht lange, ſo brachten ein paar In- dianer ihren verwundeten Landsmann, der faſt keine Beſinnung mehr zu haben ſchien, auf einem Brette zu uns hergetragen. Man ſchickte deshalb gleich nach dem Wundarzt Herrn Patton, und ließ den armen Schelm unterdeſſen

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/158>, abgerufen am 23.11.2024.