Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.October.bahrste was wir von ihnen erhandelten war eine Knie-Schürze mit sternförmi- gen Figuren von Coco-Nuß-Fasern geziert, dergleichen S. 337. gedacht wor- den; diese Sterne, davon jeder 3 bis 4 Zoll im Durchschnitt hielt, stießen mit den Spitzen zusammen, und waren mit kleinen rothen Federn und Muschel-Co- rallen aufgeputzt. Unterwegens sahen wir einen neuen Beweis von der Sorg- falt, welche sie auf den Landbau wenden; wir fanden nemlich an mehrern Stellen, das Unkraut sorgfältig ausgejäthet und auf einen Haufen zusammengewor- fen, damit es vertrocknen sollte. Nachdem wir eine geraume Zeit gegangen waren, so zeigte sich's, daß wir uns verirrt hatten, wir nahmen also einen In- dianer zum Wegweiser, und dieser brachte uns, vermittelst eines von den oft be- schriebenen Feldwegen, zwischen zwey Verzäunungen, gerade auf den Faye- tuca oder Begräbniß-Platz zurück, über den wir zuvor ebenfalls gekommen wa- ren. Hier fanden wir die Capitains Cook und Furneaux nebst Herrn Hod- ges unter einer großen Menge Indianer im Grase sitzen. Sie waren eben mit einem alten triefäugigten Mann im Gespräch begriffen, der bey seinen Lands- leuten in besondern Ansehen stehen mußte, indem ihn aller Orten ein großer Haufen Volks begleitete. Dieser Mann hatte unsre Herren Reisegefährten nach zweyen Fayetucas hingeführt, und, mit dem Gesicht gegen das Gebäude gewandt, eine feyerliche Rede oder Gebet gehalten; während desselben kehrte er sich, wie man uns erzehlte, öfters gegen den Capitain Cook, und schien ihn zu befragen, hielt auch jedesmal eine Weile inne, als ob er eine Antwort erwarte; und wenn dann der Capitain mit dem Kopf nickte, so fuhr jener in sei- ner Rede fort. Zuweilen schien ihm aber das Gedächtniß untreu zu werden, in welchem Fall ihm von den Umstehenden einer oder der andre wieder zurecht half. Aus dieser Ceremonie und dem Platze wo sie vorgieng, schloß man, daß dieser Mann ein Priester sey. Doch läßt sich hieraus keinesweges folgern, daß sie eine Art von abgöttischer Religion hätten, denn so weit unsre Kenntniß ihrer got- tesdienstlichen Gebräuche reicht, haben wir nicht die geringste Spur gefunden, daß sie, gleich den Tahitiern, gewisse Vögel oder andre Creaturen besonders verehrten, sondern sie schienen blos ein unsichtbares höchstes Wesen anzuneh- men und anzubeten. Was aber, sowohl diese Leute, als die Einwohner auf Ta- hiti und den Societäts-Inseln, veranlaßt haben mag, ihren Gottesdienst neben Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.October.bahrſte was wir von ihnen erhandelten war eine Knie-Schuͤrze mit ſternfoͤrmi- gen Figuren von Coco-Nuß-Faſern geziert, dergleichen S. 337. gedacht wor- den; dieſe Sterne, davon jeder 3 bis 4 Zoll im Durchſchnitt hielt, ſtießen mit den Spitzen zuſammen, und waren mit kleinen rothen Federn und Muſchel-Co- rallen aufgeputzt. Unterwegens ſahen wir einen neuen Beweis von der Sorg- falt, welche ſie auf den Landbau wenden; wir fanden nemlich an mehrern Stellen, das Unkraut ſorgfaͤltig ausgejaͤthet und auf einen Haufen zuſammengewor- fen, damit es vertrocknen ſollte. Nachdem wir eine geraume Zeit gegangen waren, ſo zeigte ſich’s, daß wir uns verirrt hatten, wir nahmen alſo einen In- dianer zum Wegweiſer, und dieſer brachte uns, vermittelſt eines von den oft be- ſchriebenen Feldwegen, zwiſchen zwey Verzaͤunungen, gerade auf den Faye- tuca oder Begraͤbniß-Platz zuruͤck, uͤber den wir zuvor ebenfalls gekommen wa- ren. Hier fanden wir die Capitains Cook und Furneaux nebſt Herrn Hod- ges unter einer großen Menge Indianer im Graſe ſitzen. Sie waren eben mit einem alten triefaͤugigten Mann im Geſpraͤch begriffen, der bey ſeinen Lands- leuten in beſondern Anſehen ſtehen mußte, indem ihn aller Orten ein großer Haufen Volks begleitete. Dieſer Mann hatte unſre Herren Reiſegefaͤhrten nach zweyen Fayetucas hingefuͤhrt, und, mit dem Geſicht gegen das Gebaͤude gewandt, eine feyerliche Rede oder Gebet gehalten; waͤhrend deſſelben kehrte er ſich, wie man uns erzehlte, oͤfters gegen den Capitain Cook, und ſchien ihn zu befragen, hielt auch jedesmal eine Weile inne, als ob er eine Antwort erwarte; und wenn dann der Capitain mit dem Kopf nickte, ſo fuhr jener in ſei- ner Rede fort. Zuweilen ſchien ihm aber das Gedaͤchtniß untreu zu werden, in welchem Fall ihm von den Umſtehenden einer oder der andre wieder zurecht half. Aus dieſer Ceremonie und dem Platze wo ſie vorgieng, ſchloß man, daß dieſer Mann ein Prieſter ſey. Doch laͤßt ſich hieraus keinesweges folgern, daß ſie eine Art von abgoͤttiſcher Religion haͤtten, denn ſo weit unſre Kenntniß ihrer got- tesdienſtlichen Gebraͤuche reicht, haben wir nicht die geringſte Spur gefunden, daß ſie, gleich den Tahitiern, gewiſſe Voͤgel oder andre Creaturen beſonders verehrten, ſondern ſie ſchienen blos ein unſichtbares hoͤchſtes Weſen anzuneh- men und anzubeten. Was aber, ſowohl dieſe Leute, als die Einwohner auf Ta- hiti und den Societaͤts-Inſeln, veranlaßt haben mag, ihren Gottesdienſt neben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0401" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> October.</note>bahrſte was wir von ihnen erhandelten war eine Knie-Schuͤrze mit ſternfoͤrmi-<lb/> gen Figuren von Coco-Nuß-Faſern geziert, dergleichen S. 337. gedacht wor-<lb/> den; dieſe Sterne, davon jeder 3 bis 4 Zoll im Durchſchnitt hielt, ſtießen mit<lb/> den Spitzen zuſammen, und waren mit kleinen rothen Federn und Muſchel-Co-<lb/> rallen aufgeputzt. Unterwegens ſahen wir einen neuen Beweis von der Sorg-<lb/> falt, welche ſie auf den Landbau wenden; wir fanden nemlich an mehrern Stellen,<lb/> das Unkraut ſorgfaͤltig ausgejaͤthet und auf einen Haufen zuſammengewor-<lb/> fen, damit es vertrocknen ſollte. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
bahrſte was wir von ihnen erhandelten war eine Knie-Schuͤrze mit ſternfoͤrmi-
gen Figuren von Coco-Nuß-Faſern geziert, dergleichen S. 337. gedacht wor-
den; dieſe Sterne, davon jeder 3 bis 4 Zoll im Durchſchnitt hielt, ſtießen mit
den Spitzen zuſammen, und waren mit kleinen rothen Federn und Muſchel-Co-
rallen aufgeputzt. Unterwegens ſahen wir einen neuen Beweis von der Sorg-
falt, welche ſie auf den Landbau wenden; wir fanden nemlich an mehrern Stellen,
das Unkraut ſorgfaͤltig ausgejaͤthet und auf einen Haufen zuſammengewor-
fen, damit es vertrocknen ſollte. Nachdem wir eine geraume Zeit gegangen
waren, ſo zeigte ſich’s, daß wir uns verirrt hatten, wir nahmen alſo einen In-
dianer zum Wegweiſer, und dieſer brachte uns, vermittelſt eines von den oft be-
ſchriebenen Feldwegen, zwiſchen zwey Verzaͤunungen, gerade auf den Faye-
tuca oder Begraͤbniß-Platz zuruͤck, uͤber den wir zuvor ebenfalls gekommen wa-
ren. Hier fanden wir die Capitains Cook und Furneaux nebſt Herrn Hod-
ges unter einer großen Menge Indianer im Graſe ſitzen. Sie waren eben
mit einem alten triefaͤugigten Mann im Geſpraͤch begriffen, der bey ſeinen Lands-
leuten in beſondern Anſehen ſtehen mußte, indem ihn aller Orten ein großer
Haufen Volks begleitete. Dieſer Mann hatte unſre Herren Reiſegefaͤhrten
nach zweyen Fayetucas hingefuͤhrt, und, mit dem Geſicht gegen das Gebaͤude
gewandt, eine feyerliche Rede oder Gebet gehalten; waͤhrend deſſelben kehrte
er ſich, wie man uns erzehlte, oͤfters gegen den Capitain Cook, und ſchien
ihn zu befragen, hielt auch jedesmal eine Weile inne, als ob er eine Antwort
erwarte; und wenn dann der Capitain mit dem Kopf nickte, ſo fuhr jener in ſei-
ner Rede fort. Zuweilen ſchien ihm aber das Gedaͤchtniß untreu zu werden, in
welchem Fall ihm von den Umſtehenden einer oder der andre wieder zurecht half.
Aus dieſer Ceremonie und dem Platze wo ſie vorgieng, ſchloß man, daß dieſer
Mann ein Prieſter ſey. Doch laͤßt ſich hieraus keinesweges folgern, daß ſie
eine Art von abgoͤttiſcher Religion haͤtten, denn ſo weit unſre Kenntniß ihrer got-
tesdienſtlichen Gebraͤuche reicht, haben wir nicht die geringſte Spur gefunden,
daß ſie, gleich den Tahitiern, gewiſſe Voͤgel oder andre Creaturen beſonders
verehrten, ſondern ſie ſchienen blos ein unſichtbares hoͤchſtes Weſen anzuneh-
men und anzubeten. Was aber, ſowohl dieſe Leute, als die Einwohner auf Ta-
hiti und den Societaͤts-Inſeln, veranlaßt haben mag, ihren Gottesdienſt neben
1773.
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