Bedünken nach, nicht weit weg seyn konnten, und wir so gar den Rauch von ih-1773. April. ren Feuern zu riechen glaubten. Vermuthlich wären sie in dem nah gelegenen Walde leicht zu entdecken gewesen; da sie uns aber so geflissentlich aus dem Wege gegangen zu seyn schienen, so wollte sie der Capitain nicht aufsuchen lassen, sondern es lieber der Zeit und ihrem freyen Willen anheim stellen, ob sie näher mit uns bekannt werden wollten oder nicht. Unterdessen war die Zeit so weit verstrichen, daß wir erst am späten Abend wieder an das Schiff zurück kamen.
Den ganzen folgenden Morgen regnete es heftig; Nachmittags aber klärte sich das Wetter auf und verstattete uns, in das auf dem jenseitigen Ufer der Bucht gelegene Holz zu gehen; Doch fanden wir es jetzt doppelt mühsam darinn fortzukommen, denn außer den bereits angezeigten Schwürigkeiten sich durch die Schling-Stauden und durch die umgefallenen Bäume hindurch zu arbeiten, hatte der heutige Regen das Erdreich dermaßen durchgeweicht und schlüpfrig gemacht, daß man fast bey jedem Schritt ausgleitete. Indessen ward unsre Mühe wenig- stens dadurch belohnt, daß wir noch einige Pflanzen in der Blüthe antrafen, ohn- erachtet es hier zu Lande sch[o]n sehr spät im Jahre war. Außerdem erregte eine Menge von unbekannten Bäumen und Sträuchern unsre Verwunderung über den Reichthum dieses Landes an neuen Pflanzen, allein dabey mußten wir es auch bewenden lassen, denn es waren weder Blüthen noch Frucht mehr daran vorhan- den, und folglich keine nähere botanische Untersuchung möglich.
Die beyden folgenden Tage über hielt uns das regnichte und stürmische Wetter am Bord eingeschlossen, und benahm uns fast den Muth; denn wenn diese Witterung so anhielt, welches der Jahreszeit nach allerdings zu befürchten stand, so ließ sich voraus sehen, wie unangenehm wir die Zeit unsers übrigen Auf- enthalts allhier zubringen würden. In dieser Besorgniß wandten wir, am 1sten April Nachmittags, den ersten heitern Augenblick dazu an, die Bucht wieder zu besuchen, in welcher wir die Indianer gesehen hatten. Wir fanden daselbst noch alles, wie wir es gelassen, und es schien die ganze Zeit über Niemand bey dem Canot gewesen zu seyn. Da das Wetter sehr hell war, so konnte man diese Bucht heute nach allen Seiten hin übersehen. Sie ist so geräumig, daß eine ganze Flort: darinn vor Anker liegen kann, und hat an der Südwest-Seite ei- nige hohe Berge, die beynahe von dem Gipfel an bis ganz an das Ufer herab
N 3
in den Jahren 1772 bis 1775.
Beduͤnken nach, nicht weit weg ſeyn konnten, und wir ſo gar den Rauch von ih-1773. April. ren Feuern zu riechen glaubten. Vermuthlich waͤren ſie in dem nah gelegenen Walde leicht zu entdecken geweſen; da ſie uns aber ſo gefliſſentlich aus dem Wege gegangen zu ſeyn ſchienen, ſo wollte ſie der Capitain nicht aufſuchen laſſen, ſondern es lieber der Zeit und ihrem freyen Willen anheim ſtellen, ob ſie naͤher mit uns bekannt werden wollten oder nicht. Unterdeſſen war die Zeit ſo weit verſtrichen, daß wir erſt am ſpaͤten Abend wieder an das Schiff zuruͤck kamen.
Den ganzen folgenden Morgen regnete es heftig; Nachmittags aber klaͤrte ſich das Wetter auf und verſtattete uns, in das auf dem jenſeitigen Ufer der Bucht gelegene Holz zu gehen; Doch fanden wir es jetzt doppelt muͤhſam darinn fortzukommen, denn außer den bereits angezeigten Schwuͤrigkeiten ſich durch die Schling-Stauden und durch die umgefallenen Baͤume hindurch zu arbeiten, hatte der heutige Regen das Erdreich dermaßen durchgeweicht und ſchluͤpfrig gemacht, daß man faſt bey jedem Schritt ausgleitete. Indeſſen ward unſre Muͤhe wenig- ſtens dadurch belohnt, daß wir noch einige Pflanzen in der Bluͤthe antrafen, ohn- erachtet es hier zu Lande ſch[o]n ſehr ſpaͤt im Jahre war. Außerdem erregte eine Menge von unbekannten Baͤumen und Straͤuchern unſre Verwunderung uͤber den Reichthum dieſes Landes an neuen Pflanzen, allein dabey mußten wir es auch bewenden laſſen, denn es waren weder Bluͤthen noch Frucht mehr daran vorhan- den, und folglich keine naͤhere botaniſche Unterſuchung moͤglich.
Die beyden folgenden Tage uͤber hielt uns das regnichte und ſtuͤrmiſche Wetter am Bord eingeſchloſſen, und benahm uns faſt den Muth; denn wenn dieſe Witterung ſo anhielt, welches der Jahreszeit nach allerdings zu befuͤrchten ſtand, ſo ließ ſich voraus ſehen, wie unangenehm wir die Zeit unſers uͤbrigen Auf- enthalts allhier zubringen wuͤrden. In dieſer Beſorgniß wandten wir, am 1ſten April Nachmittags, den erſten heitern Augenblick dazu an, die Bucht wieder zu beſuchen, in welcher wir die Indianer geſehen hatten. Wir fanden daſelbſt noch alles, wie wir es gelaſſen, und es ſchien die ganze Zeit uͤber Niemand bey dem Canot geweſen zu ſeyn. Da das Wetter ſehr hell war, ſo konnte man dieſe Bucht heute nach allen Seiten hin uͤberſehen. Sie iſt ſo geraͤumig, daß eine ganze Flort: darinn vor Anker liegen kann, und hat an der Suͤdweſt-Seite ei- nige hohe Berge, die beynahe von dem Gipfel an bis ganz an das Ufer herab
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[101/0152]
in den Jahren 1772 bis 1775.
Beduͤnken nach, nicht weit weg ſeyn konnten, und wir ſo gar den Rauch von ih-
ren Feuern zu riechen glaubten. Vermuthlich waͤren ſie in dem nah gelegenen
Walde leicht zu entdecken geweſen; da ſie uns aber ſo gefliſſentlich aus dem
Wege gegangen zu ſeyn ſchienen, ſo wollte ſie der Capitain nicht aufſuchen laſſen,
ſondern es lieber der Zeit und ihrem freyen Willen anheim ſtellen, ob ſie naͤher
mit uns bekannt werden wollten oder nicht. Unterdeſſen war die Zeit ſo weit
verſtrichen, daß wir erſt am ſpaͤten Abend wieder an das Schiff zuruͤck kamen.
1773.
April.
Den ganzen folgenden Morgen regnete es heftig; Nachmittags aber
klaͤrte ſich das Wetter auf und verſtattete uns, in das auf dem jenſeitigen Ufer der
Bucht gelegene Holz zu gehen; Doch fanden wir es jetzt doppelt muͤhſam darinn
fortzukommen, denn außer den bereits angezeigten Schwuͤrigkeiten ſich durch die
Schling-Stauden und durch die umgefallenen Baͤume hindurch zu arbeiten, hatte
der heutige Regen das Erdreich dermaßen durchgeweicht und ſchluͤpfrig gemacht,
daß man faſt bey jedem Schritt ausgleitete. Indeſſen ward unſre Muͤhe wenig-
ſtens dadurch belohnt, daß wir noch einige Pflanzen in der Bluͤthe antrafen, ohn-
erachtet es hier zu Lande ſchon ſehr ſpaͤt im Jahre war. Außerdem erregte eine
Menge von unbekannten Baͤumen und Straͤuchern unſre Verwunderung uͤber den
Reichthum dieſes Landes an neuen Pflanzen, allein dabey mußten wir es auch
bewenden laſſen, denn es waren weder Bluͤthen noch Frucht mehr daran vorhan-
den, und folglich keine naͤhere botaniſche Unterſuchung moͤglich.
Die beyden folgenden Tage uͤber hielt uns das regnichte und ſtuͤrmiſche
Wetter am Bord eingeſchloſſen, und benahm uns faſt den Muth; denn wenn
dieſe Witterung ſo anhielt, welches der Jahreszeit nach allerdings zu befuͤrchten
ſtand, ſo ließ ſich voraus ſehen, wie unangenehm wir die Zeit unſers uͤbrigen Auf-
enthalts allhier zubringen wuͤrden. In dieſer Beſorgniß wandten wir, am 1ſten
April Nachmittags, den erſten heitern Augenblick dazu an, die Bucht wieder zu
beſuchen, in welcher wir die Indianer geſehen hatten. Wir fanden daſelbſt noch
alles, wie wir es gelaſſen, und es ſchien die ganze Zeit uͤber Niemand bey dem
Canot geweſen zu ſeyn. Da das Wetter ſehr hell war, ſo konnte man dieſe
Bucht heute nach allen Seiten hin uͤberſehen. Sie iſt ſo geraͤumig, daß eine
ganze Flort: darinn vor Anker liegen kann, und hat an der Suͤdweſt-Seite ei-
nige hohe Berge, die beynahe von dem Gipfel an bis ganz an das Ufer herab
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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