Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
März.
Erdreich hingegen, habe ich sie als eine kleine Staude ohngefähr nur sechs Zoll
hoch gefunden, und daß sie, dieser geringen Größe ohnerachtet, gesund und voll-
kommen war, bezeugten Frucht und Blüthe. Gewöhnlicher Weise wird sie aber
acht bis zehen Fus hoch, und ohngefähr drey Zoll im Durchschnitt stark. In
diesem Fall ist der Stamm unregelmäßig und ungleich, treibt kurz über der Erde
schon Zweige aus, die mit dem Stamm gemeiniglich spitze Winkel ausmachen,
und nur allein an den äußersten Enden Blätter und Blüthen haben. Die Blu-
men sind weis und geben der Pflanze eine große Zierde. Man versuchte es auch die
Blätter eines andern Baumes, der in dieser Gegend sehr häufig wuchs, *) zur In-
fusion zu gebrauchen; allein, seiner Aehnlichkeit mit dem Fichtengeschlecht und ei-
nes gewissen harzichten Geschmacks wegen, fanden wir bald, daß er sich zwar nicht
zum Thee, hingegen zu jenem gesunden und angenehmen Getränk, das in West-
indien
unter dem Namen Spruce- oder Sprossen Bier bekannt ist, noch besser als
der americanische Spruce-Baum (Spruce-tree) schicken würde. Wir braueten
auch würklich, mit einem Zusatz von etwas Bier- Würz- Eßenz und Syrup,
eine sehr gute Art von Bier daraus, und machten dieses in der Folge durch eine
Beymischung von Blüthen und Blättern des neuen Theebaums noch angeneh-
mer und beßer. Der Geschmack war lieblich aber etwas bitter; und der einzige
Fehler, den wir daran finden konnten, bestand darinn, daß es früh, bey nüchter-
nem Magen getrunken, zuweilen Uebelkeit verursachte. In jedem andern Betracht
hingegen war es vortreflich und gesund. Der Neu-Seeländische Spruce-
Baum ist von schönem Gewächs und Ansehn, denn er schießt bisweilen
zu einer Höhe von hundert Fuß auf und hat alsdenn wohl zehn Fuß im Umfange.
Wegen seiner niederhängenden Aeste fällt er sehr in die Augen, und sein
Laub besteht aus einer Menge langer, hellgrüner Blätter, die den Kiehn-Nadeln
gleichen und als Faden von den Zweigen herabhängen, wie aus der hier beyge-
fügten Abbildung zu ersehen ist. Ohngeachtet sich in den hiesigen Wäldern nur
allein der Spruce- und der Theebaum fand, von welchen man etwas genießen
konnte, so waren doch die übrigen, in großer Menge und Verschiedenheit vor-
handenen Bäume, theils zum Schiffbau, theils zu Tischler- und andrer Holz-

*) Dieser nüzliche Baum verdiente zwar ebenfalls für die Seefahrer genauer beschrieben zu
werden; wir konnten aber der späten Jahrszeit wegen weder Blüthen noch Früchte da
von austreiben.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Maͤrz.
Erdreich hingegen, habe ich ſie als eine kleine Staude ohngefaͤhr nur ſechs Zoll
hoch gefunden, und daß ſie, dieſer geringen Groͤße ohnerachtet, geſund und voll-
kommen war, bezeugten Frucht und Bluͤthe. Gewoͤhnlicher Weiſe wird ſie aber
acht bis zehen Fus hoch, und ohngefaͤhr drey Zoll im Durchſchnitt ſtark. In
dieſem Fall iſt der Stamm unregelmaͤßig und ungleich, treibt kurz uͤber der Erde
ſchon Zweige aus, die mit dem Stamm gemeiniglich ſpitze Winkel ausmachen,
und nur allein an den aͤußerſten Enden Blaͤtter und Bluͤthen haben. Die Blu-
men ſind weis und geben der Pflanze eine große Zierde. Man verſuchte es auch die
Blaͤtter eines andern Baumes, der in dieſer Gegend ſehr haͤufig wuchs, *) zur In-
fuſion zu gebrauchen; allein, ſeiner Aehnlichkeit mit dem Fichtengeſchlecht und ei-
nes gewiſſen harzichten Geſchmacks wegen, fanden wir bald, daß er ſich zwar nicht
zum Thee, hingegen zu jenem geſunden und angenehmen Getraͤnk, das in Weſt-
indien
unter dem Namen Spruce- oder Sproſſen Bier bekannt iſt, noch beſſer als
der americaniſche Spruce-Baum (Spruce-tree) ſchicken wuͤrde. Wir braueten
auch wuͤrklich, mit einem Zuſatz von etwas Bier- Wuͤrz- Eßenz und Syrup,
eine ſehr gute Art von Bier daraus, und machten dieſes in der Folge durch eine
Beymiſchung von Bluͤthen und Blaͤttern des neuen Theebaums noch angeneh-
mer und beßer. Der Geſchmack war lieblich aber etwas bitter; und der einzige
Fehler, den wir daran finden konnten, beſtand darinn, daß es fruͤh, bey nuͤchter-
nem Magen getrunken, zuweilen Uebelkeit verurſachte. In jedem andern Betracht
hingegen war es vortreflich und geſund. Der Neu-Seelaͤndiſche Spruce-
Baum iſt von ſchoͤnem Gewaͤchs und Anſehn, denn er ſchießt bisweilen
zu einer Hoͤhe von hundert Fuß auf und hat alsdenn wohl zehn Fuß im Umfange.
Wegen ſeiner niederhaͤngenden Aeſte faͤllt er ſehr in die Augen, und ſein
Laub beſteht aus einer Menge langer, hellgruͤner Blaͤtter, die den Kiehn-Nadeln
gleichen und als Faden von den Zweigen herabhaͤngen, wie aus der hier beyge-
fuͤgten Abbildung zu erſehen iſt. Ohngeachtet ſich in den hieſigen Waͤldern nur
allein der Spruce- und der Theebaum fand, von welchen man etwas genießen
konnte, ſo waren doch die uͤbrigen, in großer Menge und Verſchiedenheit vor-
handenen Baͤume, theils zum Schiffbau, theils zu Tiſchler- und andrer Holz-

*) Dieſer nuͤzliche Baum verdiente zwar ebenfalls fuͤr die Seefahrer genauer beſchrieben zu
werden; wir konnten aber der ſpaͤten Jahrszeit wegen weder Bluͤthen noch Fruͤchte da
von auſtreiben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
Ma&#x0364;rz.</note>Erdreich hingegen, habe ich &#x017F;ie als eine kleine Staude ohngefa&#x0364;hr nur &#x017F;echs Zoll<lb/>
hoch gefunden, und daß &#x017F;ie, die&#x017F;er geringen Gro&#x0364;ße ohnerachtet, ge&#x017F;und und voll-<lb/>
kommen war, bezeugten Frucht und Blu&#x0364;the. Gewo&#x0364;hnlicher Wei&#x017F;e wird &#x017F;ie aber<lb/>
acht bis zehen Fus hoch, und ohngefa&#x0364;hr drey Zoll im Durch&#x017F;chnitt &#x017F;tark. In<lb/>
die&#x017F;em Fall i&#x017F;t der Stamm unregelma&#x0364;ßig und ungleich, treibt kurz u&#x0364;ber der Erde<lb/>
&#x017F;chon Zweige aus, die mit dem Stamm gemeiniglich &#x017F;pitze Winkel ausmachen,<lb/>
und nur allein an den a&#x0364;ußer&#x017F;ten Enden Bla&#x0364;tter und Blu&#x0364;then haben. Die Blu-<lb/>
men &#x017F;ind weis und geben der Pflanze eine große Zierde. Man ver&#x017F;uchte es auch die<lb/>
Bla&#x0364;tter eines andern Baumes, der in die&#x017F;er Gegend &#x017F;ehr ha&#x0364;ufig wuchs, <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;er nu&#x0364;zliche Baum verdiente zwar ebenfalls fu&#x0364;r die Seefahrer genauer be&#x017F;chrieben zu<lb/>
werden; wir konnten aber der &#x017F;pa&#x0364;ten Jahrszeit wegen weder Blu&#x0364;then noch Fru&#x0364;chte da<lb/>
von au&#x017F;treiben.</note> zur In-<lb/>
fu&#x017F;ion zu gebrauchen; allein, &#x017F;einer Aehnlichkeit mit dem Fichtenge&#x017F;chlecht und ei-<lb/>
nes gewi&#x017F;&#x017F;en harzichten Ge&#x017F;chmacks wegen, fanden wir bald, daß er &#x017F;ich zwar nicht<lb/>
zum Thee, hingegen zu jenem ge&#x017F;unden und angenehmen Getra&#x0364;nk, das in <placeName>We&#x017F;t-<lb/>
indien</placeName> unter dem Namen <hi rendition="#fr">Spruce</hi>- oder Spro&#x017F;&#x017F;en Bier bekannt i&#x017F;t, noch be&#x017F;&#x017F;er als<lb/>
der americani&#x017F;che <hi rendition="#fr">Spruce</hi>-Baum (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Spruce-tree</hi></hi>) &#x017F;chicken wu&#x0364;rde. Wir braueten<lb/>
auch wu&#x0364;rklich, mit einem Zu&#x017F;atz von etwas Bier- Wu&#x0364;rz- Eßenz und Syrup,<lb/>
eine &#x017F;ehr gute Art von Bier daraus, und machten die&#x017F;es in der Folge durch eine<lb/>
Beymi&#x017F;chung von Blu&#x0364;then und Bla&#x0364;ttern des neuen Theebaums noch angeneh-<lb/>
mer und beßer. Der Ge&#x017F;chmack war lieblich aber etwas bitter; und der einzige<lb/>
Fehler, den wir daran finden konnten, be&#x017F;tand darinn, daß es fru&#x0364;h, bey nu&#x0364;chter-<lb/>
nem Magen getrunken, zuweilen Uebelkeit verur&#x017F;achte. In jedem andern Betracht<lb/>
hingegen war es vortreflich und ge&#x017F;und. Der Neu-Seela&#x0364;ndi&#x017F;che Spruce-<lb/>
Baum i&#x017F;t von &#x017F;cho&#x0364;nem Gewa&#x0364;chs und An&#x017F;ehn, denn er &#x017F;chießt bisweilen<lb/>
zu einer Ho&#x0364;he von hundert Fuß auf und hat alsdenn wohl zehn Fuß im Umfange.<lb/>
Wegen &#x017F;einer niederha&#x0364;ngenden Ae&#x017F;te fa&#x0364;llt er &#x017F;ehr in die Augen, und &#x017F;ein<lb/>
Laub be&#x017F;teht aus einer Menge langer, hellgru&#x0364;ner Bla&#x0364;tter, die den Kiehn-Nadeln<lb/>
gleichen und als Faden von den Zweigen herabha&#x0364;ngen, wie aus der hier beyge-<lb/>
fu&#x0364;gten Abbildung zu er&#x017F;ehen i&#x017F;t. Ohngeachtet &#x017F;ich in den hie&#x017F;igen Wa&#x0364;ldern nur<lb/>
allein der Spruce- und der Theebaum fand, von welchen man etwas genießen<lb/>
konnte, &#x017F;o waren doch die u&#x0364;brigen, in großer Menge und Ver&#x017F;chiedenheit vor-<lb/>
handenen Ba&#x0364;ume, theils zum Schiffbau, theils zu Ti&#x017F;chler- und andrer Holz-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0145] Forſter’s Reiſe um die Welt Erdreich hingegen, habe ich ſie als eine kleine Staude ohngefaͤhr nur ſechs Zoll hoch gefunden, und daß ſie, dieſer geringen Groͤße ohnerachtet, geſund und voll- kommen war, bezeugten Frucht und Bluͤthe. Gewoͤhnlicher Weiſe wird ſie aber acht bis zehen Fus hoch, und ohngefaͤhr drey Zoll im Durchſchnitt ſtark. In dieſem Fall iſt der Stamm unregelmaͤßig und ungleich, treibt kurz uͤber der Erde ſchon Zweige aus, die mit dem Stamm gemeiniglich ſpitze Winkel ausmachen, und nur allein an den aͤußerſten Enden Blaͤtter und Bluͤthen haben. Die Blu- men ſind weis und geben der Pflanze eine große Zierde. Man verſuchte es auch die Blaͤtter eines andern Baumes, der in dieſer Gegend ſehr haͤufig wuchs, *) zur In- fuſion zu gebrauchen; allein, ſeiner Aehnlichkeit mit dem Fichtengeſchlecht und ei- nes gewiſſen harzichten Geſchmacks wegen, fanden wir bald, daß er ſich zwar nicht zum Thee, hingegen zu jenem geſunden und angenehmen Getraͤnk, das in Weſt- indien unter dem Namen Spruce- oder Sproſſen Bier bekannt iſt, noch beſſer als der americaniſche Spruce-Baum (Spruce-tree) ſchicken wuͤrde. Wir braueten auch wuͤrklich, mit einem Zuſatz von etwas Bier- Wuͤrz- Eßenz und Syrup, eine ſehr gute Art von Bier daraus, und machten dieſes in der Folge durch eine Beymiſchung von Bluͤthen und Blaͤttern des neuen Theebaums noch angeneh- mer und beßer. Der Geſchmack war lieblich aber etwas bitter; und der einzige Fehler, den wir daran finden konnten, beſtand darinn, daß es fruͤh, bey nuͤchter- nem Magen getrunken, zuweilen Uebelkeit verurſachte. In jedem andern Betracht hingegen war es vortreflich und geſund. Der Neu-Seelaͤndiſche Spruce- Baum iſt von ſchoͤnem Gewaͤchs und Anſehn, denn er ſchießt bisweilen zu einer Hoͤhe von hundert Fuß auf und hat alsdenn wohl zehn Fuß im Umfange. Wegen ſeiner niederhaͤngenden Aeſte faͤllt er ſehr in die Augen, und ſein Laub beſteht aus einer Menge langer, hellgruͤner Blaͤtter, die den Kiehn-Nadeln gleichen und als Faden von den Zweigen herabhaͤngen, wie aus der hier beyge- fuͤgten Abbildung zu erſehen iſt. Ohngeachtet ſich in den hieſigen Waͤldern nur allein der Spruce- und der Theebaum fand, von welchen man etwas genießen konnte, ſo waren doch die uͤbrigen, in großer Menge und Verſchiedenheit vor- handenen Baͤume, theils zum Schiffbau, theils zu Tiſchler- und andrer Holz- 1773. Maͤrz. *) Dieſer nuͤzliche Baum verdiente zwar ebenfalls fuͤr die Seefahrer genauer beſchrieben zu werden; wir konnten aber der ſpaͤten Jahrszeit wegen weder Bluͤthen noch Fruͤchte da von auſtreiben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/145
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/145>, abgerufen am 18.05.2024.