Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Jahr aus Jahr ein täglich in ein öffentliches
Wirthshaus geht, um dort zu essen. Drit-
tens glaubt mancher seinem Gaste mehr Frei-
heit zu lassen, wenn er ihn an eine Tafel
führt, wo er seinen freien Willen behält,
und fordern kann, was ihm beliebt, als
wenn er ihn nöthigte, sich nach seinem Ge-
schmacke zu richten. Endlich auch in Lon-
don selbst, sind die Fälle gar nicht selten,
daß Fremde in den Häusern ihrer Bekann-
ten bewirthet werden, wie es mir selbst
vielfältig widerfahren ist. -- Mehr aber,
als dies alles, ließe sich noch zur Entschul-
digung oder Rechtfertigung des Englischen,
mir sonst so paradox scheinenden Begriffes
von Hospitalität sagen, der zuletzt auf die
Definition hinausläuft, daß man in England
für Geld haben kann, was man will. Schöne
Gastfreundschaft! sagte ich, als ich diesen
Ausdruck zum erstenmal hörte; und tausend

Jahr aus Jahr ein täglich in ein öffentliches
Wirthshaus geht, um dort zu essen. Drit-
tens glaubt mancher seinem Gaste mehr Frei-
heit zu lassen, wenn er ihn an eine Tafel
führt, wo er seinen freien Willen behält,
und fordern kann, was ihm beliebt, als
wenn er ihn nöthigte, sich nach seinem Ge-
schmacke zu richten. Endlich auch in Lon-
don selbst, sind die Fälle gar nicht selten,
daß Fremde in den Häusern ihrer Bekann-
ten bewirthet werden, wie es mir selbst
vielfältig widerfahren ist. — Mehr aber,
als dies alles, ließe sich noch zur Entschul-
digung oder Rechtfertigung des Englischen,
mir sonst so paradox scheinenden Begriffes
von Hospitalität sagen, der zuletzt auf die
Definition hinausläuft, daß man in England
für Geld haben kann, was man will. Schöne
Gastfreundschaft! sagte ich, als ich diesen
Ausdruck zum erstenmal hörte; und tausend

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0084" n="61"/>
Jahr aus Jahr ein täglich in ein öffentliches<lb/>
Wirthshaus geht, um dort zu essen. Drit-<lb/>
tens glaubt mancher seinem Gaste mehr Frei-<lb/>
heit zu lassen, wenn er ihn an eine Tafel<lb/>
führt, wo er seinen freien Willen behält,<lb/>
und fordern kann, was ihm beliebt, als<lb/>
wenn er ihn nöthigte, sich nach seinem Ge-<lb/>
schmacke zu richten. Endlich auch in Lon-<lb/>
don selbst, sind die Fälle gar nicht selten,<lb/>
daß Fremde in den Häusern ihrer Bekann-<lb/>
ten bewirthet werden, wie es mir selbst<lb/>
vielfältig widerfahren ist. &#x2014; Mehr aber,<lb/>
als dies alles, ließe sich noch zur Entschul-<lb/>
digung oder Rechtfertigung des Englischen,<lb/>
mir sonst so paradox scheinenden Begriffes<lb/>
von Hospitalität sagen, der zuletzt auf die<lb/>
Definition hinausläuft, daß man in England<lb/>
für Geld haben kann, was man will. Schöne<lb/>
Gastfreundschaft! sagte ich, als ich diesen<lb/>
Ausdruck zum erstenmal hörte; und tausend<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0084] Jahr aus Jahr ein täglich in ein öffentliches Wirthshaus geht, um dort zu essen. Drit- tens glaubt mancher seinem Gaste mehr Frei- heit zu lassen, wenn er ihn an eine Tafel führt, wo er seinen freien Willen behält, und fordern kann, was ihm beliebt, als wenn er ihn nöthigte, sich nach seinem Ge- schmacke zu richten. Endlich auch in Lon- don selbst, sind die Fälle gar nicht selten, daß Fremde in den Häusern ihrer Bekann- ten bewirthet werden, wie es mir selbst vielfältig widerfahren ist. — Mehr aber, als dies alles, ließe sich noch zur Entschul- digung oder Rechtfertigung des Englischen, mir sonst so paradox scheinenden Begriffes von Hospitalität sagen, der zuletzt auf die Definition hinausläuft, daß man in England für Geld haben kann, was man will. Schöne Gastfreundschaft! sagte ich, als ich diesen Ausdruck zum erstenmal hörte; und tausend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/84
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/84>, abgerufen am 25.11.2024.