In einer so zahlreichen Zunft finden sich allerdings die sämmtlichen Schattirungen zwischen dem bloßen Handwerker und dem wahren Künstler von Einsicht und Gefühl. Da indessen der Kupferstecher nur nach- empfinden muß, was die Phantasie des Ma- lers, sein Geist und Herz, auffassen und darstellen konnte; da er eigentlich nicht zu erfinden, sondern nur mit Verstand und Wahrheit nachzuahmen hat, was bereits in seinem ganzen Zusammenhange vor ihm liegt, wobei es sodann zunächst auf die Richtigkeit des Augenmaßes, die Geschick- lichkeit in mechanischen Handgriffen, auf anhaltenden Fleiß und stets gespannte Auf- merksamkeit ankommt: so begreift man leicht, daß es der Betriebsamkeit des Brit- ten vor andern gelingen müsse, in dieser Kunst den Gipfel der Vollkommenheit zu ersteigen, sobald die Früchte der Anstren-
In einer so zahlreichen Zunft finden sich allerdings die sämmtlichen Schattirungen zwischen dem bloßen Handwerker und dem wahren Künstler von Einsicht und Gefühl. Da indessen der Kupferstecher nur nach- empfinden muß, was die Phantasie des Ma- lers, sein Geist und Herz, auffassen und darstellen konnte; da er eigentlich nicht zu erfinden, sondern nur mit Verstand und Wahrheit nachzuahmen hat, was bereits in seinem ganzen Zusammenhange vor ihm liegt, wobei es sodann zunächst auf die Richtigkeit des Augenmaßes, die Geschick- lichkeit in mechanischen Handgriffen, auf anhaltenden Fleiß und stets gespannte Auf- merksamkeit ankommt: so begreift man leicht, daß es der Betriebsamkeit des Brit- ten vor andern gelingen müsse, in dieser Kunst den Gipfel der Vollkommenheit zu ersteigen, sobald die Früchte der Anstren-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0417"n="126"/><p>In einer so zahlreichen Zunft finden sich<lb/>
allerdings die sämmtlichen Schattirungen<lb/>
zwischen dem bloßen Handwerker und dem<lb/>
wahren Künstler von Einsicht und Gefühl.<lb/>
Da indessen der Kupferstecher nur <hirendition="#i">nach-<lb/>
empfinden</hi> muß, was die Phantasie des Ma-<lb/>
lers, sein Geist und Herz, auffassen und<lb/>
darstellen konnte; da er eigentlich nicht<lb/>
zu erfinden, sondern nur mit Verstand und<lb/>
Wahrheit nachzuahmen hat, was bereits in<lb/>
seinem ganzen Zusammenhange vor ihm<lb/>
liegt, wobei es sodann zunächst auf die<lb/>
Richtigkeit des Augenmaßes, die Geschick-<lb/>
lichkeit in mechanischen Handgriffen, auf<lb/>
anhaltenden Fleiß und stets gespannte Auf-<lb/>
merksamkeit ankommt: so begreift man<lb/>
leicht, daß es der Betriebsamkeit des Brit-<lb/>
ten vor andern gelingen müsse, in dieser<lb/>
Kunst den Gipfel der Vollkommenheit zu<lb/>
ersteigen, sobald die Früchte der Anstren-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[126/0417]
In einer so zahlreichen Zunft finden sich
allerdings die sämmtlichen Schattirungen
zwischen dem bloßen Handwerker und dem
wahren Künstler von Einsicht und Gefühl.
Da indessen der Kupferstecher nur nach-
empfinden muß, was die Phantasie des Ma-
lers, sein Geist und Herz, auffassen und
darstellen konnte; da er eigentlich nicht
zu erfinden, sondern nur mit Verstand und
Wahrheit nachzuahmen hat, was bereits in
seinem ganzen Zusammenhange vor ihm
liegt, wobei es sodann zunächst auf die
Richtigkeit des Augenmaßes, die Geschick-
lichkeit in mechanischen Handgriffen, auf
anhaltenden Fleiß und stets gespannte Auf-
merksamkeit ankommt: so begreift man
leicht, daß es der Betriebsamkeit des Brit-
ten vor andern gelingen müsse, in dieser
Kunst den Gipfel der Vollkommenheit zu
ersteigen, sobald die Früchte der Anstren-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/417>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.