sehe sie nicht und höre sie nicht: und wer könnte das vor einem solchen Wesen!
Die sechs andern Porträte haben eigne Kraft im Ausdruck, Mannigfaltigkeit in der Darstellung, und Kennzeichen der festen, geübten Hand des erfahrnen Meisters. --
Rigauds Werke verdienen hier die näch- ste Stelle. Simson, der seine Bande zer- reißt, ist eine vortreffliche Akademie; es ist mehr: ein sehr edles Gemälde. Simsons Kopf ist schön gedacht, der Kopf eines schö- nen Mannes, der hohe Indignation haucht, indem er sich von den Folgen einer niedri- gen Ueberlistung befreiet. Die Nebenfigur ist nicht so interessant, und wohl nicht er- schrocken genug, wenn es die Verrätherin seyn soll. Doch in diesen Fällen verzeihet man dem Künstler immer lieber zu wenig als zu viel Ausdruck, wenn er nur Schön- heitssinn blicken läßt.
sehe sie nicht und höre sie nicht: und wer könnte das vor einem solchen Wesen!
Die sechs andern Porträte haben eigne Kraft im Ausdruck, Mannigfaltigkeit in der Darstellung, und Kennzeichen der festen, geübten Hand des erfahrnen Meisters. —
Rigauds Werke verdienen hier die näch- ste Stelle. Simson, der seine Bande zer- reißt, ist eine vortreffliche Akademie; es ist mehr: ein sehr edles Gemälde. Simsons Kopf ist schön gedacht, der Kopf eines schö- nen Mannes, der hohe Indignation haucht, indem er sich von den Folgen einer niedri- gen Ueberlistung befreiet. Die Nebenfigur ist nicht so interessant, und wohl nicht er- schrocken genug, wenn es die Verrätherin seyn soll. Doch in diesen Fällen verzeihet man dem Künstler immer lieber zu wenig als zu viel Ausdruck, wenn er nur Schön- heitssinn blicken läßt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0027"n="4"/>
sehe sie nicht und höre sie nicht: und wer<lb/>
könnte das vor einem solchen Wesen!</p><lb/><p>Die sechs andern Porträte haben eigne<lb/>
Kraft im Ausdruck, Mannigfaltigkeit in der<lb/>
Darstellung, und Kennzeichen der festen,<lb/>
geübten Hand des erfahrnen Meisters. —</p><lb/><p><hirendition="#i">Rigauds</hi> Werke verdienen hier die näch-<lb/>
ste Stelle. Simson, der seine Bande zer-<lb/>
reißt, ist eine vortreffliche <hirendition="#i">Akademie;</hi> es ist<lb/>
mehr: ein sehr edles <hirendition="#i">Gemälde.</hi> Simsons<lb/>
Kopf ist schön gedacht, der Kopf eines schö-<lb/>
nen Mannes, der hohe Indignation haucht,<lb/>
indem er sich von den Folgen einer niedri-<lb/>
gen Ueberlistung befreiet. Die Nebenfigur<lb/>
ist nicht so interessant, und wohl nicht er-<lb/>
schrocken genug, wenn es die Verrätherin<lb/>
seyn soll. Doch in diesen Fällen verzeihet<lb/>
man dem Künstler immer lieber zu wenig<lb/>
als zu viel Ausdruck, wenn er nur Schön-<lb/>
heitssinn blicken läßt.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[4/0027]
sehe sie nicht und höre sie nicht: und wer
könnte das vor einem solchen Wesen!
Die sechs andern Porträte haben eigne
Kraft im Ausdruck, Mannigfaltigkeit in der
Darstellung, und Kennzeichen der festen,
geübten Hand des erfahrnen Meisters. —
Rigauds Werke verdienen hier die näch-
ste Stelle. Simson, der seine Bande zer-
reißt, ist eine vortreffliche Akademie; es ist
mehr: ein sehr edles Gemälde. Simsons
Kopf ist schön gedacht, der Kopf eines schö-
nen Mannes, der hohe Indignation haucht,
indem er sich von den Folgen einer niedri-
gen Ueberlistung befreiet. Die Nebenfigur
ist nicht so interessant, und wohl nicht er-
schrocken genug, wenn es die Verrätherin
seyn soll. Doch in diesen Fällen verzeihet
man dem Künstler immer lieber zu wenig
als zu viel Ausdruck, wenn er nur Schön-
heitssinn blicken läßt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/27>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.