Flämischen Schule sucht man umsonst nach dem Edeln dieses Altarblattes. Es schadet ihm indeß, wenn man in eben jenen Zim- mern, die ich vorhin erwähnte, die hohe Einfalt von Raphaels Cartons bewundert hat. Ich mag diese Bilder nicht; sie sind in Absicht des Gegenstandes zum Theil wi- drig, wie der Tod des Ananias, wo Petrus wirklich etwas vom Giftmischer hat, und der andere mit dem Finger drohende Apo- stel etwas vom gemeinen Pfaffen, -- weil allerdings die Sache ziemlich pfäffisch ist -- ferner die Heilung der Blinden und Lahmen im Tempel, von deren ekelhaften Gestalten ich noch jedesmal, so oft ich diese Cartons (nun zum drittenmal, und im Kupfer noch öfter) betrachte, den Kopf abwenden mußte. -- Ich sage: ich mag sie nicht; allein ich bewundere sie wegen ei- ner Kraft, die kein anderer Künstler er-
Flämischen Schule sucht man umsonst nach dem Edeln dieses Altarblattes. Es schadet ihm indeß, wenn man in eben jenen Zim- mern, die ich vorhin erwähnte, die hohe Einfalt von Raphaels Cartons bewundert hat. Ich mag diese Bilder nicht; sie sind in Absicht des Gegenstandes zum Theil wi- drig, wie der Tod des Ananias, wo Petrus wirklich etwas vom Giftmischer hat, und der andere mit dem Finger drohende Apo- stel etwas vom gemeinen Pfaffen, — weil allerdings die Sache ziemlich pfäffisch ist — ferner die Heilung der Blinden und Lahmen im Tempel, von deren ekelhaften Gestalten ich noch jedesmal, so oft ich diese Cartons (nun zum drittenmal, und im Kupfer noch öfter) betrachte, den Kopf abwenden mußte. — Ich sage: ich mag sie nicht; allein ich bewundere sie wegen ei- ner Kraft, die kein anderer Künstler er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0115"n="92"/>
Flämischen Schule sucht man umsonst nach<lb/>
dem Edeln dieses Altarblattes. Es schadet<lb/>
ihm indeß, wenn man in eben jenen Zim-<lb/>
mern, die ich vorhin erwähnte, die hohe<lb/>
Einfalt von <hirendition="#i">Raphaels</hi> Cartons bewundert<lb/>
hat. Ich mag diese Bilder nicht; sie sind<lb/>
in Absicht des Gegenstandes zum Theil wi-<lb/>
drig, wie der Tod des Ananias, wo Petrus<lb/>
wirklich etwas vom Giftmischer hat, und<lb/>
der andere mit dem Finger drohende Apo-<lb/>
stel etwas vom gemeinen Pfaffen, — weil<lb/>
allerdings die Sache ziemlich pfäffisch ist<lb/>— ferner die Heilung der Blinden und<lb/>
Lahmen im Tempel, von deren ekelhaften<lb/>
Gestalten ich noch jedesmal, so oft ich<lb/>
diese Cartons (nun zum drittenmal, und<lb/>
im Kupfer noch öfter) betrachte, den Kopf<lb/>
abwenden mußte. — Ich sage: ich mag sie<lb/>
nicht; allein ich bewundere sie wegen ei-<lb/>
ner Kraft, die kein anderer Künstler er-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[92/0115]
Flämischen Schule sucht man umsonst nach
dem Edeln dieses Altarblattes. Es schadet
ihm indeß, wenn man in eben jenen Zim-
mern, die ich vorhin erwähnte, die hohe
Einfalt von Raphaels Cartons bewundert
hat. Ich mag diese Bilder nicht; sie sind
in Absicht des Gegenstandes zum Theil wi-
drig, wie der Tod des Ananias, wo Petrus
wirklich etwas vom Giftmischer hat, und
der andere mit dem Finger drohende Apo-
stel etwas vom gemeinen Pfaffen, — weil
allerdings die Sache ziemlich pfäffisch ist
— ferner die Heilung der Blinden und
Lahmen im Tempel, von deren ekelhaften
Gestalten ich noch jedesmal, so oft ich
diese Cartons (nun zum drittenmal, und
im Kupfer noch öfter) betrachte, den Kopf
abwenden mußte. — Ich sage: ich mag sie
nicht; allein ich bewundere sie wegen ei-
ner Kraft, die kein anderer Künstler er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/115>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.