Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

von Tadel geblieben. Es scheint in der
That natürlicher, die Formen nach dem ver¬
schiedenen Genie der Völker abzuändern, als
alle Völker in Eine Form zu zwängen. In
Italien, Deutschland, Böhmen, Ungarn und
Belgien sind die Menschen viel zu weit von
einander verschieden in physischen und mo¬
ralischen Anlagen, in Sitten und Gewohn¬
heiten, um gleichen Handlungen denselben
Werth oder Unwerth beizumessen. Die
Verschiedenheit des Bodens, der Lage, des
Himmelstrichs bestimmt diese Mannichfaltig¬
keit im Menschengeschlechte, wie in der
ganzen organischen Schöpfung, die nur durch
sie desto reicher und schöner unseren Augen
und unserem Verstande entgegenglänzt. Sie
durch irgend einen Mechanismus einschrän¬
ken wollen, scheint beinah eine Versündi¬
gung an der Natur. Allein zur Rechtferti¬
gung des Kaisers muss man sich erinnern,

von Tadel geblieben. Es scheint in der
That natürlicher, die Formen nach dem ver¬
schiedenen Genie der Völker abzuändern, als
alle Völker in Eine Form zu zwängen. In
Italien, Deutschland, Böhmen, Ungarn und
Belgien sind die Menschen viel zu weit von
einander verschieden in physischen und mo¬
ralischen Anlagen, in Sitten und Gewohn¬
heiten, um gleichen Handlungen denselben
Werth oder Unwerth beizumessen. Die
Verschiedenheit des Bodens, der Lage, des
Himmelstrichs bestimmt diese Mannichfaltig¬
keit im Menschengeschlechte, wie in der
ganzen organischen Schöpfung, die nur durch
sie desto reicher und schöner unseren Augen
und unserem Verstande entgegenglänzt. Sie
durch irgend einen Mechanismus einschrän¬
ken wollen, scheint beinah eine Versündi¬
gung an der Natur. Allein zur Rechtferti¬
gung des Kaisers muſs man sich erinnern,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="44"/>
von Tadel geblieben. Es scheint in der<lb/>
That natürlicher, die Formen nach dem ver¬<lb/>
schiedenen Genie der Völker abzuändern, als<lb/>
alle Völker in Eine Form zu zwängen. In<lb/>
Italien, Deutschland, Böhmen, Ungarn und<lb/>
Belgien sind die Menschen viel zu weit von<lb/>
einander verschieden in physischen und mo¬<lb/>
ralischen Anlagen, in Sitten und Gewohn¬<lb/>
heiten, um gleichen Handlungen denselben<lb/>
Werth oder Unwerth beizumessen. Die<lb/>
Verschiedenheit des Bodens, der Lage, des<lb/>
Himmelstrichs bestimmt diese Mannichfaltig¬<lb/>
keit im Menschengeschlechte, wie in der<lb/>
ganzen organischen Schöpfung, die nur durch<lb/>
sie desto reicher und schöner unseren Augen<lb/>
und unserem Verstande entgegenglänzt. Sie<lb/>
durch irgend einen Mechanismus einschrän¬<lb/>
ken wollen, scheint beinah eine Versündi¬<lb/>
gung an der Natur. Allein zur Rechtferti¬<lb/>
gung des Kaisers mu&#x017F;s man sich erinnern,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0050] von Tadel geblieben. Es scheint in der That natürlicher, die Formen nach dem ver¬ schiedenen Genie der Völker abzuändern, als alle Völker in Eine Form zu zwängen. In Italien, Deutschland, Böhmen, Ungarn und Belgien sind die Menschen viel zu weit von einander verschieden in physischen und mo¬ ralischen Anlagen, in Sitten und Gewohn¬ heiten, um gleichen Handlungen denselben Werth oder Unwerth beizumessen. Die Verschiedenheit des Bodens, der Lage, des Himmelstrichs bestimmt diese Mannichfaltig¬ keit im Menschengeschlechte, wie in der ganzen organischen Schöpfung, die nur durch sie desto reicher und schöner unseren Augen und unserem Verstande entgegenglänzt. Sie durch irgend einen Mechanismus einschrän¬ ken wollen, scheint beinah eine Versündi¬ gung an der Natur. Allein zur Rechtferti¬ gung des Kaisers muſs man sich erinnern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/50
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/50>, abgerufen am 02.05.2024.