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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

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dentaxen alles moralische Gefühl erstickte.
Wo Verbrechen und Laster nur so lange das
Gewissen drücken, bis eine mechanische
Büssung und das absolvo te es rein gewa¬
schen haben, da scheinen sie nur schwarz,
wenn man sie an der Seele des Nächsten
kleben sieht; wo man durch jene, allen feil
gebotene Mittel die Gottheit leicht versöhnen
kann, da nimmt man auf die beleidigte
Menschheit
beim Sündigen keine Rücksicht;
Ehre folglich und Schande hören dort auf,
die Triebfedern des Handelns zu seyn, und
bald verliert sich sogar jede richtige Bestim¬
mung dieser Begriffe. Was diese Menschen
einander seyn können, lasse ich dahingestellt;
aber ohne Geisteskräfte, die man bewundern,
ohne Ausbildung, die man schätzen, ohne
Herzen, die man lieben darf, sind sie dem
Wanderer todt, der traurend eilt aus ihren
Gränzen zu treten.


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dentaxen alles moralische Gefühl erstickte.
Wo Verbrechen und Laster nur so lange das
Gewissen drücken, bis eine mechanische
Büſsung und das absolvo te es rein gewa¬
schen haben, da scheinen sie nur schwarz,
wenn man sie an der Seele des Nächsten
kleben sieht; wo man durch jene, allen feil
gebotene Mittel die Gottheit leicht versöhnen
kann, da nimmt man auf die beleidigte
Menschheit
beim Sündigen keine Rücksicht;
Ehre folglich und Schande hören dort auf,
die Triebfedern des Handelns zu seyn, und
bald verliert sich sogar jede richtige Bestim¬
mung dieser Begriffe. Was diese Menschen
einander seyn können, lasse ich dahingestellt;
aber ohne Geisteskräfte, die man bewundern,
ohne Ausbildung, die man schätzen, ohne
Herzen, die man lieben darf, sind sie dem
Wanderer todt, der traurend eilt aus ihren
Gränzen zu treten.


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[361/0367] dentaxen alles moralische Gefühl erstickte. Wo Verbrechen und Laster nur so lange das Gewissen drücken, bis eine mechanische Büſsung und das absolvo te es rein gewa¬ schen haben, da scheinen sie nur schwarz, wenn man sie an der Seele des Nächsten kleben sieht; wo man durch jene, allen feil gebotene Mittel die Gottheit leicht versöhnen kann, da nimmt man auf die beleidigte Menschheit beim Sündigen keine Rücksicht; Ehre folglich und Schande hören dort auf, die Triebfedern des Handelns zu seyn, und bald verliert sich sogar jede richtige Bestim¬ mung dieser Begriffe. Was diese Menschen einander seyn können, lasse ich dahingestellt; aber ohne Geisteskräfte, die man bewundern, ohne Ausbildung, die man schätzen, ohne Herzen, die man lieben darf, sind sie dem Wanderer todt, der traurend eilt aus ihren Gränzen zu treten. Z 5

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/367>, abgerufen am 17.06.2024.