keiner willkührlichen Bewegung mehr fähig sind, sondern der Behandlung der Umstehen¬ den gehorchen, ist mit dem ersten Augen¬ merk des Malers, der Darstellung des Schö¬ nen, schlechterdings nicht zu reimen. Dop¬ pelt ungünstig ist der Augenblick, wenn der Leichnam einen gekreuzigten Christus vor¬ stellen soll; denn es ist eben derselbe, wo alles Göttliche von ihm gewichen seyn und der entseelte Überrest der menschlichen Na¬ tur in seiner ganzen Dürftigkeit erscheinen muss. Es giebt Momente in der Mythologie des Christenthums, die dem Maler freie Hän¬ de lassen: Scenen, die eines grossen, erha¬ benen Styls, ohne Verletzung des Schönheits¬ sinnes, fähig sind und zu der zartesten Em¬ pfänglichkeit unseres Herzens reden; allein wessen mag die Schuld seyn, dass die Flä¬ mischen Künstler sie nicht wählten? Liegt sie an ihnen selbst, oder an den Aufbewah¬
keiner willkührlichen Bewegung mehr fähig sind, sondern der Behandlung der Umstehen¬ den gehorchen, ist mit dem ersten Augen¬ merk des Malers, der Darstellung des Schö¬ nen, schlechterdings nicht zu reimen. Dop¬ pelt ungünstig ist der Augenblick, wenn der Leichnam einen gekreuzigten Christus vor¬ stellen soll; denn es ist eben derselbe, wo alles Göttliche von ihm gewichen seyn und der entseelte Überrest der menschlichen Na¬ tur in seiner ganzen Dürftigkeit erscheinen muſs. Es giebt Momente in der Mythologie des Christenthums, die dem Maler freie Hän¬ de lassen: Scenen, die eines groſsen, erha¬ benen Styls, ohne Verletzung des Schönheits¬ sinnes, fähig sind und zu der zartesten Em¬ pfänglichkeit unseres Herzens reden; allein wessen mag die Schuld seyn, daſs die Flä¬ mischen Künstler sie nicht wählten? Liegt sie an ihnen selbst, oder an den Aufbewah¬
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keiner willkührlichen Bewegung mehr fähig
sind, sondern der Behandlung der Umstehen¬
den gehorchen, ist mit dem ersten Augen¬
merk des Malers, der Darstellung des Schö¬
nen, schlechterdings nicht zu reimen. Dop¬
pelt ungünstig ist der Augenblick, wenn der
Leichnam einen gekreuzigten Christus vor¬
stellen soll; denn es ist eben derselbe, wo
alles Göttliche von ihm gewichen seyn und
der entseelte Überrest der menschlichen Na¬
tur in seiner ganzen Dürftigkeit erscheinen
muſs. Es giebt Momente in der Mythologie
des Christenthums, die dem Maler freie Hän¬
de lassen: Scenen, die eines groſsen, erha¬
benen Styls, ohne Verletzung des Schönheits¬
sinnes, fähig sind und zu der zartesten Em¬
pfänglichkeit unseres Herzens reden; allein
wessen mag die Schuld seyn, daſs die Flä¬
mischen Künstler sie nicht wählten? Liegt
sie an ihnen selbst, oder an den Aufbewah¬
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/350>, abgerufen am 25.11.2024.
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