ringsum beschattete Dörfer, in der Mitte aber Antwerpen in seiner imposanten Grösse lie¬ gen sahen. Ein Wald von Thürmen, und vorzüglich der ungeheure Gothische, wie Fi¬ ligran gearbeitete Spitzthurm der Kathedral¬ kirche, ragte hoch empor; die Citadelle auf einer kleinen Erhöhung vergrösserte und ver¬ schönerte diesen Anblick, und die Bewegung auf- und absegelnder Barken auf der Schel¬ de, die wir zwischen ihren Ufern noch nicht sehen konnten, hatte etwas Zauberähnliches. Bald erblickten wir ihre gedemüthigten Ge¬ wässer, und seufzten von neuem über Euro¬ päische Politik und Europäisches Völker¬ recht. Der schöne, herrliche Fluss ist, wie die Themse, zum Handel gleichsam geschaf¬ fen; die Fluth steigt darin zwanzig Fuss hoch vor den Mauern der Stadt, und ver¬ doppelt alsdann seine Tiefe. Hier ist er nicht so breit, wie der Rhein vor Mainz;
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ringsum beschattete Dörfer, in der Mitte aber Antwerpen in seiner imposanten Gröſse lie¬ gen sahen. Ein Wald von Thürmen, und vorzüglich der ungeheure Gothische, wie Fi¬ ligran gearbeitete Spitzthurm der Kathedral¬ kirche, ragte hoch empor; die Citadelle auf einer kleinen Erhöhung vergröſserte und ver¬ schönerte diesen Anblick, und die Bewegung auf- und absegelnder Barken auf der Schel¬ de, die wir zwischen ihren Ufern noch nicht sehen konnten, hatte etwas Zauberähnliches. Bald erblickten wir ihre gedemüthigten Ge¬ wässer, und seufzten von neuem über Euro¬ päische Politik und Europäisches Völker¬ recht. Der schöne, herrliche Fluſs ist, wie die Themse, zum Handel gleichsam geschaf¬ fen; die Fluth steigt darin zwanzig Fuſs hoch vor den Mauern der Stadt, und ver¬ doppelt alsdann seine Tiefe. Hier ist er nicht so breit, wie der Rhein vor Mainz;
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ringsum beschattete Dörfer, in der Mitte aber
Antwerpen in seiner imposanten Gröſse lie¬
gen sahen. Ein Wald von Thürmen, und
vorzüglich der ungeheure Gothische, wie Fi¬
ligran gearbeitete Spitzthurm der Kathedral¬
kirche, ragte hoch empor; die Citadelle auf
einer kleinen Erhöhung vergröſserte und ver¬
schönerte diesen Anblick, und die Bewegung
auf- und absegelnder Barken auf der Schel¬
de, die wir zwischen ihren Ufern noch nicht
sehen konnten, hatte etwas Zauberähnliches.
Bald erblickten wir ihre gedemüthigten Ge¬
wässer, und seufzten von neuem über Euro¬
päische Politik und Europäisches Völker¬
recht. Der schöne, herrliche Fluſs ist, wie
die Themse, zum Handel gleichsam geschaf¬
fen; die Fluth steigt darin zwanzig Fuſs
hoch vor den Mauern der Stadt, und ver¬
doppelt alsdann seine Tiefe. Hier ist er
nicht so breit, wie der Rhein vor Mainz;
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/299>, abgerufen am 16.02.2025.
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