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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

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ches unter einander wirft, um die blöden
Augen der Menge zu blenden und ihre schwa¬
che Vernunft durch kasuistische Cirkelschlüsse
zu hintergehen.

Das Siegel eines weit ärgeren Despotis¬
mus, als derjenige war, dem die Niederländer
entronnen sind, klebt noch an ihrer Stirn,
und ein Jahrhundert wird es nicht abwaschen
können. Mit ihrer neuerlangten Freiheit
wussten sie nichts anzufangen; sie war ihnen
lästig: sie können ohne Beherrscher nicht
bestehen. Nous ne voulons pas etre libres,
"wir wollen nicht frei seyn," antworten sie
uns, wenn wir sie um ihrer Freiheit willen
glücklich preisen; ohne doch vermögend zu
seyn, uns nur etwas, das einem Grunde ähnlich
gesehen hätte, zur Rechtfertigung dieses im
Munde der Empörer so paradoxen Satzes vor¬
zubringen. Nous ne voulons pas etre libres!
Schon der Klang dieser Worte hat etwas so

ches unter einander wirft, um die blöden
Augen der Menge zu blenden und ihre schwa¬
che Vernunft durch kasuistische Cirkelschlüsse
zu hintergehen.

Das Siegel eines weit ärgeren Despotis¬
mus, als derjenige war, dem die Niederländer
entronnen sind, klebt noch an ihrer Stirn,
und ein Jahrhundert wird es nicht abwaschen
können. Mit ihrer neuerlangten Freiheit
wuſsten sie nichts anzufangen; sie war ihnen
lästig: sie können ohne Beherrscher nicht
bestehen. Nous ne voulons pas être libres,
”wir wollen nicht frei seyn,” antworten sie
uns, wenn wir sie um ihrer Freiheit willen
glücklich preisen; ohne doch vermögend zu
seyn, uns nur etwas, das einem Grunde ähnlich
gesehen hätte, zur Rechtfertigung dieses im
Munde der Empörer so paradoxen Satzes vor¬
zubringen. Nous ne voulons pas être libres!
Schon der Klang dieser Worte hat etwas so

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[6/0012] ches unter einander wirft, um die blöden Augen der Menge zu blenden und ihre schwa¬ che Vernunft durch kasuistische Cirkelschlüsse zu hintergehen. Das Siegel eines weit ärgeren Despotis¬ mus, als derjenige war, dem die Niederländer entronnen sind, klebt noch an ihrer Stirn, und ein Jahrhundert wird es nicht abwaschen können. Mit ihrer neuerlangten Freiheit wuſsten sie nichts anzufangen; sie war ihnen lästig: sie können ohne Beherrscher nicht bestehen. Nous ne voulons pas être libres, ”wir wollen nicht frei seyn,” antworten sie uns, wenn wir sie um ihrer Freiheit willen glücklich preisen; ohne doch vermögend zu seyn, uns nur etwas, das einem Grunde ähnlich gesehen hätte, zur Rechtfertigung dieses im Munde der Empörer so paradoxen Satzes vor¬ zubringen. Nous ne voulons pas être libres! Schon der Klang dieser Worte hat etwas so

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/12>, abgerufen am 21.11.2024.