auf seiner Münze, erblicken wollen; und wo wir es vermissen, da ekelt die allzu¬ sklavisch nachgeahmte Natur uns an. Da¬ her hat jede Kunst ihre Regeln, ihre Me¬ thodik; eine wahrhafte Geistesschöpfung von abgezogenen Begriffen liegt ihr zum Grunde, nach welcher der Künstler im Materiellen wirken, und der Richter ihn beurtheilen muss. Der metaphysische Reichthum, den sich der Künstler aus unbefangenen An¬ schauungen der Natur erwarb, den er in das System seiner Empfindungen und Ge¬ danken verwebte -- den strömt er wieder über alle seine Werke aus. So entstanden der Apoll vom Belvedere, die mediceische Venus, die Schule von Athen, die Aeneide, der Mahomet; so bildeten sich Demosthe¬ nes und Cicero, und Mole und Garrick. Die Ideale des Meissels und der Malerei, der Dichtkunst und der Schauspielkunst finden
wir
auf seiner Münze, erblicken wollen; und wo wir es vermissen, da ekelt die allzu¬ sklavisch nachgeahmte Natur uns an. Da¬ her hat jede Kunst ihre Regeln, ihre Me¬ thodik; eine wahrhafte Geistesschöpfung von abgezogenen Begriffen liegt ihr zum Grunde, nach welcher der Künstler im Materiellen wirken, und der Richter ihn beurtheilen muſs. Der metaphysische Reichthum, den sich der Künstler aus unbefangenen An¬ schauungen der Natur erwarb, den er in das System seiner Empfindungen und Ge¬ danken verwebte — den strömt er wieder über alle seine Werke aus. So entstanden der Apoll vom Belvedere, die mediceische Venus, die Schule von Athen, die Aeneide, der Mahomet; so bildeten sich Demosthe¬ nes und Cicero, und Molé und Garrick. Die Ideale des Meiſsels und der Malerei, der Dichtkunst und der Schauspielkunst finden
wir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0092"n="80"/>
auf seiner Münze, erblicken wollen; und<lb/>
wo wir es vermissen, da ekelt die allzu¬<lb/>
sklavisch nachgeahmte Natur uns an. Da¬<lb/>
her hat jede Kunst ihre Regeln, ihre Me¬<lb/>
thodik; eine wahrhafte Geistesschöpfung von<lb/>
abgezogenen Begriffen liegt ihr zum Grunde,<lb/>
nach welcher der Künstler im Materiellen<lb/>
wirken, und der Richter ihn beurtheilen<lb/>
muſs. Der metaphysische Reichthum, den<lb/>
sich der Künstler aus unbefangenen An¬<lb/>
schauungen der Natur erwarb, den er in<lb/>
das System seiner Empfindungen und Ge¬<lb/>
danken verwebte — den strömt er wieder<lb/>
über alle seine Werke aus. So entstanden<lb/>
der <hirendition="#i">Apoll vom Belvedere</hi>, die <hirendition="#i">mediceische<lb/>
Venus</hi>, die <hirendition="#i">Schule von Athen</hi>, die <hirendition="#i">Aeneide</hi>,<lb/>
der <hirendition="#i">Mahomet</hi>; so bildeten sich <hirendition="#i">Demosthe¬<lb/>
nes</hi> und <hirendition="#i">Cicero</hi>, und <hirendition="#i">Molé</hi> und <hirendition="#i">Garrick</hi>. Die<lb/>
Ideale des Meiſsels und der Malerei, der<lb/>
Dichtkunst und der Schauspielkunst finden<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wir<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[80/0092]
auf seiner Münze, erblicken wollen; und
wo wir es vermissen, da ekelt die allzu¬
sklavisch nachgeahmte Natur uns an. Da¬
her hat jede Kunst ihre Regeln, ihre Me¬
thodik; eine wahrhafte Geistesschöpfung von
abgezogenen Begriffen liegt ihr zum Grunde,
nach welcher der Künstler im Materiellen
wirken, und der Richter ihn beurtheilen
muſs. Der metaphysische Reichthum, den
sich der Künstler aus unbefangenen An¬
schauungen der Natur erwarb, den er in
das System seiner Empfindungen und Ge¬
danken verwebte — den strömt er wieder
über alle seine Werke aus. So entstanden
der Apoll vom Belvedere, die mediceische
Venus, die Schule von Athen, die Aeneide,
der Mahomet; so bildeten sich Demosthe¬
nes und Cicero, und Molé und Garrick. Die
Ideale des Meiſsels und der Malerei, der
Dichtkunst und der Schauspielkunst finden
wir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/92>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.