Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vom Schicksal begünstigte Partei hatte
den Rechtschaffenen zum Feinde? Giebt es
überhaupt ein anderes untrügliches Kenn¬
zeichen eines gegründeten Rechts, als die
freiwillige Anerkennung desselben, von dem¬
jenigen selbst, gegen den man es behaup¬
tet? Dies ist der grosse, himmelweite Un¬
terschied zwischen den unbedingten Sätzen
einer theoretischen Wissenschaft, und ihrer
Anwendung auf das praktische Leben; so
schwer, so unmöglich ist es, in bestimmten
Fällen apodiktisch über Recht und Unrecht
zu entscheiden!

Welcher Mensch, dem ein Unrecht ge¬
schehen ist, oder -- was hier gleich gilt --
der fest überzeugt ist, dass man ihm Un¬
recht gethan habe, wird warten, bis er
seinem Widersacher dieses Unrecht begreif¬
lich machen kann, wird sich auf Überre¬
dung einschränken, wenn sich ihm andere,

I. Theil. A a

Die vom Schicksal begünstigte Partei hatte
den Rechtschaffenen zum Feinde? Giebt es
überhaupt ein anderes untrügliches Kenn¬
zeichen eines gegründeten Rechts, als die
freiwillige Anerkennung desselben, von dem¬
jenigen selbst, gegen den man es behaup¬
tet? Dies ist der groſse, himmelweite Un¬
terschied zwischen den unbedingten Sätzen
einer theoretischen Wissenschaft, und ihrer
Anwendung auf das praktische Leben; so
schwer, so unmöglich ist es, in bestimmten
Fällen apodiktisch über Recht und Unrecht
zu entscheiden!

Welcher Mensch, dem ein Unrecht ge¬
schehen ist, oder — was hier gleich gilt —
der fest überzeugt ist, daſs man ihm Un¬
recht gethan habe, wird warten, bis er
seinem Widersacher dieses Unrecht begreif¬
lich machen kann, wird sich auf Überre¬
dung einschränken, wenn sich ihm andere,

I. Theil. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0381" n="369"/>
          <p xml:id="p-0381" prev="p-0378">Die vom Schicksal begünstigte Partei hatte<lb/>
den Rechtschaffenen zum Feinde? Giebt es<lb/>
überhaupt ein anderes untrügliches Kenn¬<lb/>
zeichen eines gegründeten Rechts, als die<lb/><hi rendition="#i">freiwillige</hi> Anerkennung desselben, von dem¬<lb/>
jenigen selbst, gegen den man es behaup¬<lb/>
tet? Dies ist der gro&#x017F;se, himmelweite Un¬<lb/>
terschied zwischen den unbedingten Sätzen<lb/>
einer theoretischen Wissenschaft, und ihrer<lb/>
Anwendung auf das praktische Leben; so<lb/>
schwer, <hi rendition="#i">so unmöglich</hi> ist es, in bestimmten<lb/>
Fällen apodiktisch über Recht und Unrecht<lb/>
zu entscheiden!</p><lb/>
          <p>Welcher Mensch, dem ein Unrecht ge¬<lb/>
schehen ist, oder &#x2014; was hier gleich gilt &#x2014;<lb/>
der fest überzeugt ist, da&#x017F;s man ihm Un¬<lb/>
recht gethan habe, wird warten, bis er<lb/>
seinem Widersacher dieses Unrecht begreif¬<lb/>
lich machen kann, wird sich auf Überre¬<lb/>
dung einschränken, wenn sich ihm andere,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I. <hi rendition="#g">Theil</hi>. A a<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0381] Die vom Schicksal begünstigte Partei hatte den Rechtschaffenen zum Feinde? Giebt es überhaupt ein anderes untrügliches Kenn¬ zeichen eines gegründeten Rechts, als die freiwillige Anerkennung desselben, von dem¬ jenigen selbst, gegen den man es behaup¬ tet? Dies ist der groſse, himmelweite Un¬ terschied zwischen den unbedingten Sätzen einer theoretischen Wissenschaft, und ihrer Anwendung auf das praktische Leben; so schwer, so unmöglich ist es, in bestimmten Fällen apodiktisch über Recht und Unrecht zu entscheiden! Welcher Mensch, dem ein Unrecht ge¬ schehen ist, oder — was hier gleich gilt — der fest überzeugt ist, daſs man ihm Un¬ recht gethan habe, wird warten, bis er seinem Widersacher dieses Unrecht begreif¬ lich machen kann, wird sich auf Überre¬ dung einschränken, wenn sich ihm andere, I. Theil. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/381
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/381>, abgerufen am 08.05.2024.