Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Italiens Schätze raubte, wie Griechenlands
Schätze einst verschwanden -- und unsere
Nachkommen werden es nicht mehr glau¬
ben, dass es je einen grösseren Maler gab,
als Rubens.

Ich muss auch dieser heiligen Familie
noch erwähnen, die sich neben Raphael's
seiner so vortheilhaft ausnimmt; sie ist von
Andrea del Sarto, dem sein Lehrer Michel
Angelo
das Zeugniss gab, dass er gross, wie
Raphael, geworden wäre, wenn er nur die¬
selbe Gelegenheit sich zu bilden und sich
zu zeigen gehabt hätte. Etwas von diesem
Lobe geht wohl auf Rechnung der Eifer¬
sucht; aber die eigene Grösse des Floren¬
tiners bürgt uns, dass es nicht ganz unge¬
gründet war. Sein Schüler hat hier alles
geleistet, was das Süjet nur tragen konnte.
Die Madonna hat sanfte Weiblichkeit, und
ist wirklich schön, wenn gleich nicht von

Italiens Schätze raubte, wie Griechenlands
Schätze einst verschwanden — und unsere
Nachkommen werden es nicht mehr glau¬
ben, daſs es je einen gröſseren Maler gab,
als Rubens.

Ich muſs auch dieser heiligen Familie
noch erwähnen, die sich neben Raphael’s
seiner so vortheilhaft ausnimmt; sie ist von
Andrea del Sarto, dem sein Lehrer Michel
Angelo
das Zeugniſs gab, daſs er groſs, wie
Raphael, geworden wäre, wenn er nur die¬
selbe Gelegenheit sich zu bilden und sich
zu zeigen gehabt hätte. Etwas von diesem
Lobe geht wohl auf Rechnung der Eifer¬
sucht; aber die eigene Gröſse des Floren¬
tiners bürgt uns, daſs es nicht ganz unge¬
gründet war. Sein Schüler hat hier alles
geleistet, was das Süjet nur tragen konnte.
Die Madonna hat sanfte Weiblichkeit, und
ist wirklich schön, wenn gleich nicht von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="226"/>
Italiens Schätze raubte, wie Griechenlands<lb/>
Schätze einst verschwanden &#x2014; und unsere<lb/>
Nachkommen werden es nicht mehr glau¬<lb/>
ben, da&#x017F;s es je einen grö&#x017F;seren Maler gab,<lb/>
als <hi rendition="#i">Rubens</hi>.</p><lb/>
          <p>Ich mu&#x017F;s auch dieser heiligen Familie<lb/>
noch erwähnen, die sich neben <hi rendition="#i">Raphael&#x2019;s</hi><lb/>
seiner so vortheilhaft ausnimmt; sie ist von<lb/><hi rendition="#i">Andrea del Sarto</hi>, dem sein Lehrer <hi rendition="#i">Michel<lb/>
Angelo</hi> das Zeugni&#x017F;s gab, da&#x017F;s er gro&#x017F;s, wie<lb/><hi rendition="#i">Raphael</hi>, geworden wäre, wenn er nur die¬<lb/>
selbe Gelegenheit sich zu bilden und sich<lb/>
zu zeigen gehabt hätte. Etwas von diesem<lb/>
Lobe geht wohl auf Rechnung der Eifer¬<lb/>
sucht; aber die eigene Grö&#x017F;se des Floren¬<lb/>
tiners bürgt uns, da&#x017F;s es nicht ganz unge¬<lb/>
gründet war. Sein Schüler hat hier alles<lb/>
geleistet, was das Süjet nur tragen konnte.<lb/>
Die Madonna hat sanfte Weiblichkeit, und<lb/>
ist wirklich schön, wenn gleich nicht von<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0238] Italiens Schätze raubte, wie Griechenlands Schätze einst verschwanden — und unsere Nachkommen werden es nicht mehr glau¬ ben, daſs es je einen gröſseren Maler gab, als Rubens. Ich muſs auch dieser heiligen Familie noch erwähnen, die sich neben Raphael’s seiner so vortheilhaft ausnimmt; sie ist von Andrea del Sarto, dem sein Lehrer Michel Angelo das Zeugniſs gab, daſs er groſs, wie Raphael, geworden wäre, wenn er nur die¬ selbe Gelegenheit sich zu bilden und sich zu zeigen gehabt hätte. Etwas von diesem Lobe geht wohl auf Rechnung der Eifer¬ sucht; aber die eigene Gröſse des Floren¬ tiners bürgt uns, daſs es nicht ganz unge¬ gründet war. Sein Schüler hat hier alles geleistet, was das Süjet nur tragen konnte. Die Madonna hat sanfte Weiblichkeit, und ist wirklich schön, wenn gleich nicht von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/238
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/238>, abgerufen am 27.04.2024.