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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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unschickliches Bild geschehen kann, ernie¬
drigt und seine schreckliche Unwissenheit an
den Tag legt?

Doch hinweggesehen von allem, was diese
strenge Kritik fordern kann, steht dem Kunst¬
werke noch eine andere Prüfung bevor. Es
ist nicht genug, dass wir das jüngste Gericht
in dem Gemälde wirklich wieder finden,
wenn der Galerie-Inspektor uns zuvor be¬
lehrt hat, diesen unbegreiflichen Augenblick
der Zukunft darin zu suchen. Der Künst¬
ler muss vielmehl so klar und deutlich er¬
zählen, dass wir auf den ersten Blick, was
er darstellen will, sei es Geschichte oder
Dichtung, in seinem Bilde wieder erkennen;
oder aber, wenn dieses nicht der Fall ist,
wenn er nur auf jene vorherbekannten Ge¬
genstände anspielen, ihre einzelnen Züge
hingegen aus seiner eigenen Phantasie neu
schöpfen will, so dürfen wir wenigstens

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unschickliches Bild geschehen kann, ernie¬
drigt und seine schreckliche Unwissenheit an
den Tag legt?

Doch hinweggesehen von allem, was diese
strenge Kritik fordern kann, steht dem Kunst¬
werke noch eine andere Prüfung bevor. Es
ist nicht genug, daſs wir das jüngste Gericht
in dem Gemälde wirklich wieder finden,
wenn der Galerie-Inspektor uns zuvor be¬
lehrt hat, diesen unbegreiflichen Augenblick
der Zukunft darin zu suchen. Der Künst¬
ler muſs vielmehl so klar und deutlich er¬
zählen, daſs wir auf den ersten Blick, was
er darstellen will, sei es Geschichte oder
Dichtung, in seinem Bilde wieder erkennen;
oder aber, wenn dieses nicht der Fall ist,
wenn er nur auf jene vorherbekannten Ge¬
genstände anspielen, ihre einzelnen Züge
hingegen aus seiner eigenen Phantasie neu
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[135/0147] unschickliches Bild geschehen kann, ernie¬ drigt und seine schreckliche Unwissenheit an den Tag legt? Doch hinweggesehen von allem, was diese strenge Kritik fordern kann, steht dem Kunst¬ werke noch eine andere Prüfung bevor. Es ist nicht genug, daſs wir das jüngste Gericht in dem Gemälde wirklich wieder finden, wenn der Galerie-Inspektor uns zuvor be¬ lehrt hat, diesen unbegreiflichen Augenblick der Zukunft darin zu suchen. Der Künst¬ ler muſs vielmehl so klar und deutlich er¬ zählen, daſs wir auf den ersten Blick, was er darstellen will, sei es Geschichte oder Dichtung, in seinem Bilde wieder erkennen; oder aber, wenn dieses nicht der Fall ist, wenn er nur auf jene vorherbekannten Ge¬ genstände anspielen, ihre einzelnen Züge hingegen aus seiner eigenen Phantasie neu schöpfen will, so dürfen wir wenigstens I 4

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/147>, abgerufen am 02.05.2024.