Ich fordre von dem Kunstwerke, das mir gefallen soll, warlich keine absolute Voll¬ kommenheit; allein wesentliche Mängel oder Gebrechen darf es wenigstens nicht haben. Lass mich immer wieder auf meinen Lieb¬ lingssatz zurückkommen, der sich mit mei¬ nem ganzen Wesen so ganz identificirt: der Künstler, der nur für Bewunderung arbei¬ tete, ist kaum noch Bewunderung werth. War hingegen seine Seele so reich, sein Trieb zum Bilden so kräftig, dass jener Be¬ weggrund gänzlich wegfiel, oder wenigstens ihn nie in seiner Unbefangenheit störte, dass er nur im Gefühl seiner überschwänglichen Schöpferkraft malte; so ist mir nicht bange, dass seine Werke nicht Abdrücke seiner Selbst, mit allen Kennzeichen des Genius begabt seyn sollten. Auch hier giebt es in¬ dess noch Stufen und Schattirungen. Die erste Organisation des Künstlers, seine Er¬
Ich fordre von dem Kunstwerke, das mir gefallen soll, warlich keine absolute Voll¬ kommenheit; allein wesentliche Mängel oder Gebrechen darf es wenigstens nicht haben. Laſs mich immer wieder auf meinen Lieb¬ lingsſatz zurückkommen, der sich mit mei¬ nem ganzen Wesen so ganz identificirt: der Künstler, der nur für Bewunderung arbei¬ tete, ist kaum noch Bewunderung werth. War hingegen seine Seele so reich, sein Trieb zum Bilden so kräftig, daſs jener Be¬ weggrund gänzlich wegfiel, oder wenigstens ihn nie in seiner Unbefangenheit störte, daſs er nur im Gefühl seiner überschwänglichen Schöpferkraft malte; so ist mir nicht bange, daſs seine Werke nicht Abdrücke seiner Selbst, mit allen Kennzeichen des Genius begabt seyn sollten. Auch hier giebt es in¬ deſs noch Stufen und Schattirungen. Die erste Organisation des Künstlers, seine Er¬
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Ich fordre von dem Kunstwerke, das mir
gefallen soll, warlich keine absolute Voll¬
kommenheit; allein wesentliche Mängel oder
Gebrechen darf es wenigstens nicht haben.
Laſs mich immer wieder auf meinen Lieb¬
lingsſatz zurückkommen, der sich mit mei¬
nem ganzen Wesen so ganz identificirt: der
Künstler, der nur für Bewunderung arbei¬
tete, ist kaum noch Bewunderung werth.
War hingegen seine Seele so reich, sein
Trieb zum Bilden so kräftig, daſs jener Be¬
weggrund gänzlich wegfiel, oder wenigstens
ihn nie in seiner Unbefangenheit störte, daſs
er nur im Gefühl seiner überschwänglichen
Schöpferkraft malte; so ist mir nicht bange,
daſs seine Werke nicht Abdrücke seiner
Selbst, mit allen Kennzeichen des Genius
begabt seyn sollten. Auch hier giebt es in¬
deſs noch Stufen und Schattirungen. Die
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/139>, abgerufen am 24.11.2024.
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