Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

der Zeit nach, und können dann die Anhänglichkeit an lauter echte Kunstwerke immer mehr befestigen.

Alle seine Schüler sind bey dieser so vortrefflichen Lehrart ausgezeichnete Künstler geworden, obgleich einer mehr als der andere, je nachdem einer entweder früher in seine Schule kam, oder in der Folge Aufmunterung und Veranlassung zur fernern Ausbildung und Anwendung des von ihm erhaltenen Unterrichts fand. Seine beyden ältesten Söhne, Wilh. Friedemann und C. Ph. Emanuel, sind indessen doch die ausgezeichnetsten unter ihnen geworden, gewiß nicht, weil er ihnen bessern Unterricht als seinen übrigen Schülern ertheilt hat, sondern weil sie schon von ihrer ersten Jugend an Gelegenheit hatten, im väterlichen Hause nichts als gute Musik zu hören. Sie wurden also schon frühe, selbst ehe sie noch Unterricht erhielten, an das Vorzüglichste der Kunst gewöhnt, anstatt daß die übrigen, ehe sie seines Unterrichts theilhaft werden konnten, entweder noch nichts Gutes gehört hatten, oder durch gemeine Compositionen schon verwöhnt waren. Man kann übrigens die Güte der Schule daran erkennen, daß, ungeachtet solcher Nachtheile, auch selbst diese Bachischen Schüler dennoch sämmtlich einen hohen Kunstsinn erhalten und sich auf eine oder die andere Art ausgezeichnet haben.*)

Sein ältester Schüler war Joh. Caspar Vogler, der seines Unterrichts schon in Arnstadt und Weimar genoß, und, selbst nach des Lehrers Zeugniß, ein sehr starker Orgelspieler geworden ist. Er wurde anfänglich Organist in Weimar, zuletzt aber mit Beybehaltung seiner Organisten-Stelle Burgermeister daselbst. Einige Choralvorspiele für 2 Claviere und Pedal von ihm, sind im Jahr 1737 in Kupfer gestochen worden.

Die übrigen merkwürdig gewordenen Bachischen Schüler waren:

1) Homilius in Dresden, nicht nur ein vortrefflicher Organist, sondern auch ein vorzüglicher Componist für die Kirche.

*) Es ist hier bloß die Rede von solchen Schülern, welche die Kunst zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht haben. Außer diesen hat Bach noch gar viele andere Schüler gehabt. Jeder in seiner Nähe lebende Dilettant wollte sich wenigstens rühmen können, den Unterricht eines so großen und berühmten Mannes genossen zu haben. Viele gaben sich auch für dessen Schüler aus, ohne es je gewesen zu seyn.

der Zeit nach, und können dann die Anhänglichkeit an lauter echte Kunstwerke immer mehr befestigen.

Alle seine Schüler sind bey dieser so vortrefflichen Lehrart ausgezeichnete Künstler geworden, obgleich einer mehr als der andere, je nachdem einer entweder früher in seine Schule kam, oder in der Folge Aufmunterung und Veranlassung zur fernern Ausbildung und Anwendung des von ihm erhaltenen Unterrichts fand. Seine beyden ältesten Söhne, Wilh. Friedemann und C. Ph. Emanuel, sind indessen doch die ausgezeichnetsten unter ihnen geworden, gewiß nicht, weil er ihnen bessern Unterricht als seinen übrigen Schülern ertheilt hat, sondern weil sie schon von ihrer ersten Jugend an Gelegenheit hatten, im väterlichen Hause nichts als gute Musik zu hören. Sie wurden also schon frühe, selbst ehe sie noch Unterricht erhielten, an das Vorzüglichste der Kunst gewöhnt, anstatt daß die übrigen, ehe sie seines Unterrichts theilhaft werden konnten, entweder noch nichts Gutes gehört hatten, oder durch gemeine Compositionen schon verwöhnt waren. Man kann übrigens die Güte der Schule daran erkennen, daß, ungeachtet solcher Nachtheile, auch selbst diese Bachischen Schüler dennoch sämmtlich einen hohen Kunstsinn erhalten und sich auf eine oder die andere Art ausgezeichnet haben.*)

Sein ältester Schüler war Joh. Caspar Vogler, der seines Unterrichts schon in Arnstadt und Weimar genoß, und, selbst nach des Lehrers Zeugniß, ein sehr starker Orgelspieler geworden ist. Er wurde anfänglich Organist in Weimar, zuletzt aber mit Beybehaltung seiner Organisten-Stelle Burgermeister daselbst. Einige Choralvorspiele für 2 Claviere und Pedal von ihm, sind im Jahr 1737 in Kupfer gestochen worden.

Die übrigen merkwürdig gewordenen Bachischen Schüler waren:

1) Homilius in Dresden, nicht nur ein vortrefflicher Organist, sondern auch ein vorzüglicher Componist für die Kirche.

*) Es ist hier bloß die Rede von solchen Schülern, welche die Kunst zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht haben. Außer diesen hat Bach noch gar viele andere Schüler gehabt. Jeder in seiner Nähe lebende Dilettant wollte sich wenigstens rühmen können, den Unterricht eines so großen und berühmten Mannes genossen zu haben. Viele gaben sich auch für dessen Schüler aus, ohne es je gewesen zu seyn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="42"/>
der Zeit nach, und können dann die Anhänglichkeit an lauter echte Kunstwerke immer mehr befestigen.</p>
        <p>Alle seine Schüler sind bey dieser so vortrefflichen Lehrart ausgezeichnete Künstler geworden, obgleich einer mehr als der andere, je nachdem einer entweder früher in seine Schule kam, oder in der Folge Aufmunterung und Veranlassung zur fernern Ausbildung und Anwendung des von ihm erhaltenen Unterrichts fand. Seine beyden ältesten Söhne, <hi rendition="#g">Wilh. Friedemann</hi> und <hi rendition="#g">C. Ph. Emanuel</hi>, sind indessen doch die ausgezeichnetsten unter ihnen geworden, gewiß nicht, weil er ihnen bessern Unterricht als seinen übrigen Schülern ertheilt hat, sondern weil sie schon von ihrer ersten Jugend an Gelegenheit hatten, im väterlichen Hause nichts als gute Musik zu hören. Sie wurden also schon frühe, selbst ehe sie noch Unterricht erhielten, an das Vorzüglichste der Kunst gewöhnt, anstatt daß die übrigen, ehe sie seines Unterrichts theilhaft werden konnten, entweder noch nichts Gutes gehört hatten, oder durch gemeine Compositionen schon verwöhnt waren. Man kann übrigens die Güte der Schule daran erkennen, daß, ungeachtet solcher Nachtheile, auch selbst diese Bachischen Schüler dennoch sämmtlich einen hohen Kunstsinn erhalten und sich auf eine oder die andere Art ausgezeichnet haben.<note place="foot" n="*)">Es ist hier bloß die Rede von solchen Schülern, welche die Kunst zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht haben. Außer diesen hat Bach noch gar viele andere Schüler gehabt. Jeder in seiner Nähe lebende Dilettant wollte sich wenigstens rühmen können, den Unterricht eines so großen und berühmten Mannes genossen zu haben. Viele gaben sich auch für dessen Schüler aus, ohne es je gewesen zu seyn.</note></p>
        <p>Sein ältester Schüler war <hi rendition="#g">Joh. Caspar Vogler</hi>, der seines Unterrichts schon in Arnstadt und Weimar genoß, und, selbst nach des Lehrers Zeugniß, ein sehr starker Orgelspieler geworden ist. Er wurde anfänglich Organist in Weimar, zuletzt aber mit Beybehaltung seiner Organisten-Stelle Burgermeister daselbst. Einige Choralvorspiele für 2 Claviere und Pedal von ihm, sind im Jahr 1737 in Kupfer gestochen worden.</p>
        <p>Die übrigen merkwürdig gewordenen Bachischen Schüler waren:</p>
        <p>1) <hi rendition="#g">Homilius</hi> in Dresden, nicht nur ein vortrefflicher Organist, sondern auch ein vorzüglicher Componist für die Kirche.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0052] der Zeit nach, und können dann die Anhänglichkeit an lauter echte Kunstwerke immer mehr befestigen. Alle seine Schüler sind bey dieser so vortrefflichen Lehrart ausgezeichnete Künstler geworden, obgleich einer mehr als der andere, je nachdem einer entweder früher in seine Schule kam, oder in der Folge Aufmunterung und Veranlassung zur fernern Ausbildung und Anwendung des von ihm erhaltenen Unterrichts fand. Seine beyden ältesten Söhne, Wilh. Friedemann und C. Ph. Emanuel, sind indessen doch die ausgezeichnetsten unter ihnen geworden, gewiß nicht, weil er ihnen bessern Unterricht als seinen übrigen Schülern ertheilt hat, sondern weil sie schon von ihrer ersten Jugend an Gelegenheit hatten, im väterlichen Hause nichts als gute Musik zu hören. Sie wurden also schon frühe, selbst ehe sie noch Unterricht erhielten, an das Vorzüglichste der Kunst gewöhnt, anstatt daß die übrigen, ehe sie seines Unterrichts theilhaft werden konnten, entweder noch nichts Gutes gehört hatten, oder durch gemeine Compositionen schon verwöhnt waren. Man kann übrigens die Güte der Schule daran erkennen, daß, ungeachtet solcher Nachtheile, auch selbst diese Bachischen Schüler dennoch sämmtlich einen hohen Kunstsinn erhalten und sich auf eine oder die andere Art ausgezeichnet haben. *) Sein ältester Schüler war Joh. Caspar Vogler, der seines Unterrichts schon in Arnstadt und Weimar genoß, und, selbst nach des Lehrers Zeugniß, ein sehr starker Orgelspieler geworden ist. Er wurde anfänglich Organist in Weimar, zuletzt aber mit Beybehaltung seiner Organisten-Stelle Burgermeister daselbst. Einige Choralvorspiele für 2 Claviere und Pedal von ihm, sind im Jahr 1737 in Kupfer gestochen worden. Die übrigen merkwürdig gewordenen Bachischen Schüler waren: 1) Homilius in Dresden, nicht nur ein vortrefflicher Organist, sondern auch ein vorzüglicher Componist für die Kirche. *) Es ist hier bloß die Rede von solchen Schülern, welche die Kunst zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht haben. Außer diesen hat Bach noch gar viele andere Schüler gehabt. Jeder in seiner Nähe lebende Dilettant wollte sich wenigstens rühmen können, den Unterricht eines so großen und berühmten Mannes genossen zu haben. Viele gaben sich auch für dessen Schüler aus, ohne es je gewesen zu seyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-04T13:34:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T13:34:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T13:34:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forkel_bach_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forkel_bach_1802/52
Zitationshilfe: Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forkel_bach_1802/52>, abgerufen am 28.04.2024.