Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

ich dies alles für einen großen Unsinn hielte." Aber da kam ich schön an, alles drang heftig auf mich ein, am meisten natürlich Heymann, der werdende Massen-Millionär, der denn auch auf dem Punkte stand, alle Beziehungen zu mir abzubrechen. Indessen er besann sich wieder, alles klang wieder ein und als der schon erwähnte zweite "junge Heymann" - seine Geburt war gerade in die "allergrößte Zeit" gefallen - getauft werden sollte, wurden meine Frau und ich, desgleichen Faucher und Frau und wenn ich nicht irre auch Mr. Blythe zur Taufe geladen. Diese fand in Savoy-Street - dicht am Strand -, wo sich die deutsche Kapelle befand, statt und nach dort vollzogenem feierlichen Akt fuhren wir nach einem reizenden Square in Camden-Town, wo Heymann seine Wohnung hatte. Das Mahl war glänzend und es erschienen Delikatessen, wie sie mir nie wieder vor Augen gekommen sind; ich ließ es mir gut schmecken und war in glänzendster Stimmung. Die ganze Gesellschaft nicht minder. Nach Tisch aber - es dämmerte schon - als wir uns eben in einen vorgebauten Erker, von dem aus man über den ganzen Square sah, zurückgezogen hatten, zeigte Faucher auf ein paar Gestalten, die mit ernsten Gesichtern vor dem Hause auf und ab schritten. "Das sind beadles",

ich dies alles für einen großen Unsinn hielte.“ Aber da kam ich schön an, alles drang heftig auf mich ein, am meisten natürlich Heymann, der werdende Massen-Millionär, der denn auch auf dem Punkte stand, alle Beziehungen zu mir abzubrechen. Indessen er besann sich wieder, alles klang wieder ein und als der schon erwähnte zweite „junge Heymann“ – seine Geburt war gerade in die „allergrößte Zeit“ gefallen – getauft werden sollte, wurden meine Frau und ich, desgleichen Faucher und Frau und wenn ich nicht irre auch Mr. Blythe zur Taufe geladen. Diese fand in Savoy-Street – dicht am Strand –, wo sich die deutsche Kapelle befand, statt und nach dort vollzogenem feierlichen Akt fuhren wir nach einem reizenden Square in Camden-Town, wo Heymann seine Wohnung hatte. Das Mahl war glänzend und es erschienen Delikatessen, wie sie mir nie wieder vor Augen gekommen sind; ich ließ es mir gut schmecken und war in glänzendster Stimmung. Die ganze Gesellschaft nicht minder. Nach Tisch aber – es dämmerte schon – als wir uns eben in einen vorgebauten Erker, von dem aus man über den ganzen Square sah, zurückgezogen hatten, zeigte Faucher auf ein paar Gestalten, die mit ernsten Gesichtern vor dem Hause auf und ab schritten. „Das sind beadles“,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="75"/>
ich dies alles für einen großen Unsinn hielte.&#x201C; Aber da kam ich schön an, alles drang heftig auf mich ein, am meisten natürlich Heymann, der werdende Massen-Millionär, der denn auch auf dem Punkte stand, alle Beziehungen zu mir abzubrechen. Indessen er besann sich wieder, alles klang wieder ein und als der schon erwähnte zweite &#x201E;junge Heymann&#x201C; &#x2013; seine Geburt war gerade in die &#x201E;allergrößte Zeit&#x201C; gefallen &#x2013; getauft werden sollte, wurden meine Frau und ich, desgleichen Faucher und Frau und wenn ich nicht irre auch Mr. Blythe zur Taufe geladen. Diese fand in Savoy-Street &#x2013; dicht am Strand &#x2013;, wo sich die deutsche Kapelle befand, statt und nach dort vollzogenem feierlichen Akt fuhren wir nach einem reizenden Square in Camden-Town, wo Heymann seine Wohnung hatte. Das Mahl war glänzend und es erschienen Delikatessen, wie sie mir nie wieder vor Augen gekommen sind; ich ließ es mir gut schmecken und war in glänzendster Stimmung. Die ganze Gesellschaft nicht minder. Nach Tisch aber &#x2013; es dämmerte schon &#x2013; als wir uns eben in einen vorgebauten Erker, von dem aus man über den ganzen Square sah, zurückgezogen hatten, zeigte Faucher auf ein paar Gestalten, die mit ernsten Gesichtern vor dem Hause auf und ab schritten. &#x201E;Das sind <hi rendition="#aq">beadles&#x201C;</hi>,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0084] ich dies alles für einen großen Unsinn hielte.“ Aber da kam ich schön an, alles drang heftig auf mich ein, am meisten natürlich Heymann, der werdende Massen-Millionär, der denn auch auf dem Punkte stand, alle Beziehungen zu mir abzubrechen. Indessen er besann sich wieder, alles klang wieder ein und als der schon erwähnte zweite „junge Heymann“ – seine Geburt war gerade in die „allergrößte Zeit“ gefallen – getauft werden sollte, wurden meine Frau und ich, desgleichen Faucher und Frau und wenn ich nicht irre auch Mr. Blythe zur Taufe geladen. Diese fand in Savoy-Street – dicht am Strand –, wo sich die deutsche Kapelle befand, statt und nach dort vollzogenem feierlichen Akt fuhren wir nach einem reizenden Square in Camden-Town, wo Heymann seine Wohnung hatte. Das Mahl war glänzend und es erschienen Delikatessen, wie sie mir nie wieder vor Augen gekommen sind; ich ließ es mir gut schmecken und war in glänzendster Stimmung. Die ganze Gesellschaft nicht minder. Nach Tisch aber – es dämmerte schon – als wir uns eben in einen vorgebauten Erker, von dem aus man über den ganzen Square sah, zurückgezogen hatten, zeigte Faucher auf ein paar Gestalten, die mit ernsten Gesichtern vor dem Hause auf und ab schritten. „Das sind beadles“,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/84
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/84>, abgerufen am 24.11.2024.