ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den "Vers" zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: "wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will - und die Chancen des ,Nicht-haben-wollens' sind immer sehr groß - so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird." Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten "hohen Honorare" noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren "Morgenblatt" meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen "Von der schönen Rosamunde" veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine
ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des ‚Nicht-haben-wollens‘ sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine
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ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des <choice><sic>„</sic><corr>‚</corr></choice>Nicht-haben-wollens<choice><sic>“</sic><corr>‘</corr></choice> sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir <hirendition="#g">gefordert</hi> wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des ‚Nicht-haben-wollens‘ sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/677>, abgerufen am 23.07.2024.
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