Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.von der Dorotheenstraße her in die Friedrichstraße ein, deren nördlich gelegene Hälfte - mit Ausnahme einer vor der Artilleriekaserne sich abspielenden Szene, wobei (Maschinenbauer und Studenten griffen hier an) ein Premierleutnant von Kraewel den jungen Bojanowski niederhieb - nur wenig in den Straßenkampf hineingezogen wurde. Doch gab es auch hier, so beispielsweise dicht vor der Pepiniere, mehrere Barrikaden, mit deren Wegräumung eben Mannschaften aus der Friedrichsstraßenkaserne beschäftigt waren. Hinter ihnen rückten Ulanen heran, augenscheinlich in der Absicht, die wiederhergestellte Passage frei zu halten. Ich wartete bis die Ulanen vorüber waren; zwei, drei Minuten später wurde der das Ulanenpikett führende Offizier, ein Leutnant von Zastrow, von einem Fenster aus erschossen. Dies kam aber erst später zu meiner Kenntnis. Ich hatte mich inzwischen, nach Eintritt in die Pepiniere, in dem hohen, nach dem Garten hinaus gelegenen Zimmer meines Verwandten einquartiert. Er selber war ausgeflogen, was mich in die Lage brachte, hier in Einsamkeit und wachsender Erregung zwei schwere Stunden zubringen zu müssen. Denn so ziemlich in demselben Augenblicke, wo draußen der Ulanenoffizier aus dem Sattel geschossen wurde, begann auch das Gefecht an allen Stellen: Vom von der Dorotheenstraße her in die Friedrichstraße ein, deren nördlich gelegene Hälfte – mit Ausnahme einer vor der Artilleriekaserne sich abspielenden Szene, wobei (Maschinenbauer und Studenten griffen hier an) ein Premierleutnant von Kraewel den jungen Bojanowski niederhieb – nur wenig in den Straßenkampf hineingezogen wurde. Doch gab es auch hier, so beispielsweise dicht vor der Pepiniere, mehrere Barrikaden, mit deren Wegräumung eben Mannschaften aus der Friedrichsstraßenkaserne beschäftigt waren. Hinter ihnen rückten Ulanen heran, augenscheinlich in der Absicht, die wiederhergestellte Passage frei zu halten. Ich wartete bis die Ulanen vorüber waren; zwei, drei Minuten später wurde der das Ulanenpikett führende Offizier, ein Leutnant von Zastrow, von einem Fenster aus erschossen. Dies kam aber erst später zu meiner Kenntnis. Ich hatte mich inzwischen, nach Eintritt in die Pepiniere, in dem hohen, nach dem Garten hinaus gelegenen Zimmer meines Verwandten einquartiert. Er selber war ausgeflogen, was mich in die Lage brachte, hier in Einsamkeit und wachsender Erregung zwei schwere Stunden zubringen zu müssen. Denn so ziemlich in demselben Augenblicke, wo draußen der Ulanenoffizier aus dem Sattel geschossen wurde, begann auch das Gefecht an allen Stellen: Vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0602" n="593"/> von der Dorotheenstraße her in die Friedrichstraße ein, deren nördlich gelegene Hälfte – mit Ausnahme einer vor der Artilleriekaserne sich abspielenden Szene, wobei (Maschinenbauer und Studenten griffen hier an) ein Premierleutnant von Kraewel den jungen Bojanowski niederhieb – nur wenig in den Straßenkampf hineingezogen wurde. Doch gab es auch hier, so beispielsweise dicht vor der Pepiniere, mehrere Barrikaden, mit deren Wegräumung eben Mannschaften aus der Friedrichsstraßenkaserne beschäftigt waren. Hinter ihnen rückten Ulanen heran, augenscheinlich in der Absicht, die wiederhergestellte Passage frei zu halten. Ich wartete bis die Ulanen vorüber waren; zwei, drei Minuten später wurde der das Ulanenpikett führende Offizier, ein Leutnant von Zastrow, von einem Fenster aus erschossen. Dies kam aber erst später zu meiner Kenntnis. Ich hatte mich inzwischen, nach Eintritt in die Pepiniere, in dem hohen, nach dem Garten hinaus gelegenen Zimmer meines Verwandten einquartiert. Er selber war ausgeflogen, was mich in die Lage brachte, hier in Einsamkeit und wachsender Erregung zwei schwere Stunden zubringen zu müssen. Denn so ziemlich in demselben Augenblicke, wo draußen der Ulanenoffizier aus dem Sattel geschossen wurde, begann auch das Gefecht an allen Stellen: Vom<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [593/0602]
von der Dorotheenstraße her in die Friedrichstraße ein, deren nördlich gelegene Hälfte – mit Ausnahme einer vor der Artilleriekaserne sich abspielenden Szene, wobei (Maschinenbauer und Studenten griffen hier an) ein Premierleutnant von Kraewel den jungen Bojanowski niederhieb – nur wenig in den Straßenkampf hineingezogen wurde. Doch gab es auch hier, so beispielsweise dicht vor der Pepiniere, mehrere Barrikaden, mit deren Wegräumung eben Mannschaften aus der Friedrichsstraßenkaserne beschäftigt waren. Hinter ihnen rückten Ulanen heran, augenscheinlich in der Absicht, die wiederhergestellte Passage frei zu halten. Ich wartete bis die Ulanen vorüber waren; zwei, drei Minuten später wurde der das Ulanenpikett führende Offizier, ein Leutnant von Zastrow, von einem Fenster aus erschossen. Dies kam aber erst später zu meiner Kenntnis. Ich hatte mich inzwischen, nach Eintritt in die Pepiniere, in dem hohen, nach dem Garten hinaus gelegenen Zimmer meines Verwandten einquartiert. Er selber war ausgeflogen, was mich in die Lage brachte, hier in Einsamkeit und wachsender Erregung zwei schwere Stunden zubringen zu müssen. Denn so ziemlich in demselben Augenblicke, wo draußen der Ulanenoffizier aus dem Sattel geschossen wurde, begann auch das Gefecht an allen Stellen: Vom
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |