wurde nun, von hinten her, alles zu uns herüber gereicht: Degen, Speere, Partisanen und vor allem kleine Gewehre, wohl mehrere Dutzend. Wahrscheinlich - denn es giebt nicht viele Stücke, drin moderne Schußwaffen massenhaft zur Verwendung kommen - waren es Karabiner, die man fünfzehn Jahre früher in dem beliebten Lustspiele: "Sieben Mädchen in Uniform" verwandt hatte, hübsche kleine Gewehre mit Bajonett und Lederriemen, die, nachdem sie den theaterfreundlichen, guten alten König Friedrich Wilhelm III. manch liebes mal erheitert hatten, jetzt, statt bei Lampenlicht, bei vollem Tageslicht in der Welt erschienen, um nun gegen ein total unmodisch gewordenes und dabei, ganz wie ein "altes Stück", ausschließlich langweilig wirkendes Regiment ins Feld geführt zu werden. Ich war unter den ersten, denen eins dieser Gewehre zufiel und hatte momentan denn auch den Glauben, daß einer Helden-Laufbahn meinerseits nichts weiter im Wege stehe. Noch eine kurze Weile blieb ich auch in dieser Anschauung. Wieder draußen angekommen, schloß ich mich abermals einem Menschenhaufen an, der sich diesmal unter dem Feldgeschrei "nun aber Pulver" zusammengefunden hatte. Wir marschierten auf einen noch halb am Alexanderplatz gelegenen Eckladen los und erhielten von dem Inhaber auch alles, was wir wünschten. Aber wo das
wurde nun, von hinten her, alles zu uns herüber gereicht: Degen, Speere, Partisanen und vor allem kleine Gewehre, wohl mehrere Dutzend. Wahrscheinlich – denn es giebt nicht viele Stücke, drin moderne Schußwaffen massenhaft zur Verwendung kommen – waren es Karabiner, die man fünfzehn Jahre früher in dem beliebten Lustspiele: „Sieben Mädchen in Uniform“ verwandt hatte, hübsche kleine Gewehre mit Bajonett und Lederriemen, die, nachdem sie den theaterfreundlichen, guten alten König Friedrich Wilhelm III. manch liebes mal erheitert hatten, jetzt, statt bei Lampenlicht, bei vollem Tageslicht in der Welt erschienen, um nun gegen ein total unmodisch gewordenes und dabei, ganz wie ein „altes Stück“, ausschließlich langweilig wirkendes Regiment ins Feld geführt zu werden. Ich war unter den ersten, denen eins dieser Gewehre zufiel und hatte momentan denn auch den Glauben, daß einer Helden-Laufbahn meinerseits nichts weiter im Wege stehe. Noch eine kurze Weile blieb ich auch in dieser Anschauung. Wieder draußen angekommen, schloß ich mich abermals einem Menschenhaufen an, der sich diesmal unter dem Feldgeschrei „nun aber Pulver“ zusammengefunden hatte. Wir marschierten auf einen noch halb am Alexanderplatz gelegenen Eckladen los und erhielten von dem Inhaber auch alles, was wir wünschten. Aber wo das
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wurde nun, von hinten her, alles zu uns herüber gereicht: Degen, Speere, Partisanen und vor allem kleine Gewehre, wohl mehrere Dutzend. Wahrscheinlich – denn es giebt nicht viele Stücke, drin moderne Schußwaffen massenhaft zur Verwendung kommen – waren es Karabiner, die man fünfzehn Jahre früher in dem beliebten Lustspiele: „Sieben Mädchen in Uniform“ verwandt hatte, hübsche kleine Gewehre mit Bajonett und Lederriemen, die, nachdem sie den theaterfreundlichen, guten alten König Friedrich Wilhelm <hirendition="#aq">III.</hi> manch liebes mal erheitert hatten, jetzt, statt bei Lampenlicht, bei vollem Tageslicht in der Welt erschienen, um nun gegen ein total unmodisch gewordenes und dabei, ganz wie ein „altes Stück“, ausschließlich langweilig wirkendes Regiment ins Feld geführt zu werden. Ich war unter den ersten, denen eins dieser Gewehre zufiel und hatte momentan denn auch den Glauben, daß einer Helden-Laufbahn meinerseits nichts weiter im Wege stehe. Noch eine kurze Weile blieb ich auch in dieser Anschauung. Wieder draußen angekommen, schloß ich mich abermals einem Menschenhaufen an, der sich diesmal unter dem Feldgeschrei „nun aber Pulver“ zusammengefunden hatte. Wir marschierten auf einen noch halb am Alexanderplatz gelegenen Eckladen los und erhielten von dem Inhaber auch alles, was wir wünschten. Aber wo das<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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wurde nun, von hinten her, alles zu uns herüber gereicht: Degen, Speere, Partisanen und vor allem kleine Gewehre, wohl mehrere Dutzend. Wahrscheinlich – denn es giebt nicht viele Stücke, drin moderne Schußwaffen massenhaft zur Verwendung kommen – waren es Karabiner, die man fünfzehn Jahre früher in dem beliebten Lustspiele: „Sieben Mädchen in Uniform“ verwandt hatte, hübsche kleine Gewehre mit Bajonett und Lederriemen, die, nachdem sie den theaterfreundlichen, guten alten König Friedrich Wilhelm III. manch liebes mal erheitert hatten, jetzt, statt bei Lampenlicht, bei vollem Tageslicht in der Welt erschienen, um nun gegen ein total unmodisch gewordenes und dabei, ganz wie ein „altes Stück“, ausschließlich langweilig wirkendes Regiment ins Feld geführt zu werden. Ich war unter den ersten, denen eins dieser Gewehre zufiel und hatte momentan denn auch den Glauben, daß einer Helden-Laufbahn meinerseits nichts weiter im Wege stehe. Noch eine kurze Weile blieb ich auch in dieser Anschauung. Wieder draußen angekommen, schloß ich mich abermals einem Menschenhaufen an, der sich diesmal unter dem Feldgeschrei „nun aber Pulver“ zusammengefunden hatte. Wir marschierten auf einen noch halb am Alexanderplatz gelegenen Eckladen los und erhielten von dem Inhaber auch alles, was wir wünschten. Aber wo das
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/596>, abgerufen am 16.06.2024.
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