an und wenn man sich auf diesen Punkt hin nicht verrechnet, so wird man glücklich. Auch das ist richtig, daß das gegenseitige sich helfen eine große Rolle spielt. In dieser Beziehung ist mir immer die Geschichte vom "Swinegel un süne Fru" als Musterstück niederdeutscher Weisheit und Poesie erschienen. Mancher wird die Geschichte kennen, mancher nicht. Und so sei sie denn auf gut Glück hin hier erzählt. Ein Swinegel und ein Hase kamen in einen Streit, wer am besten laufen könne. Die Sache sollte auf einem gepflügten Ackerfeld, wo die Furchen nebeneinander laufen, ausgefochten werden und der Hase hielt sich natürlich seines Sieges sicher. Swinegel aber bestimmte "sine Fru", sich an der entgegengesetzten Seite der ihm zubestimmten Ackerfurche zu verstecken und als der Hase drüben ankam, erhob sich Swinegels Fru bereits aus der benachbarten Ackerfurche und sagte ruhig: "ick bin all hier." "Noch mal," sagte der Hase und jagte wieder zurück. Aber als er ankam, erhob sich der an seinem Platz verbliebene männliche Swinegel und sagte nun seinerseits: "ick bin all hier." Siebenmal jagte der Hase so wie ein Wahnsinniger die Furche auf und ab; da endlich war es um ihn geschehen und er fiel tot um. Swinegel un sine Fru aber, von denen keines auch nur einen Schritt gelaufen war, hatten gesiegt und waren guter Dinge.
an und wenn man sich auf diesen Punkt hin nicht verrechnet, so wird man glücklich. Auch das ist richtig, daß das gegenseitige sich helfen eine große Rolle spielt. In dieser Beziehung ist mir immer die Geschichte vom „Swinegel un süne Fru“ als Musterstück niederdeutscher Weisheit und Poesie erschienen. Mancher wird die Geschichte kennen, mancher nicht. Und so sei sie denn auf gut Glück hin hier erzählt. Ein Swinegel und ein Hase kamen in einen Streit, wer am besten laufen könne. Die Sache sollte auf einem gepflügten Ackerfeld, wo die Furchen nebeneinander laufen, ausgefochten werden und der Hase hielt sich natürlich seines Sieges sicher. Swinegel aber bestimmte „sine Fru“, sich an der entgegengesetzten Seite der ihm zubestimmten Ackerfurche zu verstecken und als der Hase drüben ankam, erhob sich Swinegels Fru bereits aus der benachbarten Ackerfurche und sagte ruhig: „ick bin all hier.“ „Noch mal,“ sagte der Hase und jagte wieder zurück. Aber als er ankam, erhob sich der an seinem Platz verbliebene männliche Swinegel und sagte nun seinerseits: „ick bin all hier.“ Siebenmal jagte der Hase so wie ein Wahnsinniger die Furche auf und ab; da endlich war es um ihn geschehen und er fiel tot um. Swinegel un sine Fru aber, von denen keines auch nur einen Schritt gelaufen war, hatten gesiegt und waren guter Dinge.
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an und wenn man sich auf diesen Punkt hin nicht verrechnet, so wird man glücklich. Auch das ist richtig, daß das gegenseitige sich helfen eine große Rolle spielt. In dieser Beziehung ist mir immer die Geschichte vom „Swinegel un süne Fru“ als Musterstück niederdeutscher Weisheit und Poesie erschienen. Mancher wird die Geschichte kennen, mancher nicht. Und so sei sie denn auf gut Glück hin hier erzählt. Ein Swinegel und ein Hase kamen in einen Streit, wer am besten laufen könne. Die Sache sollte auf einem gepflügten Ackerfeld, wo die Furchen nebeneinander laufen, ausgefochten werden und der Hase hielt sich natürlich seines Sieges sicher. Swinegel aber bestimmte „sine Fru“, sich an der entgegengesetzten Seite der ihm zubestimmten Ackerfurche zu verstecken und als der Hase drüben ankam, erhob sich Swinegels Fru bereits aus der benachbarten Ackerfurche und sagte ruhig: „ick bin all hier.“ „Noch mal,“ sagte der Hase und jagte wieder zurück. Aber als er ankam, erhob sich der an seinem Platz verbliebene männliche Swinegel und sagte nun seinerseits: „ick bin all hier.“ Siebenmal jagte der Hase so wie ein Wahnsinniger die Furche auf und ab; da endlich war es um ihn geschehen und er fiel tot um. Swinegel un sine Fru aber, von denen keines auch nur einen Schritt gelaufen war, hatten gesiegt und waren guter Dinge.
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/563>, abgerufen am 16.06.2024.
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